Berlin, 22. Dezember 2007: Dem Genre neue Impulse verleihen
möchte das Chamäleon-Varieté in Berlin: Klassische
Nummernprogramme will man nicht mehr zeigen und setzt
stattdessen laut Eigenwerbung auf aufwendig produzierte, moderne
Inszenierungen. Diese sollen – so der Plan – im „Chamäleon“
entwickelt werden und dort auch zuerst zu sehen sein, später
sind dann Tourneen durch Theater und andere Spielstätten
vorgesehen. Die erste Produktion nach dem neuen Konzept, „Soap“
betitelt, ist ein Erfolg: Am 1. März 2007 gestartet, läuft das
Programm seitdem ununterbrochen und wurde mehrfach verlängert,
nach aktuellem Stand bis zum 30. März 2008. |
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Chamäleon-Varieté in den
Hackeschen Höfen
Das
Chamäleon-Varieté findet sich übrigens in den luxus-sanierten
„Hackeschen Höfen“, einem Hof-Komplex mit Gastronomie und
Geschäften, der als eine der bekannten Sehenswürdigkeiten der
Hauptstadt gilt. Seit 1991 gibt es das „Chamäleon“, zwei
Insolvenzen waren seither zu verkraften. |
   
Nata Galkina, Florian Zumkehr, Girma Tsehai, Martine Howard
„Soap“ macht die
Varieté-Bühne zum Badezimmer: Sechs Badewannen auf drei Ebenen bilden
das Bühnenbild, eine siebte hängt auf dem Kopf an der Decke – und darin
baumelt das Trapez, an dem Martine Howard ihr Kunst zeigt. Und so treten
die Artisten in „Soap“ nicht mit ihrer regulären Darbietung auf, die sie
auch überall anders zeigen könnten. Vielmehr bringt jeder sein
artistisches Können für Neues ein – zum Beispiel Nata Galkina, die ihre
Antipodenarbeit in einer Badewanne liegend vorführt. Das Publikum sieht
nur jonglierende Füße über dem Wannenrand - das ist schon pfiffig
ausgedacht. Oder Florian Zumkehr: Er macht seine Hand- und Kopfstände
nun auf dem Wannenrand; das Requisit in seiner Original-Darbietung ist
ein Holzstuhl. Und Girma Tsehai aus Äthiopien zeigt seine Bodenjonglage
mit bis zu sieben Bällen auf einer umgedrehten Badewanne, die so zu
einem Podest wird. Von der Wanne aus schwingt sich Sam Alvarez zu einem
sinnlichen Tanz an Ketten in die Luft.
    
Amy Saunders, Joel Baker,
Lina Navakaite
Hinzu kommen zwei
Komiker: Da ist zum einen Joel Baker, der zum Auftakt in der Show
„Sicherheitsanweisungen“ gibt und sich später vor der Haiflosse in der
Badewanne fürchtet. Noch viel lustiger ist die durchgedrehte
Schwertschluckerin (hier vielmehr Barhockerbein-Schluckerin…) und
Komikerin Amy Saunders, die ihre Zunge mit einer Rose durchbohrt, sich
im hautengen Lackkleid einen Gummihandschuh über den Kopf zieht und
diesen aufbläst – und sich ungeniert am Hefeweizen eines Showgastes
bedient. Für den etwas feineren Humor ist im Soap-Ensemble die
Opernsängerin Lina Navakaite zuständig, die das berühmte „Pack’ die
Badehose“ ein im Laufe des Abends in immer neuen, aberwitzigen Varianten
singt – einmal im Mozart-Stil, dann wieder in der Art einer russischen
Volksweise oder im Beatles-Sound…
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Und natürlich bringen sich alle Ensemblemitglieder in kleinen Szenen
ein: tanzen nur mit Handtüchern bekleidet „Schwanensee“ und später mit
Wischmoppps, bespucken sich mit Badewasser, brausen sich erotisch unter
der Dusche… vieles ist beiläufig sexy in dieser Show, schließlich
sprühen im Badezimmer die Wassertropfen, schließlich ist man leicht
bekleidet – aber billig wirkt das alles nie. Eher ziemlich cool.
Insgesamt eine runde Show, die sich gewaschen hat – das artistische
Programm ist zwar nicht allzu üppig, aber dies macht die ausgefeilte
Inszenierung mehr als wett. |
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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber
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