Von
19 Uhr an bis Mitternacht oder sogar darüber hinaus wurde dem wieder
zahlreich erschienenen Publikum ein abwechselungsreicher Abend
geboten: von den eigentlichen Shows über vielfältige
Begleitprogramme wie Tier-Proben oder Mitmach-Aktionen bis hin zu
Star-Gästen. In den meisten Fällen waren dies aus dem TV bekannte
SängerInnen. Der Budapester Zirkusbau wählte jedoch einen anderen
Weg.

Steve Eleky
Auf
besonderen Wunsch der Direktion war Steve Eleky zu Gast und bot
gleich eine Weltpremiere, indem er erstmals seine Nummer auf
Ungarisch zeigte. Am Ende: alles wie immer. Das Publikum hielt es
vor lauter Lachen nicht mehr auf den Sitzen. Eleky - den
Schottenrock mit Nonchalace tragend wie kein anderer und stets wirr
vor sich hin plaudernd denn wirklich jonglierend oder zaubernd - ist
der beste Beweis, dass gute Komik immer funktioniert. Oder wie es
ein WAZ-Redakteur einmal formulierte: „Es wird schlimmer. Beim
zweiten Besuch [...] weißt du, was Steve Eleky jetzt machen wird.
Die Pointe ist also bekannt und du brichst los, mehr denn je.“
  
Florian Richter, Hans-Ludwig
Suppmeier
Im
Budapester Zirkusbau nahm man die Veranstaltung zugleich zum Anlass,
das 125-jährige Bestehen des Baus zu feiern. So wurden
Video-Impressionen zum Jubiläum eingeblendet und immer wieder
verdiente ungarische Artisten der Vergangenheit geehrt. Moderator
Gyuszi Maka stellte sie, allesamt als Ehrengäste anwesend, dem
Publikum vor. Zusammen mit dem hauseigenen Orchester, acht Musikern
unter Attila Maka, begleitete er die ganze „Zirkus Nacht“, in der
gleich zu Beginn Hans-Ludwig Suppmeier mit je zwei normalfarbenen
und zwei goldenen Tigern aus dem Hause Togni ein umfangreiches
Repertoire vorstellte. In manchen „normalen“ Vorstellungen des
aktuellen Sommerprogramms „Circus Classicus“ (noch bis Ende August)
ist er zudem zusätzlich mit einem weißer Tiger solo zu sehen. Die
anderen Tier-Darbietungen sind „hausgemacht“, stammen also von der
Familie Florian Richter. Dazu gehört die Präsentation der
Elefantendama Sandra, ein Hohe Schule-Potpourri der ganzen Familie
sowie eine neue, großartige Freiheitsdressur inkl. Karussell mit
acht Arabern, vier Friesen und einem Irish Tinker. Im kommenden
Winter ist die Familie Richter mit ihren Pferden wieder einmal beim
„Wereldkerstcircus“ im Amsterdamer Carré zu Gast.
  
Duo Sifolini, Trio
Mednikov, Super Silva
Die
Hochseil-Darbietung des Trio Mednikov ist eine echte Sensation.
Kostüme und Frisuren der Akteure sind zwar ziemlich altbacken, die
gezeigte Leistung aber ist herausragend. In rund acht Metern Höhe
springt einer der Akteure einen Vorwärtssalto, einen Rückwärts-Salto
mit Schraube sowie einen doppelten Rückwärts-Salto. Darüber hinaus
beherrscht das Trio des Bolschoi-Zirkus eine Vielzahl weiterer
abgedrehter Tricks, normalerweise auch auf dem hier aus technischen
Gründen nicht errichteten Schrägseil. Abgedreht, dieses Urteil
trifft auch auf Super Silva zu, der vom Festival prolongiert wurde.
Er wird vom Publikum frenetisch gefeiert. Die Zuschauer haben ihren
Helden eindeutig gefunden! Da kann auch das Duo Sifolini auf dem
Todesrad nicht mithalten – trotz ansprechenden Tricks wie dem
Handstandlauf und Salto im Rad.
  
