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Stuttgart,
17. Juli 2013. Was bedeutet es, heute ein Artist zu sein? Um
diese Frage dreht sich die Absolventenshow 2013 der Berliner
Artistenschule, die von Varieté-Regisseur Maximilian Rambaek
unter dem Motto „Mindloops“ in Szene gesetzt wurde. Rambaek
sieht die Artisten dabei im Großstadttreiben zwischen
Trainingstrott und Dauerparty, zwischen dem Wunsch nach
Anerkennung und der Angst vor dem Scheitern, zwischen Höhen und
Tiefen. Gezeichnet wird ein Bild urbaner junger
Menschen, die nicht klassische Artisten sind, sondern als
moderne „Performer“ ihre Geschichten mit artistischen
Mitteln erzählen. |
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In bewährter Weise
werden dabei die Darbietungen der Artisten mit szenischen Übergängen
kombiniert, so dass sich eine durchgehende Show ergibt. Gleich im
Opening, in dem verschiedene artistische Disziplinen zu sehen sind, wird
eine großstädtische Szenerie geschaffen, in der die Menschen hektisch
mit dem Handy telefonieren, aufgebrachte Demonstranten protestieren und
schließlich „King Kong“ auf dem Wolkenkratzer angreift. Bis Anfang
September ist die Show an 19 verschiedenen Orten in Deutschland zu
sehen. Das längste Gastspiel mit insgesamt sechs Vorstellungen ist das
aktuell laufende im Stuttgarter Friedrichsbau-Varieté.
  
Tjorm Palmer, Twinspin
alias Benno Jacob und Lukas Stelter, Ihor Yakymenko
Die Bühne gehört
nach dem Opening zunächst Tjorm Palmer. Sein Requisit ist ein
Metallgestell, an dem er Handstand- und Sprungartistik kombiniert. Die
wagrechten Streben am oberen Ende des Requisits werden in der Art eines
Recks verwendet, von denen er sich zum Beispiel zu Salti zum Boden abstößt. Zum
Abschluss lässt Tjorm sich mit dem Kopf voran die Stangen hinunter in
einen Fershang gleiten. Nach der Pause steht er noch mal mit dem
Absolventenkollegen Ihor Yakymenko in einer anspruchsvollen
Wurfakrobatik auf der Bühne. Ihor war bereits im vergangenen Jahr, ein
Jahr vor seiner Abschlussprüfung, mit der damaligen Absolventenshow auf
Tournee. Nun hat er die Ehre, mit seiner Solonummer das Programm zu
beschließen. Ihor hat einen Chinesischen Masten mit einer kleinen
Rundplattform am oberen Ende versehen und präsentiert an dem Requisit im
fließenden Wechsel eine Symbiose aus Mast- und Handstandakrobatik mit
vielen kraftvollen Abstehern. Benno Jacob war bereits in den Jahren 2008
(ein Jahr vor seiner Prüfung an der Artistenschule) und 2009 mit seinem
damaligen Diabolo-Partner Johannes Dudek mit der Absolventenshow auf
Tour. Als Duo „Golden Time“ gehörten Jacob und Dudek zu den
erfolgreichsten Berliner Absolventen der vergangenen Jahre und waren
Preisträger beim Pariser Cirque de Demain (Spezialpreis der Jury) und
beim SolYCirco auf Sylt (Gold). Gemeinsame Engagements führten sie in
renommierte deutsche Varietehäuser (mehrere GOPs, Wintergarten, Friedrichsbau)
sowie zu „Salto Natale“ nach Zürich. Nun trennten sich die Wege, und
Benno Jacob hat im 19-jährigen Lukas Stelter aus dem aktuellen
Absolventenjahrgang einen neuen Bühnenpartner gefunden. Beide wollen nun
dauerhaft zusammenarbeiten. In einer durchaus ähnlichen Darbietung wie
zuvor bei „Golden Time“ lassen sie die Diabolos tanzen,
spielen sich diese gegenseitig zu und fangen fliegende Diabolos mit den
Seilen.
  
Malte Strunk, Sarah Pepe
Sarah Pepe hat
ihre Darbietung in eine geradezu klassische Verpackung gekleidet,
arbeitet sie doch als stolze Spanierin im Tango-Rhythmus. Sie kombiniert
Handstände auf einem Podium mit tänzerischen Elementen um das Requisit
herum. Gleich mit zwei Darbietungen ist Malte Strunk im Programm
vertreten und setzt beide Male auf eine humorvolle Verpackung. Im
ersten Programmteil lässt er als Bouncing-Jongleur die Bälle fliegen,
davon vier Stück auf eine schräg gestellte Schultafel sowie ausdauernd
und sicher fünf gegen den Boden. Eine kurze Bouncingjonglage mit sechs
Bällen bildet den Abschluss. Als vorletzte Nummer lässt er später bis zu
drei Diabolos fliegen und – mit zwei Jongliersets, eins in der linken
und eins in der rechten Hand – vier Diabolos über die Seile tanzen.
  
Nora Zoller,
Andalousi Laghmich Elakel,
Katharina Huber
Zu
den interessantesten und überzeugendsten Darbietungen des aktuellen
Jahrgangs gehört jene der Schweizerin Nora Zoller, die als Pausennummer
zwei ganz verschiedene Disziplinen an einem Requisit zeigt. Ihr großer
Reifen fungiert zunächst als Luftring (u.a. Genickhang). Kurz darauf
setzt sie den gleichen Reifen als Cyr Wheel ein, in dem sie unter viel
Applaus rasante Touren über die Bühne dreht. Variabel ist auch das
Requisit von Katharina Huber, die sich der Luftartistik im Netz
verschrieben hat. Dieses ist an einem kleinen Luftring aufgehängt, der
später auch für einen Fershang genutzt wird. Zudem hakt sie anschließend ein Ende des
zur Schlaufe gehängten Netzes aus, so dass sich eine Art „Vertikaltuch“
für den Schlusstrick ergibt, bei dem sie sich in das Netz einwickelt und
abrollen lässt. Während die Netz-Nummer im klassischen Stil arbeitet,
hat sich Andalousi Laghmich Elakel von Maximilian Rambaek eine ganz
moderne Choreographie kreieren lassen. Andalousi zeigt seine
ausdauernden Handstände und dynamischen Sprünge auf und um einen roten
Sessel, begleitet .von fortwährendem Szenenapplaus. Dabei kämpft er
gegen die Geister einer langen Nacht und ist zeitweise förmlich ans
Requisit gefesselt, was u.a. durch rote Stoffbänder symbolisiert wird. |