Diese sind der auch in Monte Carlo preisgekrönte doppelte Zopfhang
von Daramis & Daylis, die Jongleurtruppe um Pedro Miguel Hernandez
Montero und Maylin Gonzalez, welche bereits 2010 am Festival im
spanischen Albacete begeisterte, sowie anfangs der Saison die
Schleuderbrett-Truppe, welche die beiden letzten Jahre bei Herman
Renz in Holland resp. Pinder in Frankreich unterwegs war.
Unstimmigkeiten in dieser Truppe führten dazu, dass sie sich im
Laufe der Royal-Saison auflöste und die Direktion des Circus Royal
in Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium in Kuba und der Agentur
Diablitos in Paris eine neue Truppe, direkt ab der Artistenschule in
Havana, für die restliche Saison verpflichten musste. Anlässlich des
Gastspiels in Amriswil konnte ich mit den Zopfhangartistinnen
Daramis und Daylis über den Circus in Kuba und ihren Werdegang ein
Gespräch führen.
 
Circo Trompoloco,
Trapeznummer des Kubanischen Nationalcircus
Der
Circus in Kuba unterscheidet sich grundlegend vom europäischen
Circus. Obwohl die Vorstellungen in einem Chapiteau stattfinden,
reisen die Unternehmen nicht im Land herum, sondern sind stationär.
Der größte und wichtigste Circus steht in Havana selbst und heißt
Circo Trompoloco. Sein gelb-lila gestreiftes Chapiteau hat etwa
dieselbe Größe wie das Royal-Chapiteau. Jeder Artist in Kuba möchte
hier arbeiten können, denn er gilt als Sprungbrett für die weitere
Karriere. Ein weiterer Unterschied zum europäischen Circus besteht
darin, dass bis auf Hunde und Affen keine Tierdressuren gezeigt
werden. Seit 1962 wird der Circus in Kuba zentral verwaltet, und
alle Artisten und Truppen unterstehen der Direktion von „CIRCUBA“.
  
Neue Truppe Havanna
bei Royal
Zur
Zentralorganisation „CIRCUBA“ gehört auch die am 6. Juni 1968
gegründete nationale Circusschule. Nach der obligatorischen
Schulzeit mit Abschluss können talentierte Kubanerinnen und Kubaner
mit ca. 15 Jahren in die Circusschule aufgenommen werden. Die
Auswahl ist streng, und es bekommen nur die besten einen Platz.
Heute kommen viele der Artistinnen und Artisten schon mit
gymnastischen Vorkenntnissen in die Schule, was natürlich eine gute
Grundlage bildet. Die strenge Ausbildung dauert vier Jahre und
umfasst alle artistischen Grundlagen. In dieser Zeit bestimmen die
Lehrer, wer später welche Nummer zeigen wird. Im Anschluss an die
Schule müssen alle Artisten und Truppen zuerst zwei Jahre –
sozusagen als Zivildienst – für die staatliche Organisation „CIRCUBA“
im Land selbst arbeiten, bevor sie auch ins Ausland ins Engagement
dürfen. Die aktuell bei Royal arbeitende Truppe Havanna mit
Schleuderbrett und Handvoltigen bildet da eine große Ausnahme, denn
sie kommt direkt von der Circusschule zu Royal. Dies war nur durch
die enge Zusammenarbeit zwischen dem Kultusministerium und der
Agentur Diablitos in Paris, welche die kubanischen Artisten nach
Europa vermittelt, möglich.

Kubanische Artisten -
inzwischen häufiger in europäischen Manegen zu sehen
Dass in den letzten Jahren etliche kubanische Artisten und Ensembles
auch außerhalb des eigenen Landes auftreten, ist nicht zuletzt der
1996 gegründeten „Compania Havana“ von Germán Muñoz, einem
ehemaligen Jongleur und Artisten auf der freistehenden Leiter, zu
verdanken. Diese untersteht ebenfalls der Zentralorganisation „CIRCUBA“.
Exklusiv in Europa und Amerika werden die kubanischen Artisten und
Ensembles durch die Agentur Diablitos von Lito Cansino in Paris
vermittelt und vertreten.
Daylis & Daramis – eine Artistenlaufbahn an den Haaren herbeigezogen
  
