Markus Schimpp
gibt den Drehbuchautor – im Opening spielt er am Klavier „Mister Sandman“,
singt dazu und erzählt, wie in dem geplanten Film aus seinen Visionen
Realität werden soll. Und wenig später davon, wie so manche Romanze am
Set nur bis wenige Tage nach dem letzten Drehtag hält. Schimpp ist ein
klassischer Conférencier, der sein Programm speziell für das
Hollywood-Thema adaptiert hat und sich so perfekt in das Showkonzept
einfügt. Nicht nur hierfür wurde bemerkenswerter Aufwand betrieben,
sondern auch für das Bühnenbild mit großer, zweiflügeliger Showtreppe,
die Werner Fritzsche nach den Vorstellungen von Regisseur Ralph Sun
gebaut hat. Auf dieser verfolgt das Ensemble aufmerksam das Treiben.
  
Fanny
di Favola, Oleksandra Leuta, Vegas Showgirls
Oleksandra Leuta
umkreist in ihrer Darbietung kraftvoll die Polestange, begleitet von
Jazzmusik. Dafür erntet sie großen Applaus. Gemeinsam tanzt das ganze
Ensemble auf der Bühne, bis schließlich die Frage aufkommt, wo denn die
Diva sei – auch sie wird noch vermisst. Doch im Gegensatz zum
ausbleibenden Regisseur können wir sie gleich entdecken, in ihrer
Garderobe mit Kosmetiktisch und Spiegel, die am rechten Bühnenrand
erscheint. Eigentlich hätte Jonathan Finch-Brown diese Diva spielen
sollen, doch der Künstler steht verletzungsbedingt noch nicht zur
Verfügung. So wurde die Stuttgarter Burlesque-Tänzerin Fanny di Favola
als Vertretung gewonnen, und sie überzeugt dabei vollauf. Aus ihrem
mondänen Glitzerkleid entblättert sie sich kunstvoll bis auf knappste
Unterwäsche. Als große Film-Diva gibt sie dem Burlesque-Thema nochmal
eine ganz andere Note als bei den Performances dieser Art, die in den
letzten Friedrichsbau-Shows zu sehen waren. Um das ewige Thema der Liebe
dreht sich auch Markus Schimpps freches Lied, in dem er schlüpfrig
beschreibt, wie er die Frauen „in allen Variationen liebt“. Und sie
dabei alle ganz pauschal „Schatz“ nennt, um nicht mit
Namensverwechslungen in Fettnäpfchen zu treten. Ganz bezaubernd und
sympathisch begleiten uns die fünf Tänzerinnen der Vegas Showgirls durch
den Abend, zunächst mit einer Choreographie mit Stepptanz-Elementen zum
Song „Just Dance“. In diesem Auftritt tragen alle Tänzerinnen
unterschiedliche, aber durchweg kokette Kostüme und überraschen mit
sorgfältig aufeinander abgestimmten Soloparts.
  
Vitzo und Lui Nereus,
Marta Paley
Ein sehr selten
gezeigtes Genre bringt Vitzo Nereus bei ihren Glasbalancen auf die
Bühne. Gleich zu Beginn gelingt es ihr, das Tuch zwischen Mundstab und
darauf balanciertem Glas herauszuziehen. Später dreht sie sich einmal um
die eigene Achse, während sie einen Turm aus vier Gläsern auf dem Stab
balanciert. Und zum Schlusstrick platziert sie eine Flasche auf einem
Luftballon, lässt diesen platzen und die Flasche auf den Mundstab
fallen, ohne dass das Gefäß zu Boden geht. Auch wenn der große Regisseur
weiter auf sich warten lässt, dreht das Filmteam schon mal die „große
Szene unter der Laterne“. Hierbei präsentiert Lui Nereus ein weiteres
klassisches wie rares Genre, die Balancen auf einem schwankenden Mast.
Dieser ist hier als Straßenlaterne gestaltet, in die er letztlich die
fehlende Glühbirne eindreht. Zuvor jedoch gerät er in der turbulenten
Trickfolge unter die Laternenfüße und lässt so keinen Zweifel daran,
dass das Requisit bei falschen Bewegungen umzustürzen droht. Dennoch
wagt der Herr im besten Alter obendrauf Kopfstand, freien Stand und
Handstandwaage, verliert die Hose und baumelt schließlich an sich
selbständig machenden Hosenträgern. Das kommt bei den Premierengästen super an.
Beim Dreh für „die große Revueszene“ wird auch das Publikum einbezogen,
das bei Markus Schimpps Gesang mit einem „Yeah“ unterstützen soll – im
Zuge der Geschlechter-Gleichberechtigung von den Damen entschlossen-tief
gesprochen und von den Herren bitte „schüchtern, aber doch willig“
intoniert. Die Tanz- und Kostümprobe des Balletts mündet dann doch noch
in eine perfekt ausgeführte Choreographie in Showgirl-Kostümen. „I’m a
simply juggling girl“ – der Begleitsong bei den Jonglagen von Marta
Paley strahlt Understatement aus. Dabei ist ihr Können doch famos, wenn
sie zuerst mit zwei kleinen Bällen und einem Luftballon, dann mit
Zigarrenkisten jongliert – letzteres in einer eindrucksvollen
Kombination mit Spitzentanz.
  
