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Gregor Glanz - "Cirque du Vegas"
www.gregorglanz.de - 96 Showfotos

Stuttgart, 5. Juli 2019: Es war schon auf den ersten Blick eine Zusammenarbeit, von der beide Seiten profitierten: Das Friedrichsbau-Varieté Stuttgart vermietete seine Räume und konnte dem Publikum im Sommer eine attraktive, große Show anbieten. Und der österreichische Sänger und Entertainer Gregor Glanz fand hier eine bekannte Bühne im süddeutschen Raum. Den geeigneten Ort, um sein Programm „Cirque du Vegas“ zu präsentieren. Eine Produktion, die 190 Mal im Apollo-Varieté Düsseldorf gespielt wurde. Jetzt wird sie in einer neuen Tournee-Fassung gezeigt.

Mit dieser großen Varietéproduktion über verschiedene Bühnen zu tingeln, das ist sicher kein Projekt, um schnell reich zu werden. Doch kaum erscheint der 40-jährige Gregor Glanz im Scheinwerferlicht, wird klar: Seine Motive sind wohl andere. Er liebt und er lebt den großen Auftritt. In der Rolle des klassischen Entertainers geht er total auf. Glanz ist eine Rampensau. Dass seine Plattenproduktionen Misserfolge waren, ficht ihn nicht an. Er sang als Kind vor den Gästen in der elterlichen Pension. Als Jugendlicher in einer Rockband. Als junger Mann gab er auf Mallorca und auf Kreuzfahrtschiffen den Partysänger Bernie Bennings.


Gregor Glanz, Ballett 

Unter dem aktuellen Künstlernamen wagte er einen Neustart. Und schlüpft nun in die Rollen von Frank Sinatra, Tom Jones, Louis Armstrong, Joe Cocker und Elvis Presley. Quer durch Swing und Pop, Rock und Blues, Jazz und Rockabilly beweist er großartige Wandelbarkeit, trifft in erstaunlicher Weise die Stimmfarbe der jeweils imitierten Künstler. Und deren Gestik auch. Das passt trefflich in eine Show, die sich Las Vegas widmet. Ja, der Clown Mr. PopPipe reist zum Auftakt im Flugzeug nach Las Vegas und pfeift dabei auf die üblichen Sicherheitsanweisungen. Ja, wir sehen dann stimmungsvolle Videobilder von einer Autofahrt zur Stadt. Und schließlich eine Kulisse, die viel zu gucken bietet: mit Skyline der City, mit lebensgroßen, weißen Plüsch-Tigern und überdimensionalen Spielkarten, mit Cadillac und künstlichen Palmen. Auch die Showtreppe darf nicht fehlen. Aber eine Handlung gibt es nicht. „Cirque du Vegas“ ist ein reines Nummernprogramm mit Leitmotiv. Es treten schlicht und einfach Künstler auf, die sich gut ins Klischeebild traditioneller Las-Vegas-Unterhaltung fügen. Ein enorm hübsches Showballett in tollen Kostümen natürlich, ein Großillusionist und ein Quickchange-Duo zum Beispiel. Das Ergebnis ist ein mitreißender Abend, der Spaß macht und voll auf massentaugliche, beschwingte Unterhaltung setzt.

 
Daniel Craven mit Assistentin, Philippa Speigt, Lichtbilder von Volker Maria Maier

Gregor Glanz empfängt uns inmitten seiner vier Revuegirls als Tom Jones im Glitzersakko. Auf „She’s a Lady“ und „Help yourself“ folgt „Delilah“. Und er fordert auch gleich zum Mitschunkeln auf. Während Friedrichsbau-Hausregisseur Ralph Sun manchmal wohl lieber am Burgtheater inszenieren würde, schreckt Gregor Glanz vor Bierzeltstimmung nicht zurück. Er verspricht, Las Vegas nach Stuttgart zu holen. Und kündigt gleich die erste artistische Nummer an. Die Engländerin Philippa Speigt, zugleich eine der Tänzerinnen in der Produktion, zeigt an einem Metallwürfel Luftakrobatik mit verschiedenen Halteposen. Ein Wirbel, kopfüber in einer Schlaufe, bildet den Abschluss. Volker Maria Maier jongliert mit einem Leuchtstab im Dunkeln sowie mit Devil Sticks. Effektvoll ist besonders der Abschluss. Hier lässt er zwei LED-Stäbe wirbeln, mit denen Bilder aus Licht kreiert werden können. Motive aus den James-Bond-Filmen, aber auch das Logo der Show und das Wappen der Landeshauptstadt erscheinen in der Dunkelheit. Mit „Rolling on the River“, wiederum inmitten knapp bekleideter Tänzerinnen, zeigt uns Gregor Glanz, dass er auch Tina Turner drauf hat. Fürs Staunen lassen ist dann wieder Magier Daniel Craven zuständig. Blitzschnell und verblüffend wechseln er, scheinbar an ein Gitter gekettet, und seine Assistentin die Plätze. Ruhiger, poetischer geht es bei der anschließenden Geschichte um ein schwebendes Tischchen zu.


