Frank
Rupprecht gehört dem Team des Hauses schon seit längerer Zeit an. Wie
seine Handschrift in Sachen Programmgestaltung aussieht, werden wir
dann im Verlauf des kommenden Jahres sehen. Im November 2019 gibt es
eben noch einmal eine Show mit von Julius Zier engagierten Artisten.
Veronika Teslenko, Teslenko Brothers
Ihm
haben wir auch eine Neuerung zu verdanken, die den Gesamteindruck der
Auftritte deutlich steigert. Seit Beginn der von Julius Zier
verantworteten Varietéshows gibt es eine musikalische Livebegleitung
der Darbietungen. Aus dem Ensemble, das zu Beginn und Ende der
Programmteile gespielt hat, wurde ein Quartett, das immer dann
musiziert, wenn Livemusik sinnvoll möglich ist. Die Tom Schlüter Band
ist auch in der aktuellen Show dabei und macht einen wunderbaren Job.
So wird die Kür an den Strapaten von Veronika Teslenko zu einem
Hochgenuss. Grandiose Tricks, eine hübsche Artistin mit Ausstrahlung,
fantastisches Licht und eben die hinreißenden Klänge der Musiker. Ein
wahrer Rausch, der einen nach der Pause gefangen nimmt, berührt und
fasziniert. Veronikas Ehemann Dmitry Teslenko und seinen Geschwistern
Elina sowie Anatoly gehört die Schlussnummer. Die Teslenko Brothers
haben im vergangenen Herbst zu fünft bei der Grand Fete Lilloise du
Cirque mit faszinierenden Jonglagen unter dem hohen Chapiteau
begeistert. Können sie diesen Wirbel auch unter der deutlich
niedrigeren Bühnendecke des Neuen Theaters entfachen? Sie können. Und
wie. Im Trio lassen sie große Ringe, Reifen und Keulen in den
verschiedensten Variationen virtuos durch die Luft fliegen. Es
entstehen wunderbare Bilder voller Dynamik. Am Ende fängt einer der
Artisten Reifen auf, die ihm immer schneller von seinen Partnern
zugeworfen werden.
Guy Waeren-Burgh, Evgenii und Valentina Shulenin, Onni Toivonen
Zwischen
den Auftritten der Teslenkos erleben wir Guy Waeren-Burgh. Besonderes
Merkmal seiner Tellerjonglagen: er trägt dabei zunächst zwei Eimer
übereinander auf dem Kopf. Einen der beiden verwendet er während seines
Auftritts, um Scherben darin zu sammeln. Grundsätzlich ist dieses
Tellerdrehen mit Handicap eine witzige und vermutlich auch recht
anspruchsvolle Angelegenheit. Zahlen an den einzelnen Stäben soll das
Publikum offenbar dazu animieren, Waeren-Burgh die
Stab-Teller-Kombination zuzurufen, die gerade kurz vor dem Absturz
steht. Das geschieht bei der Premiere eher verhalten. Mithin gibt es
reichlich zerbrochenes Porzellan, was denn wohl auch so gewollt ist.
Für die ganz große Erheiterung sorgt die Nummer damit nicht. Und dies
ist der einzige wirklich komisch angelegte Auftritt der Show. Die
ersten beiden Darbietungen bieten einen schönen Kontrast zwischen
traditioneller und moderner Aufmachung. Den Auftakt machen Evgenii und
Valentina Shulenin. In historischen Kostümen arbeiten sie an der
Ringperche. Das Duo aus Moskau präsentiert elegant gewagte Balancen,
bei denen Evgenii seine Partnerin auf der Stirn balanciert, während
Valentina im Ring akrobatische Posen zeigt. Zu moderner (Live-)Musik
lässt Onni Toivonen Stäbe durch die Luft fliegen. Der blonde Finne war
bereits im März 2018 im Neuen Theater. Damals jonglierte er in einer
innovativen, leicht skurrilen Choreographie mit Keulen. Seine jetzt
gezeigte Nummer gefällt mir sogar noch ein wenig besser. Sie ist voller
Dynamik und neuartiger Abläufe. Bis zu fünf Stäbe jongliert er
gleichzeitig. Mit drei davon führt er spannende Touren vor. Oder aber
er balanciert einen auf der Stirn. Insofern war es eine wirklich gute
Idee, ihn erneut nach Höchst einzuladen.
Shcherbak
& Popov, Miles Pitwell
Bereits
ihr drittes Engagement innerhalb der letzten vier Jahre an diesem Ort
haben Shcherbak und Popov. Einmal mehr begeistern die beiden
Ausnahme-Könner mit ihrer Partner-Equilibristik zu „Singing in the
rain“, mit der sie 2013 in Monte Carlo Gold gewonnen haben.
Anspruchsvollste Figuren werden von den beiden spielerisch leicht
dargeboten. Miles Pitwell schließlich ist unser magischer Begleiter
durch den Abend. Bei Illusionen kommt es nicht nur auf die Tricks an
sich, sondern ebenfalls auf die Verpackung an. Pitwell präsentiert sich
als „Professor of Magic“. Seine im Grundprinzip bekannten Zaubereien
führt er uns als geheimnisvoller Professor mit abstehenden Haaren und
gleich zwei Brillen auf der Nase vor. Er verkettet beispielsweise Ringe
ineinander oder zerreißt ein Notenblatt, um es am Ende wieder als
Ganzes vorzuzeigen. Am spektakulärsten ist die Befreiung aus einer
Zwangsjacke, die ihm von Sergii Popov und Nikolay Shcherback angelegt
wird. Das alles in einer mystischen Lichtstimmung, gerne mit
Bühnennebel unterlegt. Durch diese Aufmachung ist der Kontakt zum
Publikum nicht so leicht herzustellen wie etwa bei einem Comedian. Es
bleibt den Abend über bei einer gewissen Distanz zwischen Künstler und
Zuschauern. Auch sind Pitwells Auftritte, nach denen er die folgenden
Artisten ankündigt, vergleichsweise kurz. Insgesamt dauert diese Show
mit zweimal rund 40 Minuten Nettospielzeit nicht allzu lange. Dafür ist
sie kurzweilig bis hin zum originell gestalteten Finale, Großillusionen
und Jonglagen inklusive.
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