Thula Moon,
Vegas Showgirls, Andrii Fidyk
Nach der Pause
zelebriert Thula Moon zu dramatischer Musik eine aufregende,
sinnlich-erotische Kontorsionsnummer – in einer Badewanne, auf deren
Rändern und auf dem Bühnenboden davor, allerdings als „Trockenübung“
ohne Einsatz von Wasser. Am Ende verschwindet sie voll und ganz in der
Wanne. Der Tanz des Balletts in mondänen, goldfarbenen Kostümen leitet
über zu Andrii Fidyks Balancen auf der Rola Rola. Die Musikbegleitung im
Tangorhythmus gibt diesen ihre außergewöhnliche Prägung. Mit einem
beherzten Rückwärtssalto vom Piedestal auf die Bühne verabschiedet er
sich. In amüsanter Weise lässt uns Markus Schimpp bei seinem nächsten
Lied wissen, worauf er denn alles keine Lust hat. Konversation mit
seiner Frau gehört ebenso dazu wie arbeiten, Steuern zahlen und krank
sein. Und auch wenn eines Tages der Tod zu ihm kommt, schickt er ihn
einfach weg, denn er hat ja keine Lust darauf! Am Telefon erfährt er,
der Drehbuchautor, dass der Regisseur nun definitiv nicht ans Filmset
kommen wird, er hatte einen Unfall. Das Ensemble quittiert es mit Jubel
und tanzt ausgelassen in Partystimmung.
  
Marta Paley, Vegas
Showgirls, Ben Finch-Brown
Für frivole
Stimmung ist weiterhin gesorgt, wenn die beiden großen Brüste in Marta
Paleys Kostüm sich als Jonglierkugeln entpuppen – und sich am Ende der
Darbietung drei dieser vollen „Brüste“ in ihrem schwarzen Büstenhalter
finden. Mindestens genauso gewagt geht es weiter, wenn Markus Schimpp in
Damenunterwäsche zu einer Party gehen will und über den „Sex-Appeal“
singt. Und die erotische Stimmung setzt sich fort bei Fanny di Favolas
zweiter Burlesque-Performance, in der sie eine fast endlos lange Stola
in unerhört lasziver Weise einsetzt. Keck und glamourös bezirzen uns die
Vegas Showgirls zunächst in eleganten weißen Kapitäns-Anzügen, um diese
bald abzulegen und in knappen, glitzernden Matrosinnen-Outfits über die
Bühne zu wirbeln. Aufgrund der genannten Verletzung seines Ehemannes
Jonathan arbeitet Ben Finch-Brown bei der Schlussnummer im Solo statt zu
zweit. Am Luftnetz folgen auf ruhige Posen dynamische Parts, Genickhang
und ein Kreisel kopfüber.

Vegas Showgirls
In seinem letzten
großen Auftritt zieht das Ballett auf den Flügeln der Showtreppe in
einer weiteren Choreographie von Camilla Keutel und Debbie Paul nochmals
alle Register. Der Auftritt in edlen Kostümen mit opulentem
Federschmuck, glitzernden Pailletten und exquisiten Kopfbedeckungen bringt
den Glanz einer großen Revue in den Friedrichsbau. Diese Szene leitet
direkt über ins große Finale mit dem gesamten, 14-köpfigen Ensemble. Das
Premierenpublikum nimmt die Vorstellung begeistert und mit lange
anhaltendem Applaus auf. |