Im
Mittelpunkt dieser Produktion stehen „The Slampampers“, eine dreiköpfige
„Comedy-Swing-Band“, so die Pressemappe, aus den Niederlanden. Entgegen
der Erwartung begleiten die drei Musiker nicht das artistische Geschehen
auf der Bühne. Vielmehr sind ihre Songs als eigenständige Nummern
konzipiert. Die meisten Lieder sind Eigenkompositionen. Grob gesagt
folgt auf zwei Stücke der Band immer ein Act aus den Genres Artistik,
Illusion oder Burlesque. Die Varieté-Darbietungen werden ebenfalls mit
Swing-Musik begleitet, hier jedoch vom Band und in der moderneren
Variante des „Electro-Swing“.
 
The Slampampers
Die
Band verbleibt dennoch den ganzen Abend auf der Bühne, untergebracht auf
einem Podium auf der linken Seite. Während der artistischen Acts wiegen
die Musiker sich im Swing-Rhythmus, ihre Instrumente schweigen. Das
alles wirkt auf uns letztlich allzu statisch, trotz gelegentlicher
Ausflüge des Bandleaders beispielsweise auf ein Podium im Zuschauerraum.
Der Ablauf der Show mit seinem beständigen Wechsel aus Musik- und
Varietédarbietungen erscheint schnell monoton, die Swing-Musik in dieser
hohen Dosierung als Geschmackssache und wenig abwechslungsreich.
Mitnichten wollen wir die musikalische Qualität der „Slampampers“ in
Zweifel ziehen. Doch letztlich ist diese Art Musik für ein Jazz-Festival
mit einem speziell interessierten Publikum geeigneter als für den
breiten Besucherquerschnitt des Varietés. Hier wollen die Gäste
unterhalten und nicht zu höheren musikalischen Weihen erzogen werden.
  
Rita Lynch, Raúl Alegria, Marina
Skulditskaya
Das
Publikum zu unterhalten gelingt hervorragend der Hula-Hoop-Artistin
Marina Skulditskaya. Sie arbeitet auf der Vorbühne nahe am Publikum,
sucht extrovertiert den Kontakt zu den Gästen. Wie sie einen Reifen um
ihren streng frisierten Dutt kreisen lässt, ist originell und haben
wir so noch nicht gesehen. Die Ukrainerin, die in Stuttgart lebt, sorgt
gleich für tolle Stimmung. Nachdem die großartige Herbst-Show „Affairs“
sich ausgiebig dem Thema Burlesque widmete, ist der
kunstvoll-erotische Schönheitstanz auch in „Swing Time“ vertreten. Und
zwar durch die Italienerin Rita Lynch. Die Künstlerin sieht fantastisch
aus, kann sich extravagant entkleiden und hervorragend singen. Nur ihre
Mutter soll von all dem bitte nichts erfahren. Schließlich soll die
Tochter eigentlich das Internat besuchen. „Don’t tell mama“ ist
folgerichtig der augenzwinkernde Titel ihres ersten Songs. Später sehen
wir sie unter anderem in einem sinnlichen Fächer-Tanz wieder. Das hatte
es auch schon in „Affairs“ gegeben. Show-Kreateur Ralph Sun sollte
darauf achten, das Burlesque-Thema nicht überzustrapazieren. Tendenziell
gilt ähnliches für das weite Feld der Illusion, denn eine Magic-Show
präsentierte der Friedrichsbau erst im Frühjahr 2016. Nun ist wieder ein
Magier dabei. Immerhin bringt Raúl Alegria eine ganz neue Facette ein,
die des Entfesslungskünstlers. In der Premiere befreit er sich, kopfüber
aufgehängt, aus einer Zwangsjacke. Seine spektakulärste Nummer, die
Befreiung aus einer wassergefüllten Zelle, muss zum Spielzeitauftakt
jedoch entfallen. Das Requisit wurde beim Transport nach Stuttgart
beschädigt. Weitere kleinere (Kartenmanipulation, „Schneesturm“) und
größere Illusionen („Fluchtkiste“) gehören ebenfalls zum Repertoire.
 
Dmytro Kharlov, Anissa Elakel
Bemerkenswert ist, wie sich die Artisten in ihren einzelnen Darbietungen
auf das Swing-Thema und die geänderte Musik einstellen. Das gilt
beispielsweise für Anissa Elakel mit ihren vorzüglichen Handständen auf
einem Sofa. Selbst der Bezug des Möbels und das Kostüm der Artistin
wurden für „Swing Time“ ausgetauscht. Die stärkste Nummer des Programms
dürften die Rola Rola-Balancen von Dmytro Kharlov ein. Für uns ist
dieser erfahrene Künstler eine echte Neuentdeckung, gewinnt er dem Genre
doch neue Seiten ab. So überrascht er mit dem Kopfstand auf einem
Zylinder. Den Turm aus fünf Zylindern, mit zwei beweglichen Teilen,
erklimmt er nicht in der üblichen Weise. Nein, er springt mit einem
großen Satz auf das wackelige Konstrukt und balanciert darauf gekonnt.
Mit einer bogenförmigen Wippe wird der Turm noch erhöht. Eine wirklich
würdige Pausennummer.
 
Trio Batut, Lena Smaha
Seit dem Bezug der neuen
Friedrichsbau-Spielstätte ist es eine Herausforderung, die riesige Bühne
auszufüllen. Wohl deshalb wurde nun ein „Trampolin mit Haus“
verpflichtet. Gleichzeitig ist damit auch für den größten Teil des
Bühnenbildes gesorgt. So werden zwei Fliegen mit einer Klappe
geschlagen. Allerdings zeigt sich recht schnell, dass die Bühnenmaße für
diese Darbietung doch nicht ausreichen. Es fehlt an Höhe. So sind für
die beiden Herren und die Dame des „Trio Batut“ nur Sprünge zu den drei
Fenstern im Haus möglich. Die spektakulären Sprünge vom Trampolin direkt
aufs Hausdach – und zurück – müssen jedoch entfallen. Damit fehlt auch
ein wesentlicher Clou dieses Genres; die Reaktionen fallen folglich
verhaltener aus als andernorts. So wird auch verständlicher, warum diese
Darbietung wider alle Erwartungen nicht Schlussnummer ist. Diese Ehre
wird vielmehr Jongleurin Lena Smaha zuteil. Die junge Frau war Teil des
Jonglage-Trios Vinicki-Smaha, das in Deutschland durch zahlreiche
Circus- und Freizeitpark-Engagements bekannt war. Nach weiteren
Verpflichtungen in Skandinavien, den Niederlanden und bei Ringling Bros.
and Barnum & Bailey in den USA haben die drei Geschwister Smaha Ende
2013 Solo-Karrieren begonnen. Charmant und routiniert jongliert Lena
Smaha mit jeweils bis zu fünf Bällen und Keulen, letzteres auch mit
leuchtenden Exemplaren im Dunkeln. |