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Nach "Salto Vitale" ist vor "Aquatico"
Weihnachtscircusse und mehr: Grandezza-Chef Thomas Schütte hat große Pläne

Essen 15. Juli 2016: Die Grandezza Entertainment GmbH mit ihrem umtriebigen Geschäftsführer Thomas Schütte hat in den vergangenen Jahren den Circus-Markt in Deutschland belebt. Zunächst zeigte man gemeinsam mit Flic Flac die Mega-Show "Exxtrem"; von Mitte 2014 bis Mitte 2016 schickte Grandezza eine zweite Einheit des Circus Roncalli auf Tournee. Und nun hat Thomas Schütte schon wieder neue Pläne: Im kommenden Herbst holt Grandezza den Circo Aquatico der Familie Zoppis erstmals nach Deutschland. Im Winter folgen dann noch drei bis vier Weihnachtscircusse und - gemeinsam mit Roncalli - die Dinnershow "Panem et Circenses". Wir sprachen mit Thomas Schütte über seine nächsten Vorhaben.

Chapiteau.de: Herr Schütte, die Sondertournee „Circus Roncalli – Salto Vitale“, die Sie mit Ihrer Firma Grandezza Entertainment veranstaltet haben, ist im Juni zu Ende gegangen. Warum spielen Sie nicht weiter?

Thomas Schütte: „Salto Vitale“ war nur auf zwei Jahre angelegt, eine Verlängerung war nie geplant. Wir haben im Grunde alle deutschen Städte bespielt, die dafür in Frage kamen. Die Kriterien waren, dass der Circus Roncalli noch nicht dort gastiert hat und die Stadt eine Größe von etwa 100.000 Einwohnern hat. Solche Städte zu finden, ist nun fast nicht mehr möglich. Wir wollten auch nicht mit einem neuen Programm wieder in die gleichen Städte fahren. In den ganz großen Städten funktioniert der Slogan „Mit neuem Programm“ immer gut. Aber nicht in den kleineren. Das ist eine andere Mentalität, und die Menschen dort sagen, das haben wir schon gesehen, da gehen wir nicht wieder hin. Ich spreche immer vom „Fluch der kleinen Städte“. Schon in den 1980er Jahren haben wir umfassende Tourneen gemacht, ein Varietéprogramm wie „Salut für Olga“ in Kooperation mit André Heller haben wir in 186 deutschen Städten gespielt. Aber schon damals zeigte sich, dass Wiederholungsgastspiele schwierig sind.


Zwei Jahre lang war Grandezza mit "Circus Roncalli - Salto Vitale" auf Tournee

Chapiteau.de: War „Salto Vitale“ ein Erfolg?

Thomas Schütte: Es ist kein Geheimnis, dass dieses Projekt nicht immer einfach war. Wir mussten viel mehr erklären, was Roncalli ist, als wir gedacht hatten. Aber es gab auch durchaus gute Gastspiele, beispielsweise in Saarbrücken, Mannheim, Fulda und Paderborn. Man bemerkte auch regionale Unterschiede. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, wo Roncalli schon häufig in der Nähe war, war es einfacher als tief in Bayern. Außerdem hat der Circus in Deutschland es aktuell insgesamt sehr schwer und ein unglaublich schlechtes Image. 

Chapiteau.de: Woran liegt das? 

Thomas Schütte: Das liegt zu einem großen Teil an der Propaganda bestimmter Organisationen, dass im Circus Tiere gequält würden. Das steckt in den Köpfen der Menschen, und es spielt für einen Circus dann auch keine Rolle mehr, ob er Tiere mitführt und um welche Arten es sich handelt. Die Menschen hören Circus und schalten ab. Zum anderen haben leider auch viele schlechte Circusse vieles kaputt gemacht. Die Krise des Circus ist darüber hinaus ein weltweites Phänomen. Auch Skandinavien ist keine Insel der Glückseligen mehr. Und wer hätte vor wenigen Jahren gedacht, dass der Big Apple Circus einmal ins Straucheln kommen könnte? Man merkt auch, dass viele Veranstalter versuchen, in dieser Situation die richtige Antwort zu finden – durch neue Konzepte wie beispielsweise die Horror-Circusse.


Im April 2016 brachte Grandezza Entertainment mit "Salto Vitale" Roncalli-Flair nach Heilbronn

Chapiteau.de: Dennoch geben Sie nicht auf. Was sind die nächsten Pläne der Grandezza Entertainment für weitere Circusproduktionen? 

Thomas Schütte: Wir werden im kommenden Winter in drei bis vier deutschen Städten einen Weihnachtscircus veranstalten. Die Standorte werden wir Anfang September jeweils in großen Pressekonferenzen vor Ort bekanntgeben. 

Chapiteau.de: Werden diese Weihnachtsproduktionen unter der Marke „Roncalli“ stattfinden? 

Thomas Schütte: Nein, sie werden als Weihnachtscircus in Verbindung mit dem jeweiligen Städtenamen laufen. 

Chapiteau.de: Werden das einmalige Gastspiele sein, oder sind diese Projekte jeweils auf Dauer angelegt? 