Max Loos, Tänzerin, Oksana und Vadym
 

Mit Joe Cockers „You can leave your hat on" wird übergeleitet zur Pole-Akrobatik von Max Loos, einem Absolventen der Berliner Artistenschule. Mit Salto, Abfallern und blitzschnellem Abgang kopfüber beeindruckt er im Rock’n’Roll-Rhythmus. Zu Recht ist dies die Pausennummer. In die Unterbrechung leitet uns Gregor Glanz mit Reibeisenstimme à la Louis Armstrong, den zweiten Programmteil startet er als Frank Sinatra. Zu „News York, New York“ darf auch wieder geschunkelt werden, das Ballett tanzt dazu im üppigen Federschmuck. Ein Wiedersehen gibt es mit Volker Maria Mohr, der ein weiteres Mal Lichtspiele in die Dunkelheit zaubert – nun in Gestalt einer Lasershow. Zu den schönsten Quickchange-Nummern unserer Zeit gehört die von Oksana und Vadym. Sie profitiert besonders vom hohen tänzerischen Können des sympathischen Paares. Eine Musicbox dient als „Express-Umkleidekabine“, im Goldregen aus Flitter wechselt die Artistin direkt am Bühnenrand ihr Kleid. Noch einmal verzaubert uns Daniel Craven – zunächst mit einem poetisch erzählten Trick, bei dem die Dame auf seinem Erinnerungsfoto plötzlich in der Realität erscheint, auf einem zuvor leeren Sessel. Dann geht es rasant weiter, wenn seine Mistreiterin in einer Kiste scheinbar von Schwertern durchbohrt wird.


Mr. PopPipe mit Zuschauer, Marco Noury 

Ein amüsanter Begleiter durch den Abend ist Clown Mr. PopPipe. Er segelt im via Regenschirm oder durch Blähungen angetriebenen Boot über die Bühne, um Las Vegas zu suchen. In seinem ausführlichsten Auftritt spielt er eine vergnügliche Messerwerfer-Szene mit einer Dame und einem Herren aus dem Publikum. Artistische Schlussnummer ist der Strapaten-Act von Marco Noury. Zu „Big Spender“ leitet er sie mit einem großen Auftritt inmitten des Balletts ein. Kraftvoll gearbeitete Tricks auf der einen Seite, das paillettengeschmückte Glitzerkostüm und androgyne Ausstrahlung auf deren anderen bilden einen außergewöhnlichen Kontrast. Offensiv sucht er den Kontakt zum Publikum. Und reichlich offensiv agiert auch Gregor Glanz in seiner Paraderolle als Elvis Presley. „Suspicious Mind“, „Blue Suede Shoes“, „Can’t help falling in Love“ und eben „Viva Las Vegas“, der Titelsong der Show werden von ihm zelebriert, im Elvis-Kostüm und Küsschen im Publikum verteilend. Die Stimmung in dieser Vorstellung wird nicht nur von den Akteuren auf der Bühne angeheizt, sondern auch von Kollegen und Freunden des Ensembles, die als Zuschauer zu Gast sind. Und es dabei fast übertreiben. Jedoch sind sie am Ende beileibe nicht die einzigen, die ausgelassen zwischen den Tischen tanzen und stehend applaudieren.

Sicher, in den Eigenproduktionen des Friedrichsbau-Varietés legen Regisseur Ralph Sun und das übrige kreative Team Wert auf geschliffenere Übergänge zwischen den Darbietungen, auf tiefgründiger umgesetzte Show-Mottos, auf hochwertigere Bühnenbilder als dies in der Produktion von Gregor Glanz der Fall ist. Aber ein bisschen mehr unbeschwert-leichte Unterhaltung, mehr zum Lachen als zum Nachdenken, würde man sich hier öfter wünschen. Somit war dieses Gastspiel im Friedrichsbau nicht nur eines, von dem Vermieter und Mieter profitierten. Es war auch Gelegenheit für beide Seiten, übers eigene Produkt zu reflektieren und voneinander zu lernen.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll