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Wintergarten Berlin - Hotel California
www.wintergartenberlin.de

Berlin, 9. Juli 2008: Leichte, fröhliche Sommerunterhaltung bietet das Wintergarten-Varieté Berlin mit seiner neuen Show „Hotel California“, die seit Ende Juni gespielt wird: jugendliche Artisten, eine frische Inszenierung voller Gags, in die das gesamte Ensemble einbezogen wird, und ein Musikcocktail aus 60er-Jahre- und Kalifornien-Hits sorgen für unbeschwertes Vergnügen, das aufs breite Publikum zielt.


Das elegante Wintergarten-Varieté in Berlin

Die Premiere von „Hotel California“ fand mitten im Insolvenzverfahren statt, welches das Haus kürzlich gestellt hat. Doch der Reihe nach: Das Wintergarten-Varieté wurde am heutigen Standort in der Potsdamer Straße 1992 eröffnet und beruft sich auf die große Tradition eines gleichnamigen Vorgänger-Hauses, das 1888 am Bahnhof Friedrichstraße die ersten Varieté-Vorstellungen gab und im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Den neuen Wintergarten hatte in den 1990er Jahren Konzertveranstalter Peter Schwenkow gemeinsam mit Bernhard Paul und André Heller ins Leben gerufen. Niemand von ihnen ist mehr an dem Theater beteiligt; zuletzt verkaufte Schwenkows Deutsche Entertainment AG (DEAG) das Haus Anfang 2007 an eine Investorengruppe. Neuer Geschäftsführer wurde Georg Strecker, zuvor jahrelang Direktor des Hauses, der das Haus gemeinsam mit Frank Reinhardt leitete. Beide machten sich daran, dem plüschig-eleganten Varieté eine Frischzellenkur zu verpassen, wollten mit jungen Künstlern und moderner inszenierten Programmen mehr junge Zuschauer gewinnen. „Das gewohnte Stammpublikum stirbt uns irgendwann einfach weg“, hatte Frank Reinhardt der Presse gesagt. Bereits bei der zweiten Produktion nach dem Neustart, „Dekolleté“, sanken die Auslastungszahlen aber offenbar dramatisch, im Mai 2008 trat Georg Strecker zurück, im Juni meldete Frank Reinhardt Insolvenz an. Offenbar möchte man auf diese Weise das Haus über die traditionell besucherschwächeren Sommermonate retten und im Herbst wieder voll durchstarten. Augenfälliges Merkmal der neuen Zeiten: Die wundervollen circensischen Devotionalien aus der Sammlung von Bernhard Paul, die in raumhohen Glasvitrinen den großen Saal schmückten, wurden zuletzt wieder abgeholt; nun prangen dort Plakate der Wintergarten-Produktionen vergangener Jahre anstelle von wertvollen Kostümen Grocks oder von Requisiten Houdinis.

Regie geführt hat für das „Hotel California“ Markus Pabst, der zuvor bereits das Berliner Chamäleon-Varieté wieder auf Erfolgskurs brachte – die Badewannenshow „Soap“ war ein Renner und wurde mehrfach verlängert. Im „Hotel California“ geht es nun um eine Gruppe Jungs, die sich an einem kalifornischen Strand austobt – das bietet Gelegenheit für jede Menge Situationskomik und humorvolle Tanzeinlagen des gesamten Ensembles. Musikalisch wird das Ganze mit einem bunten Musik-Cocktail serviert, der alles umfasst, was mit den Sixties oder Kalifornien zu tun hat. Die Musik kommt dabei vom Band.


Jean-Pierre Poissonnet, Melanie Chy, Kai Eikerman, Trio Sunrise

Erste artistische Nummer sind die Skating Willers – zunächst angekündigt waren die Aratas – mit einer klassischen Rollschuhnummer. Rollschuhkünstler Jean-Pierre Poissonnet gibt nebenbei noch eine Art Bademeister und einen Schlagersänger. Der vermeintliche Gast aus dem Publikum, der zu einer Strip-Einlage genötigt wird, entpuppt sich als der Tänzer und Allround-Künstler Kai Eikermann. Unter anderem erleben wir ihn später in einem skurrilen Auftritt als Strandverkäufer oder beim Robot-Dance. Ein erster Höhepunkt ist das ukrainische „Trio Sunrise“ mit einer ähnlichen Darbietung wie Roncallis „Trio Bellisimo“. Die drei Damen ernten für ihre Hand-auf-Hand- und Kontorsionistik-Arbeit Raunen im Publikum, Szenenapplaus, Jubel. Weniger Eindruck machen die Salti und Schrauben von Eike von Stuckenbrok an Bungeeseilen. Pausennummer sind die eleganten Handstände von Melanie Chy im sexy Lederoutfit auf einer sich drehenden Harley Davidson.

Den beiden originellen Jongleuren „Strahlemann und Söhne“ gelingt das Kunststück, während ihrer Passing-Arbeit mit Keule ihre eleganten Anzüge abzulegen und diese wieder anzuziehen. Eine schöne Idee liegt auch der Arbeit von Lotte und Stina zugrunde, die ihre Hand-auf-Hand-Arbeit mit Rola Rola kombinieren, die Tricks also auf einem Brett mit frei beweglicher Rolle darunter zeigen. Die beiden sind Absolventinnen 2008 der Brüsseler Zirkusschule „École Supérieure des Arts de Cirque“. Artistischer Höhepunkt des Abends sind die fünf Berliner Breakdancer „B-Town Allstars“, die auf Welt- und Europameistertitel verweisen können – eine wirklich außergewöhnlich gute Breakdance-Nummer. Den skurrilen Schlusspunkt setzt das französische Duo „Hors Cycle“, Anfang 2008 im Wettbewerbsprogramm des „Cirque de Demain“ in Paris zu sehen gewesen, die auf Ein- und Zweirädern über ein Trampolin fahren und auf den Rädern sitzend Salti schlagen. Für die Nummer wurde das Trampolin extra in den Bühnenboden eingebaut.

Beim Finale versammelt sich die – für ein Varietéprogramm – beeindruckende Zahl von 20 Artisten auf der Bühne – insgesamt also ein üppiges Line-up, wenn auch nicht jede der Darbietungen rundum überzeugt. „Wintergarten in Berlin“, dies verheißt eigentlich eher große Stars des Varietés als ein eher von jugendlichen Künstlern geprägtes Programm. Insofern bricht „Hotel California“ Erwartungen, bietet aber dennoch gute Unterhaltung mit anderen Mitteln – sicher ein großer Verdienst von Entertainment-Profi und Regisseur Markus Pabst.

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Text: Markus Moll; Fotos: Markus Moll (Programm), Wintergarten (Gebäude)