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Essen, 8. September 2010: „Streetstyle“ ist so etwas wie der
Schlüsselbegriff, wenn man vom neuen, trendigen Varieté spricht.
Beatboxer, BMX-Fahrer und Breakdancer – sie alle sind längst auf den
Show-Bühnen zu Hause und schaffen es auch wieder junges Publikum zu
locken und zu begeistern. Und noch mehr: es scheint geradezu, dass
sich so manche junge Artisten gar zu richtigen Akrobatik-„Popstars“
ihrer Generation entwickeln. Auch das GOP springt mit seiner aktuellen
Produktion „beatZ“ nun auf diesen Zug auf.
Ohne Moderator
auskommend, ist Beatboxer Robert Wolf (alias Robeat) das prägende
Gesicht der Show. |
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Bekannt geworden in der
RTL-Sendung „Das Supertalent“ verblüfft der junge Künstler mit all den
unterschiedlichen Töne, die er mit seinem Mund produziert. Besonders
grandios wird es, wenn er mehrere Töne mischt, sein eigenes Echo erzeugt
oder ganze Melodien (etwa Tetris) in verschiedenen Stilrichtungen
interpretiert. Ein richtiger Typ ist Kai
Eikermann. Quasi als „Running Gag“ tritt der 47jährige, dem eine gewisse
Ähnlichkeit mit Mr. Propper nicht abzusprechen ist, mit seiner „physical
comedy“ immer wieder zwischen den einzelnen Darbietungen auf, musiziert
so zum Beispiel auf Staubsauger-Röhren und harmoniert kongenial mit
Robeat.
  
ThreeStyle,
Justine Méthé-Crozat und
Philippe Renaud, Kai Eikermann
Mit ihrer Hand-auf-Hand-Darbietung bilden Justine Méthé-Crozat
und Philippe Renaud den eindeutigen artistischen Höhepunkt. Voller
Dynamik, dennoch sinnlich und wunderschön - mit ihrer leistungsstarken
Arbeit gehörten die beiden Kanadier völlig zu Recht zu den Preisträgern
des Cirque de Demain in Paris. Begeistern kann auch die Berliner
Formation „Tanz030“. Mit ihren Pirouetten und Drehungen sorgen die
preisgekrönten Breakdancer für ausgelassene Stimmung. Von den beiden
hätte man gerne noch mehr gesehen. Perfekt in das Bild einer Metropole
passt die Strapaten-Arbeit von Martin Schepers. |

Martin Schepers |
In seiner Rolle als „Herr
Benedict“ überzeugt er mit weiträumigen Flügen ebenso wie mit
kraftstrotzenden Verwicklungen. 2009 war der Absolvent der Berliner
Artistenschule im Übrigen mit dem Circus Monti in der Schweiz unterwegs.
Ebenfalls auf Circus-Erfahrung verweisen kann BMX-Fahrer Rob Alton, war
er doch mit Flic Flac auf Tournee. Auch auf der Varieté-Bühne zeigt er
auf seinem Rad diverse Stunts und Drehungen, zuweilen nur auf dem
Hinterrad stehend. Aber: irgendwie kann die Nummer des ehemaligen
Weltmeisters nicht von den Sitzen reißen. Aus der Ukraine stammt das
weibliche Akrobatik-Trio „ThreeStyle“ mit einer Mischung aus
Hand-auf-Hand-Arbeit und Kontorsion. In ihrer Trickstärke erreicht die
erst 2008 entstandene Darbietung ohne Probleme das Niveau ähnlicher
Darbietungen, in Sachen Musikbegleitung setzen die drei Akteurinnen
allerdings auf einen temporeichen, zuweilen aber hämmernden Disco-Sound.
In seinem zweiten Auftritt ist Philippe Renaud mit einer Darbietung auf
bzw. am Cyr-Rad zu sehen, welches er sicher und routiniert beherrscht.
Mit zwei Gesangsauftritten rundet Jessika Bierek das Programm ab. Die
ausgebildete Musicaldarstellerin intoniert so „Einen Koffer in Berlin“,
mit dem Marlene Dietrich und Hildegard Knef einst auf der Bühne standen.
Überzeugen kann „beatZ“ vor allem auch mit den kleinen Momenten
zwischendurch. Immer wieder lassen sich – sei es durch die Musikauswahl,
sei es durch auf die Bühne projizierte Bilder oder durch Nachbildung des
Brandenburger Tores – Assoziationen zur Hauptstadt Berlin bilden, welche
so als eine Art roter Faden der Produktion dient. |
Herrlich auch die Persiflage des gesamten Ensembles auf die Berliner
Fashion Week, zugleich gekonnte Überleitung zu den Damen des Trio „ThreeStyle“.
Auch in den gemeinsamen Tanz- und Rap-Szenen weiß die Truppe zu
gefallen. „beatZ“ ist anders. Das war die Vorgabe der Macher des
GOP-Varieté-Theaters an die neue Produktion, die im Anschluss (ab
November) auch in München zu sehen sein wird. Und das Ergebnis? Die
aktuelle Produktion zeigt, dass der Sprung auf den Zug geglückt ist,
öffnet die Bühne für neue Darbietungen, präsentiert zugleich unter
anderem mit Justine und Philippe aber auch hochkarätige, klassische
Nummern in einer modernen, zeitgemäßen Verpackung. „beatZ“ ist anders –
aber nicht so ganz. Zum Glück! |
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Text: Benedikt Ricken; Fotos: GOP
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