Preisgekrönte Zopfhangnummer
von Daylis & Daramis
Die
heute 29-jährige Daramis Guerra träumte schon als Kind davon,
Artistin oder Tänzerin zu werden. Daher war für sie der Besuch der
nationalen Circusschule ein klares Ziel. Noch heute liebt sie ihren
Beruf und könnte sich nicht vorstellen, etwas anderes zu machen. Bei
Daylis Susel Puron Ayala (24) war es etwas anders, denn sie besuchte
bereits mit vier Jahren das Training in rhythmischer Sportgymnastik
und wollte unbedingt Tänzerin werden und eigentlich nicht im Circus
arbeiten. Für eine Karriere als Tänzerin war sie aber zu klein, und
so kam Daylis in die Circusschule. Doch heute liebt auch sie ihren
Beruf und das Circusleben. Seit drei Jahren arbeiten Daylis und
Daramis nun zusammen ihre Darbietung mit dem einmaligen doppelten
Zopfhang, und das kam so: Germán Muñoz, der künstlerische Leiter der
„Compania Havana“ hatte die Idee dazu, nachdem er eine ähnliche
Darbietung in Amerika gesehen hatte. Er wollte eine solche
Darbietung für den „Circo nacional de Cuba“ schaffen, da dies schon
lange nicht mehr gezeigt wurde. Daylis wurde dazu auserwählt und
begann in der Circusschule zu trainieren. Fünf Monate später kam
Daramis dazu, und nach neunmonatigem, gemeinsamem Training hatte die
Darbietung Premiere im Circo Trompolonco in Havanna.
Bereits kurze Zeit später sah sie Lito Cansino von der Agentur
Diablitos und war begeistert von ihrer Darbietung. Er lud sie für
2013 ans Festival von Monte Carlo ein. Die beiden Artistinnen
konnten ihr Glück kaum fassen, waren sie doch erst die dritte
Darbietung überhaupt aus Kuba, welche an dieses renommierte Festival
eingeladen wurde. Ein Traum ging so für sie in Erfüllung, und die
Teilnahme wurde mit dem „Prix Louis Merlin“ belohnt. Die Saison bei
Royal ist ihr erstes, längeres Auslandengagement. Davor waren
Daramis und Daylis erst dreimal im Ausland zu sehen, nämlich in der
französischen TV-Sendung „Le plus grand Cabaret du Monde“, 2011 am
Golden Circus Festival in Rom und eben diesen Januar in Monte Carlo.
  
Daramis, Daylis und Carlos,
Daylis
Noch bis Anfang Januar werden Daramis & Daylis mit dem Circus Royal
unterwegs sein, wo sie nebst ihrem doppelten Zopfhang auch noch im
großen Opening sowie in der Nummer an den kubanischen Masten
mitwirken. Hier bei Royal hat Daylis auch ihren Partner Carlos
Alberto Sánchez Álvarez aus der Schleuderbretttruppe kennen und
lieben gelernt. Seit Juli zeigt das Paar zusätzlich ihre innerhalb
kürzester Zeit erarbeitete, wunderschöne Adagio-Akrobatik kombiniert
mit Tanz zum Song „Je suis malade“ von Lara Fabian. Im kommenden
Jahr wird das Ensemble, welches aktuell bei Royal arbeitet, mit
doppeltem Zopfhang, Schleuderbrett und Handvoltigen voraussichtlich
beim Zirkus Rudolf Probst in Deutschland zu sehen sein.
  
Daramis mit Requisiteuren am
Einlass, Finale, Truppenmitglieder Maylin, Daylis, Carlos und Gaston
Obwohl sehr
viele Artisten aus Kuba momentan in europäischen und amerikanischen
Manegen zu bewundern sind, gibt es auch in Kuba noch viele Artisten.
Etwa die Hälfte aller kubanischen Artisten arbeitet zur Zeit im
Ausland, doch schließen jedes Jahr wieder neue junge Leute die
Artistenschule ab und begeistern uns mit ihren Darbietungen. Zu den
besten Truppen gehören gemäß Daramis Guerra zur Zeit sicher die
Schleuderbrettdarbietungen der Truppen Scala (zur Zeit bei Ringling
in Amerika) und Ovalerys, aber auch die fantastische Recknummer,
welche diesen Sommer am Festival Circuba in Havanna ausgezeichnet
wurde und ebenfalls bereits in der französischen TV-Sendung „Le plus
grand Cabaret du Monde“ zu sehen war. Um die Zukunft des kubanischen
Circus müssen wir uns nicht sorgen, denn kubanische Artisten werden
uns auch in Zukunft mit ihrer Lebensfreude zu begeistern wissen.
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