Ralph Sun,
Hausregisseur im Stuttgarter Friedrichsbau, hat in den vergangenen
Jahren nicht nur einmal Shows in Szene gesetzt, die ganz auf Komiker
verzichteten. Seine neueste Kreation „Clowns – Die Show“ hingegen widmet
sich vollständig dem Humor, in leiseren und lauteren Tönen. Alle Nummern
sind clownesker Natur oder haben zumindest eine komische Note. Eine
durchgehende Handlung gibt es diesmal nicht, und so bleibt auch das
wandelbare Bühnenbild abstrakt.
  
KGB Clowns, I
Baccala
Im Mittelpunkt der
Show stehen die KGB-Clowns aus Russland, die auch das Plakatmotiv bilden
und in vielen bekannten Varietés gearbeitet haben. Der große Kräftige
und sein etwas kleinerer Partner, die optisch noch am ehesten dem
klassischen Clowns-Bild nachkommen, zeigen in ihren Auftritten eine
Vielzahl von originellen und eigenständigen Ideen. Da wäre zum Beispiel
die Szene um eine (lebende) Statue, die wechselweise vor dem Umkippen
bewahrt oder in verschiedener Weise malträtiert wird. Fast immer spielt
bei den KGB-Clowns Musik eine Rolle, gesprochen wird dagegen (fast) gar
nicht – beim komischen Musizieren auf Balalaika und Mini-Akkordeon, bei
einer Szene um ein Musizier-Verbot, bei einer Tennisschläger-Jonglage im
Flamenco-Rhythmus, die auch artistisches Können offenbart, und bei der
abschließenden „lebenden Musikbox“, die direkt ins umjubelte Finale mit
mehreren Vorhängen überleitet. Bestens bekannt, unter anderem von
Sarrasani, Manege-Renz, Fliegenpilz und dem Schweizer Monti, ist das
italienisch-schweizerische Clownsduo „I Baccala“. All ihre Klassiker
sind in der Show zu sehen: Sie jonglieren mit Äpfeln, gehen mit der
sperrigen Leiter durchs Publikum, zeigen Akrobatik zu zweit und auch auf
den Schultern eines Zuschauers, und sie erklimmen natürlich in
unnachahmlicher und völlig zu Recht bejubelter Weise das Trapez. Die
akrobatischen Eskapaden bieten ihnen immer wieder viel Gelegenheit, sich
mit dem völlig übersteigerten Daumendrücken, das zu ihrem Markenzeichen
geworden ist, gegenseitig anzufeuern. Das artistische Element in ihren
Auftritten – mit durchaus feinen Leistungen – leistet einen wichtigen
Betrag dazu, dass die Clowns-Show trotz der Konzentration aufs Humoreske
stets abwechslungsreich bleibt.
 
Diane Dugard, Duo Unwucht
Körper-Komik ist
insbesondere auch das Metier des deutschen Duos Unwucht, bei dem die
figürlichen Unterschiede den Namen zum Programm werden lassen. Doch auch
diese Partnerakrobatik mit Augenzwinkern enthält anspruchsvolle Tricks,
u.a. den Kopfstand auf den Füßen des Partners und Wurftricks im
Ikarier-Stil. In ihrem zweiten Auftritt wird eine Klappbox „nur“ durch
Meditation zusammengefaltet. Für die große Überraschung in dieser Show
sorgt die Französin Diane Dugard mit ihren Hühnern – zum ersten Mal,
seit wir über die Friedrichsbau-Shows berichten, sind hier Tiere auf der
Bühne zu sehen. Mit durchschlagendem Erfolg, denn das liebe Federvieh
sorgt für angeregte Pausengespräche und entwickelt sich zu
Publikumslieblingen der besonderen Art. In einem ersten Auftritt werden
die Hühner mit kleinen Futtergaben dazu verlockt, die Vorführerin zu
überqueren, während diese einen Purzelbaum schlägt oder einen Handstand
drückt; durch Futterpicken bedienen die Hühner ein Glockenspiel. Später
treten Dugard und ein Huhn am Doppeltrapez auf – beide mit schwarzem
Federkleid am Körper und weißen Federn am Kopf. Dugard zeigt diverse
Posen, ihr tierischer Partner sitzt ungerührt auf ihrem Kopf oder ihren
Beinen. Nach der Pause wäscht Dugard ein schwarzes Huhn in der
Waschmaschine erst „grau“ und dann „weiß“. Und schließlich wird Dugard
selbst zum Huhn und zeigt im entsprechenden Outfit mit gewaltigen
Hühnerfüßen, Federkleid und rotem Kamm eine Handstandarbeit.
  
Donimo, Mascha,
Paul del Bene
Donimo aus England
erinnert, schon rein optisch, an die Komiker der Stummfilmzeit, von
Buster Keaton bis Stan Laurel. Bodenjonglage und Schwertschlucken, diese
anspruchsvollen Disziplinen setzt er nach einem Blick ins Handbuch
„spontan und ungeprobt“ um und kämpft später – via eigenem Mantel auf
dem Kleiderständer – in zwei Rollen gegen sich selbst. Die meisten
Künstler im Programm kommen ohne oder mit nur wenigen Worten aus. Ganz
anders gestrickt ist da Mascha, die neue „Hilfskellnerin“ im
Friedrichsbau. Schon vor der Vorstellung mischt die wohlproportionierte,
temperamentvolle und kontaktfreudige Russin mit hinreißendem Akzent das
Publikum auf, eröffnet später das Programm, zeigt auch eine komische
Zauberei. Paul del Bene bewegt sich ebenso schon vor der Show als
komischer Kellner durchs Publikum, ist auf der Bühne mit haarsträubenden
Illusionen zu sehen (Ringverkettung, zerschnittene Zeitung), macht Musik
mit Hindernissen und kämpft später – einer der großen Lachschlager des
Abends, der die Stimmung Richtung Finale zum Kochen bringt – gegen die
Tücken des Objekts, wenn er als großer Dirigent an seinen „Musikern“ aus
dem Publikum verzweifelt. |