Diese waren Elisabeth Albescu, Fachtierärztin für Chiropraktik, und
Kathrin Roida, die mit ihrer PRE-Stute erste Einblicke in ihren
Vortrag zur Handarbeit gab (PRE = Pura Raza Española, Pure Spanische
Rasse). Zu guter Letzt erschien die Direktorin des Circus Krone und
zweite Gastgeberin an diesem Tag: Jana Lacey-Krone brachte gleich zu
Beginn das Publikum durch ihren vorwärts steigenden Falben-Hengst
Faisal zum Staunen. Nun kamen beide Gastgeberinnen nochmals in die
Manege, um ihr Publikum persönlich zu begrüßen.

Großes Interesse an
der Fachtagung im Kronebau
Dann startete Anja Beran gleich mit dem ersten theoretischen Vortrag, für den sie sich
Elisabeth Albescu zur Seite holte. Unter dem Motto „Individuelle
Ansätze in der Pferdeausbildung“ wurden den Zuschauern nun auf einer
Leinwand über dem Artisteneingang junge, spielende Hengste auf einer
Moskauer Koppel vorgestellt. Anhand dieses Filmes stellte Anja Beran
dar, dass alle Bewegungen, die das Pferd später unter dem Reiter
zeigen wird, seiner Natur entsprechen. Ebenso zeigte sie, warum wir
dem Pferd in seinen ersten Lebensjahren genügend Zeit auf der Weide
geben sollten. Im Folgenden sollte es nämlich um Fehler gehen, die
in der Anreitphase eines Pferdes entstehen können. Besonders in den
ersten vier Jahren durchläuft das Pferd verschiedene
Entwicklungsstufen: die Zähne verändern sich, es wächst, die Hormone
prägen sich aus und natürlich entwickelt sich auch die Psyche. Die
Umstellung vom Weidepferd zum Reitpferd kann so zu einer
Belastungsprobe für Pferd und Reiter werden. Das Tier muss sich an
seine neue Situation anpassen. Es wird nun häufig bewegt, steht in
einer Box und muss neue Dinge kennenlernen, zum Beispiel Hufeisen zu
tragen. Der Reiter hingegen muss versuchen, die Gesundheit und die
Psyche des Pferdes nicht negativ zu beeinflussen. Laut Anja Beran
sollte für Reiter in dieser Zeit des Anreitens „das A und O sein,
dem jungen Pferd positive Erfahrungen zu schaffen und Fehler zu
vermeiden“. Zu oft wird das Leben eines Pferdes ihrer Meinung nach
durch zu frühes und vor allem falsches Anreiten verbaut. So stellte
die Ausbilderin am Ende des Vortrages klar: „Manche Leute können
anreiten, andere nicht. Die, die es nicht können, sollen es doch
bitte denen überlassen, die es können.“

Vera Munderloh
Kritik äußerte sie auch am großen Reitsport. Körungen (Auswahl von
für die Zucht geeigneten Tieren), Turnierprüfungen und etliche
andere Veranstaltungen dieser Art lösen demnach bei jungen Pferden
Leistungsdruck aus. „Wir dürfen das Produkt nicht an den Markt
anpassen!“, forderte Anja Beran und setzte sich so wieder für ihre
Art der Pferdeausbildung ein, die frei von jeglichem Leistungsdruck
und negativen Erfahrungen ist. In der Praxis wurde dieses Thema
anhand des jungen Araberhengstes Safi verdeutlicht, der gerade
selbst in der Grundausbildung steht. Nach anfänglichem Staunen
bewies er sofort Nervenstärke und trug seine Reiterin sicher durch
die Manege. Safi präsentierte dem Publikum, was er bereits an
Seitengängen gelernt hat. Dann zeigte er noch seine
„Zirkusqualitäten“ und Vertrauen zu seiner Reiterin, indem er sich
quer in die Manege legte. Während seines Auftrittes erwähnte Anja
Beran immer wieder, dass Araber wie Safi eher Spätentwickler sind.
Das sei aber völlig in Ordnung. Er bekomme bei ihr so viel Zeit, wie
er braucht, denn das Pferd weise den Weg in der Ausbildung. Als
nächstes vereinten sich drei wunderschöne Pferde, geführt „vom Boden
aus“, zu einem traumhaften Schaubild. Als krönender Abschluss dieser
Showeinlage präsentierte sich ein Shetland-Pony an der Hand von
Kathrin Roida. Diese vertrat bei der Fachtagung das Feld „Arbeit an
der Hand“. Sie zeigte dem interessierten Publikum, wie Pferde durch
Handarbeit gymnastiziert werden, also geschmeidig und mobil gemacht
werden können. Danach gab Vera Munderloh noch einen kleinen Einblick
in die Arbeit am langen Zügel. Dies stellt den Gegensatz zur Arbeit
von Kathrin Roida dar, da hier nicht am, sondern versetzt hinter dem
Pferd gegangen wird. So wird das vom Sattel erlernte nun vom Boden
aus geprüft. Nach all diesen interessanten Informationen ging es in
die einstündige Mittagspause. Während dieser konnten im Rundgang des
Circus Krone Reitutensilien, aber auch Pferdebilder und
Publikationen erworben werden.
 
