CHPITEAU.DE

Weltweihnachtscircus 2006
www.weltweihnachtscircus.de

Stuttgart, 30. Dezember 2006: Es ist eine lieb gewonnene Tradition: Der Besuch des Stuttgarter Weltweihnachtscircus als finales Highlight der Weihnachtscircussaison. Bewusst deshalb an den Schluss der Besuchstour gesetzt, weil im Normalfall anschließend keine Steigerung mehr möglich ist. Nicht so in diesem Jahr. Ich muss es so deutlich sagen: Der Weltweihnachtscircus 2006 war eine große Enttäuschung. Dabei ist das Programm auch heuer wieder mit wirklichen circensischen Weltsensationen und allen übrigen Zutaten (großartige Liveband, pompöses Licht), die ein „Weltstadtprogramm“ benötigt, gespickt.

Und trotzdem, wirkliche Begeisterung kam bei mir nur höchst selten auf. Vor allem zwei Darbietungen sind mir bitter aufgestoßen und haben mir den Spaß an diesem Programm zerstört. Zum einen, die überall gepriesenen Ikarier aus China. Dieser Darbietung würde ich meinen tiefsten Respekt zollen, wenn sie von erwachsenen Menschen oder zumindest Jugendlichen präsentiert würde. Stattdessen werden hier Kinder durch die Luft geschleudert, die höchstens das Grundschulalter erreicht haben. Das ist unverantwortlich, zumal die Tricks nicht ganz ungefährlich sind. In der von mir besuchten Vorstellung misslang etwa zweimal der Salto vom 4- zum 5-Mann hoch. Mit dem Ergebnis, dass der kleine Junge relativ ungebremst – weil unlongiert - gen Boden stürzte. Komisch, dass solche Darbietungen dann auch noch mit donnerndem Applaus gefeiert werden.

Zutiefst enttäuscht war ich auch von der Schlussnummer: dem Schleuderbrett der russischen Dosov-Truppe. Nicht nur, dass Kostüme und Inszenierung schrecklich martialisch ausgefallen sind, nein auch von der Leistung her war das keine Schlussnummer. Zugegeben, es gab interessante Sprünge, aber eine Schleuderbrett-Nummer ohne Fünf-Mann-Hoch? Dem Publikum freilich hat es trotzdem gefallen, es feierte das ganze Ensemble im anschließenden Finale mit stehenden Ovationen. Was ja auch in Ordnung geht, wenn man bedenkt, dass ich hier auf höchstem Niveau kritisiere. Denn wie bereits gesagt, in Stuttgart war auch in diesem Jahr wieder das Beste der internationalen Circusszene versammelt.


Les Rosyann, Duo Mak, Florian Richter-Truppe

Herausragende Highlights: die Gvozdetskaya mit ihrem poetisch inszenierten russischen Barren, die abgefahrenen Tricks der russischen Perche-Truppe Khailafov und das Duo Mak mit seinen Wahnsinnstricks (Zahnhang-Wirbel) am Haltestuhl. Beeindruckend, aber etwas behäbig präsentiert: das große Flugtrapez aus China. Toll auch die Jockey-Reiterei der Florian Richter Truppe, die zwar etwas unsicher wirkte, aber endlich mal unverfälschte Circusatmosphäre ins weite Rund zauberte.


Peter Goesmann, Curatola, Duss

Letzteres kann man sicher auch den Handvoltigen der Curatolas, den Duss-Seelöwen und auch den Les Rossyann Clowns attestieren. Wobei die Rossyanns bei aller erkennbaren Klasse bis zum Schluss wie Fremdkörper wirkten, was aber vor allem an der Inszenierung liegen dürfte, die zu sehr auf den omnipräsenten Ansager Peter Goesmann zugeschnittenen war, der das Programm bisweilen „zerredete“.

__________________________________________________________________________
Text und Fotos: Sven Rindfleisch