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Elmar Kretz - "Equus II" 2018
www.elmarkretz.de ; 120 Showfotos

Kempten, 4. November 2018: Mit seiner Pferdeshow „Equus“ hatte Elmar Kretz im Herbst 2017 vom Start weg großen Erfolg. Da lag eine Fortsetzung auf der Hand. Erneut mietete der umtriebige Pferdetrainer und Direktor des Ravensburger Weihnachtscircus jetzt die „BigBox Allgäu“, eine moderne Veranstaltungshalle in der 70.000-Einwohner-Stadt Kempten. Nicht ohne Risiko wurde die Zahl der Vorstellungen von zwei auf vier verdoppelt. Es hat sich offenbar gelohnt. 5000 Besucher wurden nach Kretz‘ Worten an drei Tagen gezählt, 1400 mehr als im ersten Jahr.

Auf „Equus – Artisten und Pferde zwischen Himmel und Erde“ folgte „Equus II – Die Kunst der Pferde und Artisten“. Bemerkenswerter als das, was beibehalten wurde, sind freilich die Änderungen am Konzept. So wurde „Equus“ im Prolog der Erstauflage als Fabelwesen beschrieben, das auf seiner Reise durch Raum und Zeit auf edelste Pferde und wagemutige Artisten treffe. Im weiteren Verlauf der Show spielte dieser Handlungsansatz aber keine Rolle mehr. In diesem Jahr wurde konsequenterweise auf jegliches übergeordnete Thema, jede Rahmenhandlung komplett verzichtet.


Elmar Kretz und ein Teil des Ensembles

Vor allem jedoch hatte Elmar Kretz kein Orchester mehr verpflichtet. Angesichts des enorm hohen Aufwands und der Kosten für eine solch kurze Spielzeit eine gewiss verständliche, aber doch auch bedauerliche Entscheidung. Im Vorjahr konnte man sich noch am herrlichen Spiel von 15 Musikerinnen und Musikern erfreuen. Mit 24 eigens geschriebenen Arrangements sorgten sie damals für den besonders festlichen Glanz der Veranstaltung. Umso mehr, als ihr Arbeitsplatz der frühere Artisteneingang des Schweizer National-Circus Knie war, den Elmar Kretz gerade übernommen hatte. Dieser kam heuer nicht zum Einsatz. Stattdessen prangte über der Sternen-Manege und vor den schwarzen Bühnenvorhängen eine Videoleinwand. Sie zeigte zu den einzelnen Darbietungen thematisch passende Bilder. Stark wie im Vorjahr präsentierten sich das aufwendige Licht und der gute Ton.


Milena Kretz, Vera Munderloh und Stefanie Seebauer, Texas Ollie 

Das eigentliche Programm erschien uns stärker als 2017, außerdem auch – im positiven Sinne – kompakter, straffer im Ablauf. Zum Auftakt zeigen die beiden Reiterinnen Vera Munderloh und Stefanie Seebauer aus dem Team Anja Beran ihre Hohe Schule mit Garrocha, dem traditionellen Stab spanischer Rinderhirten. Bei dieser Disziplin steht zum einen die besondere Wendigkeit des Pferdes im Vordergrund. Zum anderen hat die Reiterin nur eine Hand am Zügel, muss sich also besonders auf die Hilfengebung mit Gewicht und Beinen konzentrieren. Gerne gesehene Gäste in den Produktionen von Elmar Kretz sind die beiden in der Schweiz lebenden Chinesinnen des Duos Yingling. Hier überraschen sie zunächst mit einer Teppichjonglage direkt vor der steil aufragenden Zuschauertribüne. Diese Darbietung kannten wir noch nicht. Mit jeweils einem Auftritt in beiden Programmteilen bringt „Texas-Ollie“ mit seinem „Wunderpferd“ eine Prise Humor ins Programm. Im ersten legt das Pferd sich mit Kissen und Decke schlafen, im zweiten nimmt es einen Schluck „Cola“ aus der Flasche. Leider kommt die Nummer im großen Saal der BigBox nicht so recht „rüber“, jedenfalls nicht in den hinteren Reihen. Mehr und mehr in die Fußstapfen ihres Vaters tritt die zehnjährige Milena Kretz. Sie präsentiert sich als mutige Stehendreiterin. Auf dem Rücken zweier Ponys springt sie so über Cavelleti. Zurück auf festem Boden, lässt sie die kleinen Pferde Slalom laufen und steigen.