Jana Lacey-Krone:
Demonstration mit echten und menschlichen "Freiheitspferden"
Ein fester Bestandteil jeder Fachtagung ist die Freiheitsdressur mit
Jana Lacey-Krone. Nachdem sie im letzten Jahr insbesondere größere
Pferdegruppen zeigte, standen diesmal die kleinen, aber feinen
Momente der Freiheitsarbeit im Mittelpunkt. Den Anfang machte
Araberhengst Samir, der sich erst einmal in der Manege austoben
durfte. „Das können sie als Abwechslung zum Reit-Alltag zu Hause
nachmachen“, schlug die Krone-Direktorin vor und zeigte dann, wie
man den vierbeinigen Partnern erste Übungen beibringt. Die Pirouette
beispielsweise erlernt das Pferd, indem es sich aus einer einmal um
den Hals gelegten Longe herausdreht. Anschließend demonstrierte
Samir noch das Steigen, das auf keinen Fall aus Aggressivität
entstehen dürfe. Auch wenn etwas mal nicht so klappte, wie geplant –
Jana Lacey-Krone reagierte humorvoll und hatte damit das Publikum
schnell auf ihrer Seite. Drei Lusitano-Falben betraten nun die
Manege und führten schwierige Übungen wie das Flechten vor.
Rückwärtslaufend verabschiedeten sie sich aus der Manege. „So, und
jetzt brauche ich drei ‚Pferde‘ aus dem Publikum“, verkündete Jana
Lacey-Krone. Mit drei Zuschauern, die Autoren dieses Berichts
inklusive, zeigte sie sehr lustig, aber auch lehrreich, wie die
verschiedenen Tricks trainiert werden. Aus eigener Erfahrung können
wir nun sagen, dass der Ablauf des Flechtens nicht wirklich einfach
zu verstehen ist. Respekt vor jedem Pferdehirn, das sich das
einprägen kann! Abschließend ließ die neue Hausherrin
Cremello-Hengst Kirkis kräftig nach vorne steigen.

Anja Beran
Der zweite theoretische Vortrag widmete sich der natürlichen
Schiefe. Elisabeth Albescu verdeutlichte in einer Übung mit dem
Publikum, dass der menschliche Körper asymmetrisch ist: Bei den
meisten Menschen ist beispielsweise der eine Arm etwas kürzer als
der andere. Genauso verhält es sich mit dem Pferd. Der Hals mancher
Pferde ist etwas nach rechts gebogen, der anderer wiederum nach
links. „In der Natur hat das keine Relevanz“, erklärte die
Chiropraktikerin. Beim Reiten sei es jedoch ganz entscheidend, das
Pferd nicht ständig in der Schiefe gehen zu lassen, um es
langfristig gesund zu halten. Dazu stellte Anja Beran Gustav
Steinbrechts Ausspruch „Reite dein Pferd vorwärts und richte es
gerade“ aus dessen Standardwerk „Das Gymnasium des Pferdes“ (1884)
in den Raum. Auf welcher Seite die Schiefe liege, erkenne man mit
einem geübten Auge vor allem im Stehen und im Schritt geradeaus. Man
identifiziert eine „hohle“ Seite, auf der das Pferd etwas kürzer ist
und die Beine weniger belastet. Die Aufgabe des Reiters liegt dann
darin, das Pferd geradezurichten. Dazu muss man selbst erst einmal
gerade sein. Anja Beran empfiehlt, sich deshalb von einem Arzt
untersuchen zu lassen und gegebenenfalls eine Physiotherapie zu
absolvieren, um die eigene Schiefe auszugleichen. Dann setzt man
sich auf das Pferd. Auch wenn es zuerst widersprüchlich klingt,
Geraderichten funktioniert am besten durch Seitengänge. Wie das in
der Praxis funktioniert, zeigte die Meisterin der klassischen
Reitkunst auf Lusitano-Wallach Bue.
 
