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Düsseldorf, 21. Januar 2023: Der Name der Show verrät schon so
gut wie alles. In der ersten Produktion 2023 von Roncalli's
Apollo Varieté erleben wir eine Circusvorstellung, musikalisch
begleitet durch Rock and Roll der 60er und 70er Jahre. „Rock and
Roll Circus“ lautet mithin der Titel. Die Inspiration stammt von
einem TV-Special, das die Rolling Stones im Dezember 1968 für
die BBC aufgezeichnet haben. Darin kombinierten sie eben Circus
und Rockmusik. Das Bühnenbild nimmt uns mit in die Welt der
Manege. Im Zentrum steht ein nostalgischer Artisteneingang von
Roncalli, links und rechts davon Verstärker. Auf dem Podium
davor, dessen Abschluss mehrere Elemente einer Piste bilden, hat
die Band ihren Platz. |
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Denn in dieser
Produktion gibt es wieder Livemusik. Sänger Max Buskohl gibt den
Circusdirektor mit rotem Frack und schwarzem Zylinder. Die vier
Instrumentalisten spielen in Livrees. Dazu gehört Adrian Paul, der auch
die Regie der Show übernommen hat. Zumeist gibt die Formation volle
Power und überzeugt mit druckvollem Rock. Einen schönen Kontrast bildet
die Begleitung einzelner Darbietungen als Acoustic Set.

Blick ins
Finale
Und natürlich ist
das Apollo Ballett wieder mit von der Partie. Die vier Tänzerinnen
sorgen mit ihren Choreographien in hinreißenden Kostümen dafür, dass
der Abend ohne Pausen abläuft. Aber das Quartett ist viel mehr als nur
die Ablenkung von den Umbauten. Die Auftritte sind immer wieder ein
Genuss und somit eigenständige Bestandteile der Inszenierung. Gewohnt
exzellent ist das Lichtdesign.
  
Eddy Neumann,
Elan Espana, Noemi Lee Espana
Zunächst bekommen
wir einen Einblick in das Leben hinter den Kulissen. Auf der Seitenbühne
steht der nostalgische Wohnwagen der Clowns. Dort genießt Eddy Neumann
noch schnell eine Tasse Kaffee. Der zweite Spaßmacher heißt Enrique
Aguilera Ortega oder kurz einfach Kike. Er steht bereits mit der
Flüstertüte auf der Bühne, um die Vorstellung zu eröffnen. Dieses
Opening beginnt mit dem Einzug der Artisten. Es wird ein schwungvolles
Charivari, zu dem natürlich auch Band und Ballett gehören. Elan Espana
greift diese Dynamik auf, wenn er seine Diabolos jongliert. Immer mehr
davon hält er in abgefahrenen Touren in Bewegung. Am Ende schickt er
vier Diabolos gleichzeitig auf die Reise durch die Luft. Bobos Bros
nennen sich Eddy und Kike im Duo. Im glitzernden Frack wird zunächst
getanzt, dann übertreffen sich die beiden in Tricks mit Hühnereiern.
Während Kike ein Ei auf seinem Stock herunterkullern lassen kann,
balanciert Eddy gleich mehrere Lagen gefüllter Eierkartons auf einem
Stab, der wiederum auf seiner Stirn ruht. Nach einem Intermezzo der
Tänzerinnen in schwarz-weiß wird es stimmungsvoll. Kronleuchter
erstrahlen und die Band hat auf der Piste Platz genommen, um mit
akustischen Instrumenten und Gesang Noemi Lee Espana zu begleiten. Im
Zentrum des Geschehens zelebriert sie ihre Equilibristik-Kür. Sie
demonstriert dabei Kraft, Gleichgewichtssinn und die enorme Biegsamkeit
ihres Körpers. Der mit den Füßen ausgelöste Bogenschuss bildet den
Abschluss.
 
