Werner Fritsche hat dazu eine moderne, edel
wirkende Bühne mit einer großen Rückwand in Betonplatten-Optik,
zentralem Künstlereingang und Treppe gebaut. Links und rechts wurden
zwei überdimensionale Stehlampen
platziert. Blau angeleuchtete Baumstämme bilden die Lampenständer.
 
Hot
Mr. C., Vegas Showgirls, Bubbles
Die fünf Tänzerinnen der Vegas Showgirls von
Choreographin Camilla Keutel eröffnen das Programm mit einem klassischen
Revuetanz, lassen bei der Girlreihe die Beine fliegen. Federschmuck
ziert die Köpfe, und die australische Sopranistin Cassie McIvor
interpretiert dazu „Hey Big Spender“. Und sogleich hat der große
Spender, der Mann von Welt, seinen Auftritt. Es ist Conférencier Hot Mr.
C. In einem Kinder-Schaukelgerät in Flugzeugform fährt er standesgemäß
auf die Bühne. Seine Erscheinung ist überaus extravagant. Auf seinen
Frontzähnen kleben glitzernde Steinchen; seine bei den verschiedenen
Auftritten jeweils wechselnden Sakkos sind mit unzähligen Pailletten,
üppigen floralen Elementen oder einem blinkenden Star-Wars-Schriftzug
verziert. Dazu trägt er kleine Zylinder auf dem Kopf. Gleich gibt er zu
Protokoll, aus der Welt des Showbusiness zu kommen, süchtig nach Klatsch
und immer etwas „over the top“ zu sein. Stets an seiner Seite ist sein
Butler Bubbles. Er trägt die Klingel, um sich rufen zu lassen,
praktischerweise gleich auf dem Kopf. Hot Mr. C. nimmt auf erstaunliche
Weise scheinbar den eigenen Rumpf von den Beinen ab. Er lädt eine
Zuschauerin zur nicht ganz jugendfreien Autofahrt und lässt gleich das
ganze Publikum Walzer klatschen. Diese und weitere Auftritte sind mit
vielen schlüpfrigen Witzen garniert, die das vorwiegend ältere Publikum
an diesem Abend eher irritieren denn amüsieren. Vielleicht auch, weil
Hot Mr. C. vorwiegend englisch spricht. In den Tagen nach dem
Premierenwochenende wurde der Text laut Varietédirektion komplett auf
Deutsch einstudiert.
  
Anastasiia Potorochenko, Vegas Showgirls, Kukharenko Brothers
Und natürlich begleiten uns neben Hot Mr. C. und
Bubbles auch die Vegas Showgirls weiter durch den Abend, zunächst in
einem glamourösen Tanz mit goldenen Umhängen. Der erste artistische
Auftritt gehört Anastasiia Potorochenko. An den Tüchern beweist sie ihre
Beweglichkeit bei kontorsionistischen Elementen und beeindruckt mit
Abfallern. Starker Applaus ist der Lohn. Auf freistehenden Leitern
balancieren die Brüder Nikolay und Anatoliy Kukharenko, die als
Mitglieder der Truppe Bingo auch schon im Circus Knie gearbeitet haben.
Stark und besonders ist ihre Nummer vor allem dadurch, dass sie bei
mehreren Tricks gemeinsam auf einer Leiter balancieren. Dabei hängt auch
einer der Brüder kopfüber am Requisit, oder beiden liegen bäuchlings in
der Waage auf unterschiedlichen Sprossen.
  
Amit
Keng, Vegas Showgirls mit Hot Mr. C., Cécile Magdeleine und Roman
Bonaton
Wenn die Vegas Showgirls mit großen Federfächern
tanzen, dann mischt sich Hot Mr. C. unter die aufregend hübschen Damen
und plaudert darüber, dass Menschen und Vögel doch identisch seien.
Schnapsdrosseln und „Blau“-Meisen sind seine Belege. Um Getränke geht es
auch bei den Stabjonglagen von Amit Keng. Er schluckt abwechselnd aus
einer roten und einer blauen Tasse Aufputsch- oder Beruhigungsmittel,
die sofort das Tempo und den Ausdruck seiner Arbeit beeinflussen. Mein
Geschmack ist diese Choreographie nicht. Doch unbestreitbar ist sein
hohes artistisches Können. Bis zu vier Stäbe hält er sicher in der Luft,
was das Publikum mit einigem Jubel quittiert. Nochmals Gesang und Tanz,
nun sexy in schwarz, leiten über zur Pausennummer. Cécile Magdeleine und
Roman Bonaton zelebrieren eine sinnlich-erotische Kür. Diese kombiniert
Partnerakrobatik in und auf einer wassergefüllten Badewanne sowie
Artistik an den Strapaten. Beide übernehmen abwechselnd die tragende
Rolle. Hier sprühen Wassertropfen und zwischen dem Paar die Funken. Die
Nummer war bereits bei zirzensischen Erotikshows wie „Ohlala“ in Paris
oder Franco Dragones „Taboo“ zu erleben.
 
Vegas
Showgirls, Cassie McIvor
Aufreizend mit pink-schwarzen
Schmetterlingsflügeln tanzt das Ballett zu Beginn des zweiten Teils; die
begleitende Dance-Musik sorgt für die nötige Power. Stimmliche Kraft und
Schönheit beweist dagegen Sängerin Cassie McIvor mit einer Ballade von
Céline Dion. „Let Beauty come out of ashes“ lautet der passende Text der
Refrainzeile. Einer ihrer stärksten Auftritte während der Show.
  
Cécile
Magdeleine, Vegas Showgirls, Alex und Indra
Und noch mehr sinnliche Weiblichkeit zelebriert
Cécile Magdeleine am Luftring. Sie kreiselt ekstatisch mit dem Requisit,
überschlägt sich daran mehrfach rhythmisch. Mitreißend und farbenfroh
ist der Sambatanz der Showgirls im Stil des Karnevals von Rio. Den
Kontrapunkt setzt gleich darauf Anastasiia Potorochenko mit ihren betont
sexy gearbeiteten Kontorsionen, die sie im schwarzen Netzoutfit bei
düsterer Lichtstimmung präsentiert. Zu Sias „Chandelier“ zeigen die
Showgirls ihre modernste Choreographie. Trotz aller expressionistischen
Bewegungen bleibt die klassische wie hochklassige Tanzausbildung
jederzeit erkennbar. Tanz und Akrobatik vereinen Alex und Indra bei
ihrer Adagio-Nummer. Sie bringt nochmal verruchte Stimmung auf die
Bühne. Richtig glamourös wird es dagegen im Finale, mit dem
Ballett in Federboa-Outfits, dem temporeichen Song „Midnight Only“ und
dem gesamten Ensemble. |