Iurie Basiul, Kathrin Roida und Theresa Hennel, Neyenne Frank und Adrian Donnert 

Iurie Basiul verpackt seine Handstände und seine extreme Biegsamkeit in fließende Bewegungen. Diese und die nachfolgenden rein akrobatischen Darbietungen des Programms werden auf Podesten links und rechts der Manege gezeigt. So wird der enorme Raum der Halle gut genutzt und sind keinerlei Umbaupausen zwischen Pferde- und Artistiknummern notwendig. Die doppelte Hohe Schule an der Hand gearbeitet, die Kathrin Roida und Theresa Hennel präsentieren, wird von Sängerin Nicole Ciroth mit einer italienischen Arie begleitet. Sie singt diese inmitten des Publikums auf der Tribünentreppe. Nach dem starken Fokus auf dem Dressurreiten im vergangenen Jahr werden diesmal neue Facetten der equestrischen Künste präsentiert. Dafür stehen zunächst Adrian Donnert und Neyenne Frank mit ihrem exzellenten Pas de Deux zu Pferd. Es gipfelt im freien Stand der Akrobatin auf dem Kopf ihres Partners. Jubel, Pfiffe und der bis dahin stärkste Applaus des Nachmittags sind der Lohn. Für asiatisches Flair sorgt das Duo Yingling. Die beiden Artistinnen jonglieren mit Händen und Füßen jeweils bis zu fünf Schirme. Vier Pferde in unterschiedlichen Fellfarben bringt Elmar Kretz für eine moderne, sanfte, außergewöhnliche Freiheitsdressur in die Manege. Eine Arbeit, bei der er nicht in der Mitte der Manege steht und die Pferde von dort aus dirigiert. Nein, in dieser Variante läuft er mit den Vierbeinern, die ihm aufs Wort folgen. So kommen die Nähe und das Vertrauen zwischen Tier und Trainer in besonderer Weise zum Ausdruck. Beim Schlussapplaus deutet Kretz auf seine Tiere – der Beifall soll ihnen gelten.


Vera Munderloh und Stefanie Seebauer, Neyenne Frank, Anja Beran und Nicole Ciroth 

Teil zwei der Vorstellung eröffnet Anja Beran mit ihrer vorzüglich gerittenen Hohe Schule, begleitet von Tänzerin Nicole Ciroth. Das Pferd mit seiner Reiterin und die Solistin tanzen zur Musik aus „Schwanensee“ gemeinsam durchs Sägemehl, bilden eine Einheit. Hochklassig und elegant zelebriert Neyenne Frank ihre Kautschukarbeit. Als sie, im Handstand balancierend, einen Hut mit den Füßen auf ihren Kopf setzt, ist ihr ein Szenenapplaus sicher. Seine besondere Klasse als Tierlehrer demonstriert Elmar Kretz, wenn er einen seiner Hengste die selten gezeigte Kapriole springen lässt. Und hochklassig ist auch die Doppelte Hohe Schule, bei der Stefanie Seebauer in üblicher Weise und Vera Munderloh im besonders anspruchsvollen Damensattel reitet.


Truppe Donnert, Elmar Kretz, Duo Yingling 

Wunderbare Bilder des traditionellen Circus mit Pferden bringt die Truppe Donnert in die Manege. Bei ihrer Jockeyreiterei beeindrucken besonders die diversen Salti, die auch von Pferd zu Pferd ausgeführt werden. Großen Applaus erntet im Anschluss ebenso das Duo Yingling mit seiner dritten und stärksten Darbietung, der Kombination von Tücher-Antipoden und Partnerakrobatik. Die zweite Hälfte der Vorstellung beschließt wie die erste der Direktor selbst. Elmar Kretz lässt zunächst drei seiner Araberhengste flechten, ehe die Gruppe zum Sechserzug erweitert wird. Er zelebriert eine temperamentvolle Freiheitsdressur, bei der das Publikum zeitweise rhythmisch mitklatscht. Mit diversen fulminanten Steigern findet sie ihren Abschluss.

„Equus II“ bietet traditionellen, hochwertigen Pferdecircus in vielen Facetten – Variationen der Schulreiterei und der Freiheitsdressur, Pas de Deux, Stehendreiten, Kapriole, Jockeyreiten und ein „Wunderpferd“, jeweils präsentiert von echten Experten, abgerundet durch ein akrobatisches Programm. Im Finale dankt Elmar Kretz dem Publikum, dass es diese Arbeit mit Pferden schätzt und als Kultur anerkennt. Eine dritte Auflage im nächsten Jahr ist bereits geplant.

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Text: Markus Moll, Fotos: Tobias Moll