Cap Crew, Bazan
Sisters, Bazan Clown Family
Mit
seiner Partnerin Hayley hat Nikolay Karakolev vom Duo Sifolini unter
dem Titel „Masqerade“ darüber hinaus eine gemeinsame Quick
Change-Darbietung einstudiert. Mit seinen bekannten Illusionen ist
Kim Kenneth zu Gast. Partnerin Jessica Caveagna zeigt ihre
Schwertbalance. Daramis Guerra gehörte einst zum Duo Capilar und
präsentiert ihre Zopfhang-Variationen nun alleine. Die „Cap Crew“
sind Vertreter der neuen Schleuderbrett-Generation. Nach ihrem
Abschluss an der Zirkusschule hatten sie im vergangenen Winter
bereits ein Engagement beim Pforzheimer Weihnachtscircus. Sie
schleudern sich gegenseitig in die Luft und zeigen dabei zahlreiche
Tricks, als Höhepunkt den dreifachen Salto. Mit den „Bazan Sisters“
stehen mögliche Nachfolger der Azzarios bereits in den Startlöchern.
Ihre Partner-Akrobatik ist dabei bereits jetzt eigenständig,
fließend und mit tollen Tricks bestückt. Zum Finale gehts auch hier
über eine Leiter – im Spagatstand auf dem Kopf der Partnerin. Sie
stammen – noch so eine Paralelle – aus einer Spaßmacher-Familie. Die
„Bazan Clown Family“ überzeugt vor allem mit ihrer vielseitigen
Musikalität im großen Entree. Zudem sorgen sie für die Reprisen im
Programm.
 
Diamant Girls, Duo Violin
Das
besondere an der „Zirkus Nacht“ ist die Mischung aus Darbietungen
des aktuellen Sommerprogramms – wie oben beschrieben – und „fremden“
Nummern, meist aus der staatlichen Zirkusschule Imre Baross. So gibt
die Veranstaltung auch immer einen spannenden Blick auf neue
Talente, zumal das Niveau der Schule ausgesprochen hoch ist. Ihnen
eine Plattform zur Präsentation zu geben, scheint ein großes
Anliegen des Verbandes zu sein. Dafür mussten an diesem Abend sogar
Schwertbalance, Quick Change und leider auch die großartige
Pferdefreiheit dem Nachwuchs weichen. Wobei dieser seine Sache
wieder einmal ausgesprochen gut machte. Hervorzuheben sind
insbesondere zwei junge Duos mit Luftakrobatik. Im Luftring
begeisterten die „Diamant Girls“ mit einer fabelhaften Kür aus
synchronen Passagen und schwierigen Haltetricks inkl. Abfallern. Das
noch jüngere Duo „Violin“ zeigte an zwei Tücherschlaufen ebenfalls
diverse anspruchsvolle Haltetricks und gemeinsame Flugpassagen.
Dieser Jugend gehören die Manegen der Zukunft!
  
Mitglieder von "Romeo
und Julia", Truppe Teibler,
Maria Bakalkina
Diese „Zirkus Nacht“ legte auch dar, wie unterschiedlich das Genre
Schleuderbrett heutzutage umgesetzt werden kann. Neben der modernen
Variante der „Cap Crew“ baute sich die zehnköpfige Truppe Teibler
hingegen ganz traditionell zu Menschentürmem auf, bis hin zum
Zwei-Personen-Hoch auf Perche-Plattform oder Vier-Personen-Hoch.
Ungewöhnlich und wunderbar zugleich, dass eine Artistenschule heute
noch solche große Gruppen-Darbietungen ausbildet. Eine dritte
Variante bot zudem die vierköpfige Formation „Romeo & Julia“, die
Schleuderbrett und Handvoltigen verbanden, ebenfalls mit Sprüngen
auf eine Perche-Plattform. Solo arbeiteten hingegen Jongleur Csongor
Zeitler mit bis zu sieben Bällen und zehn Ringen, Kontorsionistin
Maria Bakalkina mit vielen Einarmern, „Pierrot“ an den Strapaten mit
kraftvollen Aufschwüngen sowie József Nedó mit eher farblosem
Tellerdrehen.
  
Katalin Ott-Balogh,
Kyra & die Tropical Pearls, Face Team
Unter dem Titel „Orpheum Hungaricum Varieté“ hat die MACIVA zudem
eine neue Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen, die immer mal
wieder zu besondern Aktivitäten reanimiert wird und hier die „Zirkus
Nacht“ beschloss. Neben Steve Eleky waren hier Katalin Ott-Balogh am
doppelten Mast, Kim Kenneth mit Zauberei, Kabarettist Zoltán Maksa,
das „Face Team“ mit Freestyle-Basketball sowie die Tanzformation
„Kyra & die Tropical Pearls“ mit mehreren Auftritten zu sehen. |