Jung, schön und
verführerisch sind die 15 Sirenen der Truppe Bingo, die fast das ganze
Programm alleine gestalten. In der Eröffnungssequenz ist ganz kurz, im
Hintergrund, ein Mann zu sehen; dann gehört die Bühne bis weit in den
zweiten Programmteil hinein den Damen alleine. Die einzigen beiden
männlichen Artisten, Orpheus und Odysseus verkörpernd, sehen wir erst
kurz vor Schluss wieder. Die Truppe Bingo zeichnet sich auch in „Sirens“
durch ihren typischen Look aus, der klassisch-zirzensische und modern-
zeitgemäße Ästhetik vereint, was in dieser Kombination Seltenheitswert
hat.
  
Ensemble
„Bingo“ ist in „Sirens“
für Artistik, Musik und Tanz gleichermaßen zuständig. Vier Musikerinnen
(Ielyzaveta Kozlova, Diana Daiub, Oksana Martyniuk und Olga Sergeieva)
alias „Bryats Ladies Band“ begleiten an Violinen, Akkordeon und Bass,
unterstützt von einem Playback, live das Geschehen und stehen dabei
mitten auf der Bühne, wie es in der Bingo-Produktion „Cult“ (2009
Friedrichsbau, 2010 Da Capo Darmstadt) bzw. aktuell in „Move“ in den
G.O.P.-Häusern auch die Bryats Balaleika Band getan hat und tut. Moderne
Musik auf alten Volksinstrumenten zu machen, mit Elementen von Rock,
Pop, Jazz und Folk, ist auch hier das Konzept.
  
Kateryna
Gurina, Anastasiia Krutikova, Tatyana Stepcheko und Ivan Taravsky
Ein besonderer
Schwerpunkt dieser Produktion liegt auf der Luftartistik. Den Anfang
macht Tatyana Stepcheko mit einer kraftvollen Darbietung an
Strapatenbändern, die jeweils in der Mitte und am Ende Handschlaufen
haben. Ein Achteck, das wie ein Luftring eingesetzt wird, dient
Anastasiia Krutikova als Requisit einer weiteren Luftdarbietung, unter
anderem mit Kontorsionselementen und Genickhang. Mit spektakulären
Sprüngen in den Kniehang gefällt Tamila Perevariukha am Schwungtrapez.
Durch Emotionalität und Dramatik überzeugt Kateryna Gurina bei ihrer
Tuchakrobatik. Noch einmal, wie schon zum Programmauftakt, erklimmt
Tatyana Stepcheko zum Abschluss des Programms die Strapaten, nun
gemeinsam mit Ivan Taravsky, der sie in schwierigen Tricks zum Beispiel
nur Fuß-in-Fuß oder Fuß-in-Kniekehle hält.
  
Iryna Pitsur,
Duo Acrobatic, Trio Sunrise
Die wohl stärkste
Nummer im Programm zeigen Anastasiia Krutikova und Artem Panasyuk alias
Duo Acrobatic mit ihrer Hand-auf-Hand-Kür. Zu den herausragenden Tricks
gehören der Handstand auf dem Becken der Partnerin, die dabei in der
Brücke steht und noch die Hände vom Boden nimmt, oder auch auf ihren
Knien, während sie eine Kontorsion am Boden zeigt. Bei dieser Nummer
geht bei jedem Trick ein großes Raunen durch die Zuschauerreihen. Unter
fortwährendem Applaus zelebrieren Alla Basiuk, Sofiya Mezentseva und
Oleksandra Gorkovenko („Trio Sunrise“) direkt im Anschluss ihre
Hand-auf-Hand-Akrobatik im Stile des Trios Bellisimo. Oksana Vielkana
jongliert mit bis zu fünf roten, etwa fußballgroßen Bällen und verbindet
ihre Arbeit auch mit Handstandposen, bei denen sie die Bälle in den
Kniekehlen oder im Genick „parkt“. Von ihrem Engagement beim Circus
Roncalli bekannt ist Iryna Pitsur, die ihre Hula-Hoop-Ringe auch im
Handstand, im Standspagat und in kontorsionistischen Posen kreisen
lässt. Zu der, für ein Varietéprogramm, vergleichsweise hohen Zahl von
neun artistischen Darbietungen kommen immer wieder die modernen
Tanzchoreographien, die insbesondere Solistin Nataliia Krotova von der
Ballettcompagnie Soul B (2009 schon in „Cult“ dabei) und Iaroslava
Slonova im Mittelpunkt sehen, sowie Auftritte der Band. So ergibt sich,
auch ohne komisches Element, eine sehr abwechslungsreiche Mischung. |