Thomas Schütte: Wir werden versuchen, das an den jeweiligen Standorten zur Tradition zu machen. Die bestehenden erfolgreichen Weihnachtscircusse faszinieren die Menschen Jahr für Jahr. Ich finde das sehr spannend, denn das Thema Weihnachtscircus gibt es ja noch gar nicht so lange. Insbesondere in Deutschland gibt es, anders als beispielsweise in Frankreich und der Schweiz, keine lange Tradition, dass der gleiche Circus jedes Jahr wieder kommt. In Deutschland lagen immer zwei, drei oder vier Jahre zwischen zwei Gastspielen. Das ist eine ganz interessante Entwicklung, dass auch die Menschen in Deutschland sagen, wenn das Programm jedes Jahr neu ist, gehe ich immer in den gleichen Circus. 

Chapiteau.de: Wird es in Ihren Weihnachtscircussen im kommenden Winter Tiere zu sehen geben? 

Thomas Schütte: Ja, aber keine Wildtiere. Ich habe hier eine differenzierte Sicht. Ich bin kein Gegner von Wildtierdessuren, sondern ich sehe das selbst gerne. Aber es muss auch die entsprechende Qualität bei Haltung und Vorführung gegeben sein. Die Auswahl an wirklich guten Nummern ist hier nicht mehr so groß. Ich schließe also für die Zukunft nichts aus, aber für den kommenden Winter haben wir keine Nummern mit Wildtieren verpflichtet.


Bei der Deutschland-Premiere von "The Hole" war Thomas Schütte in beratender Funktion tätig

Chapiteau.de: Es heißt, Sie waren auch an der erfolgreichen Deutschlandpremiere des Erotik-Circus „The Hole“ beteiligt. Ist das richtig? 

Thomas Schütte: Veranstalter war hier Fred Handwerker. Sein Unternehmen gehört wie die Grandezza Entertainment ebenfalls zur DEAG, der Deutschen Entertainment AG. Deshalb war ich hier in beratender Funktion tätig. 

Chapiteau.de: War „The Hole“ ein Erfolg, und wird es weitere Gastspiele in Deutschland geben? 

Thomas Schütte: Es war ein interessantes Projekt, das erst einmal neu eingeführt werden musste. Dafür braucht man eine gewisse Anlaufzeit. Aber die Besucher waren angetan bis begeistert, zum Teil hat die Show natürlich auch polarisiert. Wir sprechen aktuell über eine Fortsetzung im Jahr 2017. Möglich wäre ein Gastspiel in einer anderen Stadt. Es spricht aber auch einiges dafür, die Nachfolgeproduktion „The Hole II“ wieder in Köln zu zeigen. Da würde man nicht wieder neu anfangen, sondern könnte auf etwas aufbauen. 

Chapiteau.de: Ebenfalls wird darüber gesprochen, dass Sie den „Circo Aquatico“ der spanischen Familie Zoppis in diesem Jahr nach Deutschland holen wollen. Stimmt das? 

Thomas Schütte: Ja, wir planen ab Herbst Gastspiele in fünf Städten in der Mitte und im Norden Deutschlands in einer Partnerschaft mit der Familie Zoppis. Man muss ja sagen, das Ambiente in diesem Circus ist traumschön, das Material ist First Class. Das Chapiteau verfügt über 1100 Plätze, komplett mit blauen Schalensitzen, also wirklich „à la bonheur“. Es gibt in diesem Wassercircus ein tolles Bühnenbild und wunderschöne Fontänenspiele. Das ist eine gute, qualitätvolle Produktion zu familienfreundlichen Preisen. Die teuerste Karte soll 35 Euro kosten.


Circo Aquatico: "eine gute, qualitätvolle Produktion zu familienfreundlichen Preisen" 

Chapiteau.de: Aber das Programm wird komplett von der Familie Zoppis selbst bestritten? 

Thomas Schütte: Nein, es wird, wie bei allen Gastspielen des Circo Aquatico in größeren Städten, auch engagierte Artisten geben. 

Chapiteau.de: Weshalb vertrauen Sie auf das Thema „Wassercircus“? 

Thomas Schütte: Der Circus unter bzw. mit Wasser ist ein Konzept, das die Menschen seit mehr als 100 Jahren immer wieder fasziniert hat. Die Menschen fühlen sich davon angesprochen, es löst etwas in ihnen aus. Genau danach suchen wir ja immer bei unseren Showkonzepten: Die Menschen sollen sagen, das klingt toll, da wollen wir hin. Außerdem gab es lange keinen Wasser-Circus mehr in Deutschland.


Grandezza Entertainment und Roncalli bringen im kommenden Winter "Panem et Circenses" nach Köln

Chapiteau.de: Sind auch weitere Kooperationen mit Roncalli vorstellbar? 

Thomas Schütte: Die Grandezza bleibt dem Haus Roncalli weiterhin eng verbunden. Beispielsweise veranstalten Roncalli und Grandezza im kommenden Winter, vom 9. November 2016 bis 8. Januar 2017, die Dinnershow „Panem et Circenses“ im Spiegelzelt nahe der Kölner Messe. Nachdem der Circus Roncalli in diesem Jahr schon auf dem Kölner Neumarkt gastiert hat, wird dies ein würdiger Abschluss des Jubiläumsjahres im Rahmen des 40-jährigen Bestehens sein. Außerdem gastierte „Panem et Circenses“ vor genau 25 Jahren schon einmal in Köln – wir feiern also noch ein Jubiläum.

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Interview: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber (2), Stefan Gierisch (1), Circo Aquatico (2), Grandezza (1), Roncalli (1)