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Friedrichstadt-Palast Berlin - THE ONE
www.show-palace.eu

Berlin, 4. Juli 2017: Eine „Collage großer Showbilder“ sei THE ONE Grand Show, so der Intendant des Friedrichstadt-Palastes Berlin, Dr. Bernd Schmidt, vor dem Start der aktuellen und noch bis Sommer 2018 laufenden Revue. Das Prinzip dieser Kunstform bestehe „in der reinen Überwältigung. Es geht darum, dass die einzelnen Bilder gut gemacht sind, ob das die Girl-Reihe ist, eine Artistik-Einlage oder eine atmosphärisch definierte Tanznummer.“ All das findet sich natürlich auch in THE ONE, der bereits jetzt erfolgreichsten Revue in der Geschichte des Hauses.

Gut gemacht sind die Bilder ohne Frage alle, wirklich überwältigend aber nur vereinzelt. Bei den von einem fünfköpfigen Team erarbeiteten Choreografien setzt man stattdessen konsequent auf Wirkung durch Ensemblestärke. Sei es beispielsweise die Hommage ans Vaudeville der 1920er oder der Fächertanz in Neoprenanzügen – man gewinnt nicht immer das Gefühl, dass das aus insgesamt 40 Damen und 20 Herren bestehende Ballett sein tänzerisches Können voll ausspielen kann. Für Begeisterung sorgende Ausnahmen: der „Pole Waltz“, eine Kombination aus Walzer-Schritten und Figuren an der Stange, und die berühmte, diesmal geradezu zelebrierte Girl-Reihe. Erst nach und nach aufgebaut, lässt Ballettdirektorin Alexandra Georgieva die Kick-Line in immer neuen Variationen und absolut exakt ausgeführt entstehen.


In Kostümen von Jean-Paul Gaultier: Ballett des Friedrichstadt-Palastes

Gleiches gilt auch bei der Artistik: mit personenstarken Szenen wird versucht, die immensen Ausmaße der Bühne zu füllen. Es sind aber ausgerechnet die beiden Solo-Darbietungen von Anastasia Makeeva und Nora Zoller, deren Auftritte an den Tüchern beziehungsweise im Cyr vom Publikum vollkommen zurecht am deutlichsten honoriert werden. Neben aller Sinnlichkeit und Eleganz zählt dann eben doch auch die Leistungsstärke. Ansonsten ist es am Ensemble Les Farfadais, für weitere akrobatische Momente zu sorgen: mit einer eher blassen Feuershow, einem durchaus überzeugenden Männer-Duo am Netz (wohl als Ersatz für die Bazaliy Sisters am Trapez) und immer wieder mit einem Allerlei an luftakrobatischen Disziplinen.


Personenstarke Szene auch bei der Artistik: Les Farfadais

Während der Schnürboden also voll mit Requisiten hängt, kommt das Bühnenbild ansonsten recht puristisch daher. Klassiker wie das Wasser-Bassin finden diesmal keinen Einsatz. Stattdessen arbeitet man mit Licht-Design und Videoprojektionen, haptisch ist lediglich eine Showtreppe. Vielleicht auch deswegen bleibt insbesondere im technischen Bereich der Eindruck, dass wohl noch mehr Möglichkeiten vorhanden gewesen wären, dem Prinzip Überwältigung gerecht zu werden. Zumal die eingesetzten Effekte nicht wirklich zünden: der „Sandregen“ geht in der Tiefe der Bühne unter. Auch die Wirkung des aufbrechenden Bühnenbodens, der anschließend in einzelnen Schollen variabel einsetzbar ist, lässt mit Vorstellungsdauer nach. Dabei sind es insbesondere diese technischen Spielereien, die einen Großteil des hohen Produktionsbudgets ausmachen. Fast 11 Millionen Euro lässt sich das Haus die Umsetzung der Ideen von Regisseur Roland Welke kosten. Auch das Konzept der Show stammt von Welke, der bereits an Vorgänger-Produktionen des Friedrichstadt-Palastes mitgewirkt hat.


Starke Stimmen für Eigenkreationen: hier Brigitte Oelke

Eine weitere Konstante ist die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit namhaften Modeschöpfern. Diesmal hat Jean-Paul Gaultier eigens 500 Kostüme in einen modernen, rockig-urbanen und doch auch revuehaft-verspielten Look kreiert; natürlich zitiert sich der französischen Stardesigner dabei auch selbst. So begegnet man gleich im Eröffnungsbild dem legendären gestreiften Marine-Shirt, Tatoo- und Piercing-Prints, dem Kegel-BH, der einst Madonna berühmt gemacht hat, und Röcken für Männer. So einen trägt auch der Hauptprotagonist der Show, verkörpert von Sänger Roman Lob. Sein weibliches Pendant bildet Brigitte Oelke. Mit beiden hat man zwei starke Stimmen gefunden, die die Bühne auch mal alleine füllen (können). Anders als in vorherigen Produktionen präsentieren sie keine bekannten Evergreens, sondern speziell für den Friedrichstadt-Palast komponierte und von der neunzehnköpfigen Band unter der Leitung von Daniel Behrens perfekt intonierte Songs. Einige der Eigenkreationen haben dabei durchaus veritables Ohrwurm-Potential, wie die Ballade „Glaubst du“ oder die heimliche Show-Hymne „Midnight on feather reef“.

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Text: Benedikt Ricken; Fotos: Sven Darmer