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Neues Theater - Varieté-Frühling 2017
www.neues-theater.de - 115 Showfotos

Frankfurt-Höchst, 1. März 2017: Am Ende entlädt sich die durchgehend großartige Stimmung in Standing Ovations. Das begeisterte Premierenpublikum im Neuen Theater feiert die Artisten im Stehen. Das ist nur allzu verständlich. Denn dieser Varieté-Frühling 2017 ist außergewöhnlich stark besetzt. Alle Darbietungen in diesem Nummernprogramm bewegen sich auf hohem Niveau. Ganz gleich, ob sie bereits in Monte Carlo mit einem Clown ausgezeichnet wurden oder aber ihre professionelle Karriere mit diesem Engagement starten.

Einen wertvollen Beitrag zum Gesamteindruck der Show leistet wiederum die hervorragend spielende Tom Schlüter Band. Die Musiker begleiten die meisten der Auftritte live. Somit steigert das Quartett deren Wirkung deutlich. Auch den Lichtdesignern sei ein Lob ausgesprochen. Sie sorgen in dem Theater mit seinen 14 Reihen für eine intime Stimmung.


Robeat

Mut bewiesen hat Produzent Julius Zier bei der Auswahl des Moderators. Denn Robeat trifft in Höchst nicht gerade auf seine Primär-Zielgruppe. Der gerade 28 Jahre jung gewordene Stuttgarter duzt das Publikum mal eben und führt locker durch das Programm. Die Ankündigungen der nächsten Nummern erledigt er routiniert. Ganz in seinem Element ist Robeat aber, wenn er faszinierende Beats mit Mund und Kehlkopf erzeugt. Eine ernsthafte Konkurrenz für die Tom Schlüter Band, mit der er sich eine kleine Battle liefert. Faszinierend zudem, wie er eine bekannte Melodie in fünf verschiedenen Varianten performt. Alles ohne Instrumente versteht sich. Auch das Publikum bezieht der Finalist einer „Superstar“-Staffel in seine musikalischen Eskapaden ein. Das geht in Summe hörbar begeistert mit. In der Pause sind dann auch kritische Stimmen von Gästen zu hören, die offensichtlich klassische Conférencen bevorzugen. So wie sie in den letzten Programmen zu erleben waren. Und so, wie sie vermutlich von den meisten Zuschauern erwartet werden, die deutlich älter als Robeat sind. Aber gerade das Spiel mit Erwartungen hat seinen Reiz. Das Gros des Publikums jedenfalls zeigt sich von diesem außergewöhnlichen Begleiter durch die Show begeistert. Zumal Robeat trotz seines jungen Alters schon ein echter Profi ist und weiß, wie er optimal ankommt.


Michele Clark, Daniel Blasco Marcos, Meleshin Brothers

Uneingeschränkt mehrheitsfähig ist Michele Clark. Die junge US-Amerikanerin sieht nicht nur wahnsinnig gut aus, sie ist auch eine Meisterin im Spiel mit Reifen. Hula Hoop-Artistik im eigentlichen Sinne zeigt sie nur am Schluss, wenn unzählige Reifen um ihren Körper rotieren. Davor lässt sie die großen Ringe scheinbar schwerelos in immer neuen Varianten tanzen. Man hat den Eindruck, die Requisiten folgen ihr auf fast schon magische Weise. Es ist eine ungeheuer sinnliche Kür zu moderner Musik, wie man sie so noch nicht gesehen hat. Perfektion steckt ebenfalls im Auftritt von Florin & Co. Man merkt es nur nicht. Das ist natürlich gewollt. Denn Tiertrainer Florin, seine aufgedrehte Assistentin Felicitas und Hund Cato sorgen für den Humor in der Show. Cato kann, oh Wunder, Rechnen und Sprechen. Das alles mit nur minimaler Unterstützung durch Herrchen und Frauchen. Das Publikum wird ebenfalls Teil der Nummer. Es darf Aufgaben stellen und im Chor Kommandos geben. Spannend wird es, wenn Cato eine Wurst verschwinden lässt. Da ist offensichtlich Zauberei im Spiel. Ebenso beim Schlusstrick, der eine wirklichen Überraschung ist. Tagsüber arbeitet Daniel Blasco Marcos in einem Frankfurter Büro. Abends tauscht er den Schreibtisch gegen die Bühne. Zumindest seit Anfang März. Denn das Engagement im Neuen Theater ist sein erstes professionelles. Das ahnt man jedoch nicht, wenn man den jungen Spanier beim Spiel mit seinen Diabolos zusieht. Virtuos lässt er die kleinen, blau beleuchteten Doppelkegel tanzen und durch die Luft fliegen. Zunächst ganz ohne Musik, dann zur Begleitung vom Klavier. Dadurch erhält die Jonglage mit bis zu drei Diabolos eine besondere Wirkung. Es ist eine durchdachte, äußerst ansprechende Choreographie. Er beginnt sie mit dem Spiel auf einer Klarinette in Straßenkleidung. Jacke und Basecap werden ihn von anderen Ensemblemitgliedern abgenommen, seine eigentliche Nummer arbeitet er in T-Shirt, Jeans und Sneakers. Formvollendet gekleidet präsentieren sich die Meleshin Brothers. Klassisch in schwarz-weiß mit Fliege zeigen sie ihre Rola Rola-Artistik der Sonderklasse. Vadim balanciert seinen Bruder Anton auf den Schultern oder hält ein Brett auf dem Kopf, auf dem Anton wiederum mit einem Brett auf einer Walze das Gleichgewicht findet. Zusammen bauen sie einen Turm über mehrere Etagen. An dieser Stelle seine noch einmal explizit die wunderbare Livemusik erwähnt.


