CHPITEAU.DE

Traumwerk - Ausstellung "Alles Zirkus"
www.traumwerk.de - 38 Fotos

Anger, 9. Oktober 2022: In die weite Welt des Circus entführt aktuell das Privatmuseum Hans-Peter Porsche Traumwerk im bayerischen Landkreis Berchtesgadener Land, etwa 20 Kilometer von Salzburg entfernt. Zusätzlich zur regulären Ausstellung mit historischem Blechspielzeug und Modelleisenbahn läuft seit 7. Oktober die Sonderausstellung „Alles Zirkus!“. Neben Stücken aus der hauseigenen Sammlung sind auch etliche Leihgaben zu sehen. Sie kommen unter anderem vom Circus Roncalli, aus dem Circus- und Clownsmuseum Wien und von Christoph Enzinger.

Es ist kein Zufall, dass der Eigentümer dieses Museums Porsche heißt. Tatsächlich handelt es sich bei Hans-Peter Porsche, geboren 1940 in Stuttgart, um einen Enkelsohn von Ferdinand Porsche, dem Gründer des berühmten Sportwagenbauers. Im Jahr 2015 erfüllte der in Salzburg lebende Porsche-Enkel sich den Traum, seine wertvolle Sammlung von historischem Blechspielzeug öffentlich zu präsentieren. Hierfür wurde das Traumwerk am Rande der Ortschaft Aufham in der Gemeinde Anger geschaffen, ein Gebäude mit beeindruckender Architektur: Die Museumsräume gleichen einer liegenden Acht, so dass die barrierefrei an- und absteigenden Ebenen an die klassische Form einer Modellbahn oder einer Autorennstrecke erinnern.


Bezüge zu Circus und Zoo auch in der regulären Sammlung

Wer durch diesen „Museumsparcours“ bummelt, erlebt zunächst den Kernbestand von Hans-Peter Porsches Sammlung. Sie umfasst rund 2100 Blechspielzeuge aus den Jahren 1860 bis 1930. Viele davon sind Raritäten, alle voll funktionsfähig. Manche davon lassen bereits Bezüge zum Thema Circus und auch Zoo erkennen. So entdeckten wir einen Wagen des „Circus Oriental“ während des Bahntransports, eine Darstellung von „Hagenbeck’s Menagerie“ oder einen Zoo mit allerlei exotischen Tieren. Das meiste in diesem Teil der Ausstellung hat natürlich nichts mit Circus zu tun, ließ uns aber dennoch das Herz aufgehen – beispielsweise bei alten Modellbahnanlagen und einem gewaltigen Passagierschiff im Modellformat.


Blechspielzeug, Weißclown-Kostüm, Pellos Kopffüßler

Im letzten Teil des achtförmigen Rundgangs heißt es dann tatsächlich „Alles Zirkus“. Auch hier gibt es historisches Blechspielzeug zu sehen – womit deutlich wird, welchen Stellenwert das Thema in früheren Jahrzehnten in Kinderzimmern hatte. Gezeigt werden auch Kutschen und Wagen, die in Flohzirkussen von den Insekten gezogen wurden. Zahlreiche Exponate hat der Circus Roncalli leihweise zur Verfügung gestellt, beispielsweise Büsten von Grock, Enrico Rastelli und Charlie Rivel, Originalkostüme wie den Kopffüßler von Pello aus der Anfangszeit des Unternehmens oder eine Prunkdecke aus dem Pferde-Umzug zu Beginn des Jubiläumsprogramms „40 Jahre Roncalli“. Anderes haben das Circus- und Clownmuseum Wien und der dort als Kurator engagierte Privatsammler Christoph Enzinger zur Verfügung gestellt. Hierzu gehören ein wertvolles Weißclown-Kostüm oder ehemalige Instrumente des Roncalli-Orchesters.


