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Hannover, 1.
Juni 2012: „Short Cuts“,
Kurzgeschichten, heißt die aktuelle Produktion im GOP Hannover.
Ausgewählt wurden hierfür Artisten und Komiker, die in ihren
Auftritten jeweils kleine Geschichten erzählen, zumeist ohne
viele Worte. Im Mittelpunkt steht Fabien Kachev, der mit irren
Gesten und Geräuschen Comedy macht.
Nach der
Dernière in Hannover am 1. Juli wird „Short Cuts“ vom 14.
September bis 28. Oktober auch noch im GOP Bad Oeynhausen
gezeigt werden.
Das GOP Hannover ist das Stammhaus der GOP-Gruppe. Entstanden
ist der „Georgspalast“, mitten in der City gegenüber dem
Opernhaus gelegen, 1912/13 als Geschäfts- und Bürohaus. Aus dem
früheren Tanzcafé und Restaurant in dem Gebäude entwickelte sich
1948 das erste GOP-Varieté, das bis 1962 geöffnet blieb. |
30 Jahre später, im
Dezember 1992, wurde das Theater von der neuen Eigentümerfamilie Grote
wieder eröffnet. In wenigen Monaten kann also das 20-jährige Bestehen
gefeiert werden. Inzwischen verfügt die GOP-Gruppe über fünf
Varietétheater, das sechste in Bremen wird im Herbst 2013 eröffnet. -
Mit Videobotschaften von der Rückwand der Bühne werden die Gäste im
samtroten Theatersaal zu den „Short Cuts“ begrüßt. „Das Wichtigste an
einer guten Geschichte? Jemand, der sie erzählen kann“, lautet eine der
kurzen Einblendungen. Und Geschichten erzählen, das kann der 51-jährige
Franzose Fabien Kachev. Mit originalgetreu imitierten Geräuschen bis zum
„Zipp“ eines Reißverschlusses, mit präzise gespielten Gesten und auch
einigen Worten, gerne in französisch-deutschem Kauderwelsch, blödelt
sich Kachev mit irrem Blick durch seine Geschichten. Allerdings bringt
er seine beste und witzigste „Short Cut“ fast ganz am Anfang der Show –
die Autofahrt inklusive Sprachkurs übers Kassettendeck im Wagen und
Flirt mit der Dame im Auto nebenan. Im zweiten Programmteil dagegen
wollen seine Gags oft weniger zünden, bis eine „Kurzfassung“ seiner
Auftritte im Finale dann wieder zum herzhaften Lachen einlädt.
  
Lotte und
Stina, Yann und Greg, Wang Fei
Der erste artistische
Auftritt gehört dem Partnerakrobaten-Duo „Yann and Greg“, die an
französischen und kanadischen Artistenschulen ausgebildet wurden und
2010 beim „Cirque de Demain“ in Paris Bronze gewannen. Seitdem ist die
Nummer im Stile des Cirque Nouveau – etwas überraschend – Dauergast auf
den etablierten Varietébühnen. Die recht verkopfte Geschichte eines
Schriftstellers, der mit seinem Gewissen in Gestalt eines Engels
konfrontiert wird, wird hier kombiniert mit feinen Leistungen des
Hand-auf-Hand-und Handvoltigen-Genres. Im klassischen Stil präsentiert dagegen die
Chinesin Wang Fei ihre Antipodenspiele mit Schirmen und bis zu vier
Tüchern. Eine spezielle Art des Kasperletheaters hat Günter Fortmeier
(52) kreiert – seine Handpuppen sind die bloßen Hände, die miteinander
muntere Dialoge führen, unter anderem vom Besuch einer „Proll-Familie“
am Strand. Später formt er als Schattenspieler aus seinen Händen einen
ganzen Zoo.

Get the Shoe
Eine „Short Cut“
erzählt auch das Jonglageduo „Get the Shoe“. Einer der beiden Artisten
ist hier „Schuhräuber“ und fordert den anderen, seine Gehwerkzeuge
herzugeben – daraus entwickelt sich ein originelles, technisch
anspruchsvolles Spiel mit Keulen in moderner Kampfkunst-Ästhetik. Im
zweiten Programmteil ist das Duo noch einmal mit einer rasanten
Balljonglage zu sehen. Auch hier der Schlussgag: am Ende hat der Räuber
einen roten Schuh des Partners stiebitzt.
Nach der Pause gehört die Bühne zunächst dem Norweger Christer Pettersen,
bekannt unter anderem vom European Youth Circus in Wiesbaden und einer
Saison im Schweizer Circus Monti, der bei seiner Schlappseilarbeit auch
noch ein Goldfischglas auf Händen balanciert. Unter der zu geringen
Raumhöhe leidet der Auftritt von Mareike Koch. Die Absolventin der
Berliner Artistenschule kann hier nicht ihre Trapeznummer zeigen,
sondern arbeitet an zwei Handschlaufen über der Bühne – der notwendige
Abstand zum festen Boden, der mit zum Reiz einer Luftnummer gehört, kann
freilich auch so nicht erreicht werden, was natürlich nicht der
Künstlerin angelastet werden kann. Schlussnummer sind dann Lotte und
Stina mit ihrer ungewöhnlichen Rola-Rola-Arbeit, die mit nur einer Rolle
und einem Brett auskommen – dafür werden auf dem wackeligen Untergrund
anspruchsvolle Tricks der Partnerakrobatik präsentiert. Natürlich hat
auch diese Nummer eine Geschichte – die Geschichte von zwei jungen
Frauen der 30er Jahre, die sich aus den viel zu engen Kleidern und damit
den Zwängen ihrer Zeit befreuen, bis sie am Ende in Großmutters
Unterwäsche auf der Bühne stehen. Ein durchaus erotisches Unterfangen,
zumal die beiden Damen mit sehr weiblichen Formen gerade nicht dem
gängigen Schönheitsideal und Schlankheitswahn entsprechen. Bereits im
Verlauf der Show sind die beiden Artistinnen immer wieder mit kleinen
Zwischenspielen auf der Bühne präsent. |