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Die
prägende Figur des dreistündigen Traumwelten-Programms (plus Pause!)
ist Stefan Alexander Rautenberg. Er ist der Magier und
Zeremonienmeister mit Stab und Gehrock, der Mann von
Stil, Noblesse und Eleganz, dessen Conférence die Teile
zu einem Ganzen formt. Allein seine Sprachfertigkeit und
die Geschultheit seiner Stimme machen es zu einer Lust,
ihm zuzuhören: Er kündigt die Artisten wortreich an,
zitiert Goethe und die anderen Klassiker, schlägt von
seinen Zaubereien die Brücke zu den Darbietungen der
Künstler etwa vom magischen Seil zu
jenen die das Seil beherrschen.
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Tr'espace,
Kristalleon und Duo Leopards
Die das Seil beherrschen, das sind Tr’espace,
der Schweizer Roman und die Deutsche Petronella, deren tänzerischer,
fehlerfreier, schwieriger Diabolo-Auftritt vom Publikum mit tosendem
Applaus aufgenommen wird. Und noch eine Seilkünstlerin ist es, die
besonders gefeiert wird: La Spina, eine hübsche Dame am
Vertikaltuch, die – unmittelbar vor der Tribüne –Ver- und
Entwicklungen, Wirbel und Abfaller präsentiert. In die Luft gehen
auch die zwei Trapezkünstlerinnen „KrisKats“, die ihren Auftritt aus
einem „Picknick“ entwickeln: Ihre grüne Sicherungsmatte ist als
Blumenwiese dekoriert, Vögel zwitschern, zwischen allen Varianten
der Verknotung zweier Körper nutzt eine „KrisKat“ ein
Trapezstangen-Ende als Jagdhorn. Genauso poetisch: Die Jonglage von
Almut Sarrazin, die ihre Keulen aus großen Blütenkelchen ihres
Bühnenbilds pflückt – eine zauberhafte Idee, auch wenn die Nummer
artistisch nicht so stark ist wie künstlerisch. Außerdem jongliert
Aleko mit einem Riesenwürfel – eine Sparte der Artistik, deren Reiz
sich mir nicht erschließt –, zeigt das Duo Leopards schwierige Hand-
auf Hand-Akrobatik, entlockt Kristalleon im Harlekin-Kostüm
wassergefüllten Gläsern wunderbare Klänge, schafft Michael Menes
hinter einem halbhohen Paravent die llusion, er würde Rolltreppe
oder Fahrstuhl fahren.
  
Christof
Engels und Crazy Flight
Artistischer Höhepunkt des Abends und
Schlussnummer sind die vier Jungs von Crazy
Flight mit ihren sensationellen Handvoltigen.
Leider geht ihr Auftritt ein bisschen unter, da das
Publikum sich zuvor beim Berliner Chaos-Komiker Christof
Engels völlig verausgabt, die Stimmung am Siedepunkt
ist, als dieser, freilich mit Publikumsbeteiligung, sich
im Einradfahren und Jonglieren mit brennenden Fackeln
übt. Eine herrlich komische Nummer, die je nach
Sichtweise nicht zum poetischen Programm passt,
oder positiv formuliert einen erfrischenden
Kontrapunkt setzt. Vielleicht hätte man die beiden
letzten Nummern besser tauschen, Engels Comedy direkt vor
dem Finale platzieren sollen. So oder so: Besser kann
Varieté kaum sein. Am Ende gab es Ovationen im Stehen. |