Angelo Laner
und Partnerin, Karpovitch Brothers
Eine herrliche,
aber viel zu selten gezeigte Clownsnummer haben Eddy und Kike mit nach
Düsseldorf gebracht, das Spiegel-Entree. Mit dem synchronen Spiel muss
der eine den anderen darüber hinwegtäuschen, dass das Glas zu Bruch
gegangen ist. Klar, dass hier nicht alles reibungslos läuft und somit
die Szene zu
einem großen Spaß für das Publikum wird. Noch wichtiger ist die
Präzision beim nächsten Auftritt, wobei auch dieser komisch aufgezogen
ist. Angelo Laner und seine Partnerin haben sich für ihren Act als
Messerwerfer mit originellen Kostümen sowie Frisuren skurril
zurechtgemacht. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass Profis am
Werk sind. Angelo Laner ist Artist in der fünften Generation und
beherrscht sein Handwerk. Präzise setzt er die Messer neben seine
Partnerin, auch wenn diese auf einer rotierenden Scheibe angeschnallt
ist. Zudem kommen Speere zum Einsatz. Für einen kurzen Moment geht es
auf die Seitenbühne, wo Kike auf der singenden Säge musiziert. Danach
wieder volle Power auf der großen Spielfläche. Die Karpovich Brothers
katapultieren sich auf dem Schleuderbrett gegenseitig in die Höhe. Am
jeweils höchsten Punkt begeistern sie mit spektakulären Sprüngen. Die
Mitglieder des Balletts haben den Auftakt zu dieser Nummer gemacht und
feuern das Bruder-Duo auch während dessen Flügen an. Mit einer witzigen
Einlage von Kike geht es in die Pause.
  
Marcos Ponce
Lopez, Alla und Kateryna, Messoudi Brothers
Wie im Circus
klassischerweise üblich, kommt zu Beginn des zweiten Teils die
Raubtiernummer. Max Buskohl übernimmt hier die Vorführung von vier
prächtigen Mähnenlöwen. So wild sie sich auch geben, ein Zentralkäfig
ist nicht notwendig, werden die Wildkatzen doch vom Ballett verkörpert.
Mit eindrucksvollen Haltefiguren und eleganten Touren herauf sowie
hinunter verblüfft Marcos Ponce Lopez am Chinese Pole. Und so ganz
nebenbei hat der smarte Spanier noch Zeit, mit dem Publikum zu flirten.
Komplett in luftiger Höhe zeigen Alla Chebanova und Kateryna Lunhu ihre
Darbietung. Dafür hängen zwei Trapeze nebeneinander. Diese eher
ungewöhnliche Anordnung ermöglich ungewöhnliche Tricks. Und genau damit
verwöhnt uns das Duo aus der Ukraine. Als musikalische Begleitung gibt
es „Hotel California“ als Acoustic Set. Aus der Sensationsnummer der
lebenden Kanonenkugel wird leider nichts. Kike müht sich vergebens,
seinen Clownspartner Eddy in das Requisit zu schieben. Dafür sind der
Kanone Kringel aus Rauch zu entlocken, mit denen sich herrlich spielen
lässt. Hat er zu Beginn noch mit Diabolos gewirbelt, dreht sich Elan
Espana nun im Roue Cyr über die Bühne. Ausdrucksstark arbeitet er in
weiten Schwüngen seine Tricks. Nach einer weiteren großen Performance
von Tänzerinnen und Musikern gehört die Schlussnummer eigentlich dem
Trio 3 G, welches an diesem Wochenende aber von den Messoudi Brothers
ersetzt wird. Ohne Tisch zeigen die Modellathleten einen Ausschnitt
ihres Repertoires. So erleben wir starke Handstandakrobatik. Definitiv
stark ist ebenfalls das Finale. Schon die Kostüme des Balletts mit
Circusmotiven sind genial. Alle Mitwirkenden sind mit vollem Einsatz
dabei, die Mitglieder der Band bekommen ihre Soli, es wird ausgelassen
gefeiert, Rock'n'Roll-Style natürlich. Für die allerletzten, wiederum
sehr ruhigen Töne, sorgt Eddy Neumann, wenn er sich im Nachthemd in den
Wohnwagen zurückzieht. |