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Düsseldorf, 30.
August 2007:
„Wenn du so
weiter machst, landest du entweder unter der Brücke oder im
Zirkus“. Diesen Satz, so Conférencier Kai Magnus Sting, soll
Bernhard Pauls Mutter einst zu ihrem Sohn gesagt haben. Wenn dem
wirklich so gewesen sein sollte, hätte sie in jedem Fall recht
gehabt. Denn heute ist Paul nicht nur Direktor des Circus Roncalli,
sondern auch Inhaber des Düsseldorfer Apollo Varietés, das markant
unter der Rheinkniebrücke liegt. Das mit höchst stilvollem
Interieur aufwartende Apollo feiert in diesem Jahr sein
zehnjähriges Jubiläum und präsentiert mit „Jubilee“ ein Programm,
das mit hochklassiger Artistik besticht. |
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Sos und Victoria, Get the Shoe, Fréres
Taquin
Ausnahmslos alle Artisten des Jubiläumsprogramms sind von besonderem
Format. Sos und Victoria überführen das Genre „Quick Change“ in die
Moderne und haben, eine Seltenheit in diesem Metier, sogar ansprechende
Kostüme im Gepäck. Irina Pitzur zeigt ihre, aus dem Roncalli-Programm
bekannte Darbietung, die auf sinnliche Weise Hula-Hoop, Jonglage und
Kontorsion vereint. Die Berliner „Get the Shoe“ inszenieren ihre
anspruchsvolle Partnerjonglage als Karate-Kampf und räumen damit
insbesondere beim jungen Publikum ab. Als Pausennummer dann die Fréres
Taquins: Ihre „Mensch oder Puppe“-Version ist, trotz erneutem
Partnerwechsel, einfach unschlagbar. Ihre Zweitnummer, eine
Kino-Pantomime, die das belgisch-holländische Duo im zweiten Teil zeigt,
fällt dagegen allerdings ziemlich ab. |
   
Kai Magnus Sting, Aurelia Cats, Jay Niemi, Zebras
Der zweite Teil startet dann wie der erste mit Magie: Der Finne Jay
Niemi gibt den glamourösen Gentleman-Zauberer, der aus seinen Ärmeln
nicht nur Tauben, sondern auch Papageien zaubert, die er im Anschluss
durch das Theater fliegen lässt. Selbst einen kleinen Vogelkäfig zaubert
er samt Inhalt aus dem Nichts hervor. Klasse. Ebenso faszinierend ist
die Französin Aurelia Cats, die Trapez-Artistik mit Kontorsion zu einem
prickelnd erotischen Erlebnis verquickt. Am Schluss des Programms
stürmen dann die fünf Zebras die Bühne. In gewöhnungsbedürftige
Zebra-Kostüme gewandet zeigen die fünf Ukrainer ähnlich wie Atlantis
oder Crazy Flight starke Hand-auf-Hand-Artistik, die mit
abwechslungsreichen Handvoltigen kombiniert wird. Ein würdiger
Schlusspunkt eines leistungsstarken Programms. Etwas
enttäuschend fällt dagegen die Inszenierung der Jubiläumsshow aus.
Gerade Livemusik und Gesang vermisst man, insbesondere in
Anbetracht des festlichen Anlasses. Und auch Conférencier Kai
Magnus Sting braucht ein wenig Anlaufzeit. Während seine
Zwischen-Moderationen, vor allem skurrile Alltagsbeschreibungen,
im zweiten Teil wirklich umwerfend komisch sind, wirken sie vor
der Pause sehr bemüht. Durchweg gelungen ist dafür das
ausschweifende Finale, in dem alle Artisten auf 10 Jahre Apollo
anstoßen und dem Jubiläumsprogramm so doch noch eine festliche
Note hinzufügen.
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Wie gesagt: „Jubilee“
ist ein herrlich starkes Nummernprogramm, das bis auf den sparsamen
Einsatz von Gestaltungsmitteln wie Inszenierung, Livemusik oder Gesang,
keine Wünsche offen lässt. |
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Text und Fotos: Sven Rindfleisch
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