Duo monalaura, Duo Laos, Viktor Kee

Gewannen die Meleshin Brothers in Monte Carlo Bronze, so machte das Duo monalaura beim letzten European Youth Circus mit mehreren Sonderpreisen auf sich aufmerksam. Mit ihrer Luftakrobatik an Tüchern sorgten die beiden Hamburgerinnen dort für Aufsehen. Anspruchsvolle Tricks werden in eine elegante Kür verpackt. Die Absolventinnen der Berliner Artistenschule wissen ihre Arbeit sehr charmant zu verkaufen. Viele Details lassen den wiederholten Zuschauer immer wieder neue Aspekte entdecken. Es ist ein wahrer Genuss, den beiden jungen Damen zuzusehen. Schlichtweg unglaublich ist das, womit uns das Duo Laos verwöhnt. Partnerakrobatik vom Allerfeinsten. Es geht gleich damit los, dass Pablo Raffo seine Partnerin Mercedes Martin Garcia an den Füßen in die Höhe hebt. Ebenso mag man seinen Augen kaum trauen, wenn er sie auf einer Hand an ihrem Nacken balanciert. Und das ist erst der Anfang. Die Argentinier mit Wohnsitz in Spanien haben viele weitere Tricks im Repertoire, die man erst glaubt, wenn man sie selbst erlebt hat. Ihr ausdrucksstarkes Spiel tut sein Übriges. 2014 und 2015 waren sie Teil der Höhner Rockin' Roncalli Show. Hoffen wir, sie noch öfter bei uns begrüßen dürfen. Ein in Deutschland äußerst selten zu erlebender Gast ist ebenfalls Viktor Kee. Er war zwölf Jahre lang einer der Stars des Cirque du Soleil, war im Moulin Rouge zu sehen oder aber in Las Vegas. Nach einem Engagement bei Flic Flac in Kassel im vergangenen Winter ist er jetzt im Neuen Theater Höchst der Headliner, das Gesicht der Show. Schon allein seine Aufmachung ist fabelhaft. Er trägt einen bemalten Ganzkörper-Anzug. Die Schminke setzt dessen Muster im Gesicht fort. Zunächst spielt er mit einer beleuchteten Kugel, dann mit vielen weißen Bällen. Immer bleibt er dabei innerhalb eines roten Rings. Er jongliert klassisch mit den Händen, nimmt aber auch die Füße hinzu. Er reiht Bälle feinsäuberlich auf seinem Rücken hintereinander, während er auf den Knien ruht und sich mit einer Hand am Boden abstützt. Er jongliert auf dem Rücken liegend. Er lässt die Bälle vor seinem Körper in waagerechter Bahn fliegen. Dazu kommt Kees mystisches Spiel. Ein faszinierendes Kunstwerk, welches man einfach gesehen haben muss. Grandios!

Das sieht das Publikum genauso. Viktor Kee wird frenetisch gefeiert. Von euphorischer Stimmung getragen ist dann auch das gewohnt unterhaltsam gestaltete Finale. Damit endet ein Varieté-Abend, den das verwöhnte Höchster Publikum nicht so schnell vergessen wird. Dem Einzigen, dem das ein wenig „Sorgen“ bereiten könnte, ist Julius Zier. Schließlich muss – besser: darf - er uns schon im Herbst wieder mit einem komplett neuen Programm begeistern. Und dafür liegt die Messlatte jetzt verdammt hoch.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch