Hinter „Mr.
Hobdoblins Wunderwelt“ steht eine wunderbare Grundidee, und die „Lords
of Comedy“ Max Nix und Willi Widder Nix haben mit ihrer großartigen
Musikkomik schon mehrfach den Friedrichsbau gerockt. Doch diesmal passen
das Thema der Show und ihre beiden Hauptfiguren vielleicht nicht recht
zusammen – das Märchenhaft-Wunderbare, das Fantastisch-Emotionale zu
verkörpern, das ist nicht die Sache von Max Nix (alias Mr. Hobdoblin).
Er bezieht seinen Witz aus der Hölzernheit, mit der er agiert, aus dem
staubtrockenen Humor. In einer verrückten Märchenwelt à la „Alice im
Wunderland“ wirkt er eher fremd und nicht wie ihr oberster
Zeremonienmeister. Und so sind Max Nix und Willi Widder Nix in dieser
Show immer dann am besten, wenn sie im Grunde aus der vorgesehenen Rolle
heraustreten und einfach sie selbst sein dürfen – bei einer absurden
Zauberparodie mit garantiert durchschaubaren Tricks, bei musikalischen
Einlagen und in der herrlich witzigen Pausennummer. Dabei gibt Max Nix
einen höchst ernsthaften „Humorprofessor“, der mit seinen drei
menschlichen Demonstrationsobjekten eine Art Kulturgeschichte des
Slapsticks erörtert. Das Beinstellen und das Ausrutschen auf einer
bereitgelegten Bananenschale sind noch die simpelsten
Slapsticktechniken, über die hier doziert wird. Dann werden von der
„einfachen seitlichen Deponation“ in der Tortenschlacht bis zum
„doppelten Seitenhieb mit doppeltem Rückkehrer“ mit einem Holzbrett die
verschiedensten Slapstick-Techniken quasi-wissenschaftlich dargelegt.
  
Oleg Djachuk, Anatoli Akermann, Max Nix und Willi Widder Nix
Eines der drei
menschlichen Demonstrationsobjekte ist Anatoli Akermann, der einen der
bizarrsten Charaktere der Wunderwelt spielt, und zwar den Bewohner einer
Kuckucksuhr links neben der Bühne. Immer wieder kommt er aus seiner
besonderen Behausung, um absurde Performances zu zeigen, etwa eine Art
angedeuteten Brekdance. Akerman hat in den letzten Jahren für
Soleil-Shows Comedy-Charaktere entwickelt. Das dritte menschliche
Demonstrationsobjekt neben Akermann und Willi Widder Nix ist der
kleinwüchsige Artist und Komiker Oleg Djachuk. In seiner neu kreierten
Darbietung verschwinden seine Beine vollkommen in einer Metallkugel.
Djachuk wird zum lebendigen Spielzeug, das als Stehaufmännchen über die
Bühne rollt. In den verschiedensten Schräglagen jongliert Djachuk dabei
mit drei Bällen.
  
Darren Burl,
Laura von Bongard, Lara Paxton
Die Berlinerin Laura
von Bongard eröffnet den artistischen Part und liefert einen weiteren
Beleg für die hochwertige Ausbildung, die an der Staatlichen
Artistenschule in der Hauptstadt vermittelt wird: In ihrer Antipodenkür
jongliert die 19-Jährige am Ende erst fünf, dann sechs goldfarbene Bälle
gleichzeitig mit Händen und Füßen, wobei sie die Bälle zwischendurch auf
dem Boden links und rechts ihrer Trinka – einem dekorativen Polstermöbel
– aufdopsen lässt. Bemerkenswert auch die Jonglage mit drei Bällen mit
den Händen, während um ihren linken Fuß ein Ring kreist und sie auf dem
rechten einen Stab mit einem Ball obenauf balanciert. Darren Burl ist
bestens aus dem Circus Roncalli bekannt. Nun formt er im Friedrichsbau
mit den bloßen Händen Seifenblasen, zerteilt sie mit Handkantenschlägen,
füllt sie mit Rauch oder schließt kleine Blasen in große ein. „Isn’t she
lovely?“ wird melancholisch und zu Recht gesungen, während sich Lara
Paxton in die Lüfte schwingt – als Meerjungfrau an einem eisernen Anker
demonstriert sie unter der hohen Kuppel des Friedrichsbaus Kraft und
Beweglichkeit. Erst im letzten Teil der Nummer schüttelt sie ihre Flosse
ab. Zu den stärksten Nummern im Programm gehört die Equilibristik-Kür
von Alexander Veligosha, vor 13 Jahren Goldmedaillengewinner beim Cirque
de Demain. Das farbenfrohe Kostüm in Soleil-Manier sowie dunkel
lackierte Fuß- und Fingernägeln geben ihm etwas Paradiesvogelhaftes, und
doch zeigt er mit ausdauernden Passagen auf ein und zwei Händen sowie
Kontorsionselementen eine sehr männlich-kraftvolle Arbeit.
  
Elizabeth
Gaumond, Alexander Veligosha, Matthias Romir
Matthias Romir hat
eine interessante, humorvolle Kontaktjonglage entwickelt. Bei seinem
Spiel mit drei Keulen muss er immer wieder einen gasgefüllten Luftballon
vor dem Davonschweben bewahren, wofür er natürlich stets eine freie Hand
benötigt und die Keulen zwischenzeitlich in verschiedensten Positionen
am Körper deponiert werden müssen. Elizabeth Gaumond, ehemalige
Soleil-Artistin, verknotet ihren Körper als Schlangenmädchen mit
Kontorsions- und Klischnigg-Elementen auf wirklich beeindruckende Weise.
Ebenso vom Cirque du Soleil kommt Faon Shane, die mit ihrer Luftnummer
an drei Kettenschlaufen für den Abschluss des Programms sorgt, unter
anderem mit Spagat, Wirbel und Genickhang. Als Fabelwesen auf Stelzen
komplettiert Marcelo Pivoto Bolter das Künstlerensemble. Eine besondere
Erwähnung wert ist noch das äußerst aufwendige Bühnenbild mit variablen
Hintergründen, das viel zum farbenfroh-prächtigen Gesamtbild des
Programms beiträgt. Das vierköpfige Orchester sitzt diesmal oberhalb
dieser Szenerie. |