Silvia Wimmer, Anja
Beran und Jana Lacey-Krone
Ein weiteres Beispiel für die notwendige Individualität der
schonenden Ausbildung folgte anschließend mit dem Lippizanerhengst „Maestoso
Stornella“ unter Vera Munderloh. Er wuchs in einer Gruppe auf und
hat deshalb Angst, alleine zu sein. In Folge dessen verspannt er
sich während des Trainings. Auch hier empfiehlt Beran Seitengänge,
um die Muskeln zu lockern. Ein wahrer Musterschüler ist Ofendido,
der unter Jana Lacey-Krone verschiedenste Lektionen der Hohen Schule
in Perfektion zeigte. Bemerkenswert war die Harmonie von Reiterin
und Pferd, obwohl die Krone-Direktorin am Vortag erstmals auf seinem
Rücken saß. Sie empfand es „als Ehre, auf solchen tollen Pferden zu
reiten“. Für Anja Beran ist es immer wieder schön zu sehen, „mit was
für einer Freude Ofendido bei der Arbeit dabei ist“. Dies gelinge
jedoch nur, wenn man in einem jahrelangen Prozess die Persönlichkeit
des Tieres fördere und seine Eigenheiten beachte. Den Abschluss
machte Silvia Wimmer, Elevin auf Anja Berans Gut Rosenhof, mit einer
Vorführung von verschiedenen „Working Equitation“-Elementen. Dabei
werden traditionelle Arbeitsreitweisen neu aufgegriffen,
beispielsweise der Lauf über eine Holzbrücke oder das Öffnen und
Schließen eines Tores vom Pferd aus. Im anschließenden Finale
belohnte das Publikum die Mitwirkenden dieser lehrreichen
Veranstaltung mit großem Applaus.
Anschließend beantworten uns Jana Lacey-Krone und Anja Beran noch
einige Fragen.
Chapiteau.de:
Frau Lacey-Krone, Frau Beran, sind Sie zufrieden mit dem Verlauf der
diesjährigen Fachtagung?
Lacey-Krone: Wir sind wirklich zufrieden. Es werden von Jahr zu Jahr
mehr Zuschauer. Unser Ziel ist es ja, trockene Theorie ansprechend
rüberzubringen, die Komplexität des Pferdes deutlich zu machen. Es
macht wirklich Spaß, dafür den Krone-Bau für eine ganz andere
Interessensgruppe als sonst zu öffnen. Bis zur zehnten Fachtagung
wollen wir auf jeden Fall weiter machen.
Chapiteau.de:
Frau Lacey-Krone, manche Menschen kritisieren im Internet den
Veranstaltungsort „Circus“ und werfen ihnen Tierquälerei vor. Wie
entgegnen sie dem?
Lacey-Krone: Das ist ein ewiger Kampf. Die klassische Ausbildung von
Pferden kommt aus dem Circus. Wir wollen zeigen, dass diese
Institution gut ist und schon seit vielen, vielen Jahren auf eine
schonende Ausbildung zum Wohl der Pferde setzt.
Chapiteau.de:
Frau Beran, Sie kritisieren den heutigen Pferdesport oft. Was
missfällt ihnen daran?
Beran: Die zu frühe und zu schnelle Ausbildung vieler Pferde schadet
diesen nur. Grundsätzlich gilt: Die Zeit, die man vorne braucht,
hängt sich hinten wieder dran. Die Lösung ist eine Rückkehr zu den
Grundsätzen der klassischen Reiterei.
Chapiteau.de:
Neulich sind sie in der Pferdeshow „Equus“ von Elmar Kretz
aufgetreten, im Circus Krone machen sie ihre Fachtagung. Woher
stammt diese Verbindung zum Circus?
Beran: Jana Lacey-Krone und ich sind seit 30 Jahren befreundet,
früher habe ich auch auf Gut Wessling gearbeitet und bilde immer
noch die Schulpferde des Circus Krone aus. Dadurch ergab sich hier
im Krone-Bau diese einmalige Verbindung von Circus und reiterlicher
Theorie. Elmar Kretz habe ich kennen gelernt, als er bei einer der
monatlich stattfindenden Morgenarbeiten auf Gut Rosenhof dabei war.
So kam es zu diesem Engagement. |