Blick in einen imaginären Wohnwagen, Thema Tiere im Circus, Vorführung des Making-of-Films

Bewusst ohne historische Genauigkeit, sondern als stimmungsvolle Fantasie ist der Blick in den „Wohnwagen“ einer Artistin vergangener Zeit gestaltet. Ein Making-of-Film zeugt von den umfangreichen Vorbereitungen für die Sonderschau. Darin wird auch gezeigt, wie die Mitarbeitenden des Traumwerks ein Modell des Circus Simoneit-Aron anfertigen, das in der Modellbahnanlage präsentiert wird. An vielen Exponaten gibt es Texttafeln mit Erläuterungen, zudem können mithilfe von QR-Codes weitere Informationen online abgerufen werden. Damit werden in Grundzügen die wesentlichen Entwicklungsschritte des Circus dargestellt, von Astley über die Erfindung des Chapiteaus bis Ringling und mehr. Eine umfassende Darstellung der amerikanischen und europäischen Circusgeschichte kann hier natürlich nicht geleistet werden. Viel wichtiger ist aber, dass sich eine renommierte und gut besuchte Freizeiteinrichtung wie das Hans-Peter Porsche Traumwerk überhaupt dem Circus-Thema widmet und eine breite Öffentlichkeit darauf aufmerksam macht. Der Namensgeber ist selbst "großer Zirkusfan", erfuhren wir auf Nachfrage, und freue sich daher sehr über die Sonderausstellung. Ein echtes Bekenntnis zum klassischen (Wild-)Tiercircus wird man von Porsches Privatmuseum ehrlicherweise trotzdem nicht erwarten dürfen. Und so stören wohl nur wir uns an dieser Interpretation des Themas auf einer der Texttafeln: „Die Zirkusse heutzutage verzichten teilweise gänzlich auf Tiere oder setzen zumindest keine Wildtiere mehr ein, weil wir alle Sensibilität für Tierwohl und artgerechte Haltung entwickelt haben.“ Nun denn – aus unserer Sicht kann Circus ein sehr guter Ort für Tierwohl und artgerechte Haltung auch „wilder“ Tiere sein.


Modellbahnanlage von oben, historischer Spiegeltanzpalast

Wer die „Acht“ durchlaufen hat, ist längst nicht am Ende. Nicht verpassen sollte man den anschließenden Besuch der Modellbahnanlage mit detailgetreuen Landschaftsnachbauten, Städten und Sehenswürdigkeiten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, 180 Modellzügen, 80.000 Bäumen und 8000 Figuren. Museumsshop, Restaurant und Parkanlage mit Abenteuerspielplatz und Parkbahn runden das Angebot ab. Im Hof ist aktuell auch ein historischer Spiegeltanzpalast aus dem Privatbesitz der Familie Porsche zu bewundern, allerdings nur von außen. Der fliegende Bau wurde restauriert, soll nun vom TÜV abgenommen werden und wird Anfang November wieder abgebaut.


Circus Simoneit-Aron auf der Wiese neben dem Traumwerk

Zusätzlich zur Ausstellung präsentierte das Traumwerk auf der Wiese neben dem Museumsgelände vom 8. bis 23. Oktober ein Gastspiel des Circus Simoneit-Aron der Familie Rosalinde Köllner. Die deutsche Familie reist seit längerem in Österreich. Ihr Unternehmen bietet mit seinem blau-weißen Zelt mit Leuchtschriften auf dem Dach, den passend dazu gestalteten Wagen und zwei mit schönen Airbrush-Motiven gestalteten Aufliegern in der Front einen so einladenden Anblick, dass wir über die Namensgebung milde hinweglächeln. Sie lehnt sich nicht nur an einen großen Circusnamen an, sondern auch an den Vornamen des Juniorchefs Aron Köllner. Leider fanden wir keine Zeit mehr zum Besuch der Vorstellung, konnten uns aber immerhin am Anblick einer langen Besucherschlange vor der Kasse kurz vor Showbeginn erfreuen.

Wem dies gefällt, dem gefällt auch das: In diesem Sinne ist die Kombination von Circus-Sonderausstellung mit einer Sammlung von historischem Blechspielzeug und riesiger Modelleisenbahn sicher ein lohnenswertes Ziel für viele Circusfreunde. Bis Mitte September 2023 bleibt die Ausstellung "Alles Zirkus!" geöffnet.

________________________________________________________________________
Text und Fotos: Markus Moll