Herr Kretz,
Sie veranstalten in diesem Jahr bereits zum 5. Mal den Ravensburger
Weihnachtscircus. In der Rückschau – haben Sie Ihre Ziele erreicht?
Elmar Kretz:
Ja. Mein großes Ziel war es, mich als Eventveranstalter selbständig
zu machen und verschiedene Circus- und Showproduktionen erfolgreich
zu etablieren. Das ist mir gelungen. Mit meiner Firma produziere ich
zum Beispiel Firmenevents mit artistischem Programm, wir
veranstalten jeden Winter das Dinnervarieté Buenissimo in Oberreute,
und wir gehen mit Circusprogrammen wie dem Projekt „Aquamanege“ auf
Tournee. Die größte Herzensangelegenheit ist dabei der Ravensburger
Weihnachtscircus, der von Jahr zu Jahr weiter wächst. Die Menschen
kommen aus einem immer größeren Umkreis zu uns, fahren zum Teil 50
bis zu 100 Kilometer. Der Vorverkauf läuft in diesem Jahr so gut wie
noch nie zuvor. Ich kann wirklich sagen, dass ich meinen
großen Traum wahr gemacht habe!
Wie ist dieser
Traum entstanden?
Kretz: Die
Faszination Circus hat mich schon als Kind gefangen genommen. Ich
bin von meinem Heimatdorf Oberreute im Westallgäu ganz alleine 20
Kilometer mit dem Fahrrad nach Wangen gefahren, um einen großen
Circus zu besuchen. Das war ein Schlüsselerlebnis. Mich faszinierten
die bunten Wagen, die unterschiedlichen Menschen und Sprachen, die
vielen Tiere und natürlich das große Zelt. Ich kann es mir nur so
erklären, dass mich der Duft von Sägemehl, Tieren und Popcorn
verzaubert hat und seit dieser Zeit nicht mehr loslässt. Und so bin
ich später, nach meiner Ausbildung zum Koch und Restaurantleiter,
zum Circus gegangen und bekam die Chance, bei großen und namhaften
Unternehmen in Europa mit Pferden zu arbeiten und in der Manege zu
stehen, darunter beim Österreichischen Nationalcircus. Unter der
Leitung von Louis Knie sen. war das noch einer der schönsten
Circusse, die es in den vergangenen Jahrzehnten gab. Seit dieser
1999 vor der Oberschwabenhalle in Ravensburg gastierte, wusste ich:
Genau hier möchte ich selbst einen Weihnachtscircus etablieren. Neun
Jahre später ist mir das gelungen – im ersten Jahr allerdings noch
in statt vor der Halle.
 
Der wichtigste
Meilenstein: der Umzug von der Halle ins Palastzelt
Was waren die
wichtigsten Meilensteine in fünf Jahren Weihnachtscircus?
Kretz: Der
wichtigste Schritt war mit Sicherheit der Umzug von der
Oberschwabenhalle in ein richtiges Circuszelt. Den traditionellen
großen Circus kann man nur in einem Zelt machen. Nur hier entsteht
diese faszinierende Atmosphäre, nur hier können große klassische
Circusdarbietungen wie Elefantendressuren und spektakuläre
Luftnummern gezeigt werden. In diesem Jahr haben wir zum Beispiel
mit den Flying Michaels erstmals ein Flugtrapez im Programm – fliegende Menschen unter der
Circuskuppel, natürlich mit dem dreifachen Salto Mortale, das ist
doch der Inbegriff des klassischen Circus! Und dann freuen wir uns
in diesem Jahr besonders auf eine neu gestaltete Gastronomie im Stil eines romantischen
Weihnachtsmarktes mit vielen verschiedenen Ständen. Damit machen wir
noch mal einen großen Sprung nach vorne; unser 5. Weihnachtscircus
wird ein neuer Meilenstein werden.
Wie
Sie
sagen, wächst Ihr Weihnachtscircus Jahr für Jahr. Was ist das
Erfolgsrezept?
Ich glaube,
das Wichtigste ist die Passion, die Leidenschaft für die Sache! Ich
mache Circus nicht, weil es schon immer so war, sondern weil ich es
immer wollte. Ich will diese Faszination Circus vermitteln und die
Menschen dafür begeistern. Ich mache Circus einfach so, wie ich ihn
mir immer gewünscht habe – und dazu gehört die klassische Mischung
aus spektakulärer Artistik, vielen Tieren und lustigen Clowns,
glanzvoll präsentiert. Das ist auch genau das, was die Menschen von
einem guten Circus erwarten. Und wir stehen auch in einem ständigen
Dialog mit unserem Publikum und können damit auf Wünsche und
Anregungen eingehen. Außerdem passt Circus als Unterhaltung für die
ganze Familie perfekt in die Weihnachtszeit. Da ist für jeden etwas
dabei, vom Kleinkind bis zur Oma, auch das ist ein wichtiger Teil
des Erfolges.
Was ist die
größte Herausforderung für Sie als Direktor des Ravensburger
Weihnachtscircus?
Herausforderungen gibt es viele! Als „Circusdirektor“ müssen Sie
heute Marktforschung betreiben, Marketingaktionen entwickeln,
Kalkulationen aufstellen können – das hat mit Circusromantik wenig
zu tun. Und besonders während der Spielzeit muss ich
unterschiedlichste Rollen wahrnehmen, eigentlich überall
gleichzeitig sein – deshalb versuche ich auch zunehmend, Aufgaben zu
delegieren und an meine Mitarbeiter abzugeben. Schließlich stehe ich
auch noch zwei- bis dreimal am Tag mit meinen Pferden in der Manege.
Ich will ja nicht nur ein Schreibtischdirektor sein, sondern selbst
auch auftreten. Der Direktor mit Pferden in der Manege, das ist doch
klassischer Circus pur!
 
Mit Pferden, im
Finale: Elmar Kretz steht bei seinem Weihnachtscircus stets selbst
in der Manege
Eine große
Herausforderung entsteht auch daraus, dass das Publikum bei einem
jährlichen Weihnachtscircus natürlich verwöhnt wird und die
Ansprüche steigen – da werden die regelmäßigen Besucher zu
„Circus-Profis“, die stets den Vergleich zu den Vorjahren ziehen.
Dieser Herausforderung stellen wir uns jedoch besonders gerne, vor
allem weil die Menschen in Ravensburg und Umgebung den Ravensburger
Weihnachtscircus mittlerweile als „ihren“ Circus sehen und sich
damit identifizieren. Das war beileibe nicht von Anfang an so – die
ersten zwei bis drei Jahre waren viel schwieriger, als wir das
jemals erwartet hätten. Wir mussten erst einmal mit großem Aufwand
und beharrlicher Arbeit die Botschaft vermitteln, was für eine
hochwertige Produktion wir anbieten. Wir spürten anfangs auch sehr
häufig, dass potenzielle Circusbesucher schon zu oft von anderen
Unternehmen enttäuscht wurden.
Wie steht Ihre
Familie zu Ihrer großen Circusleidenschaft?
Kretz: Wir
leben das ganze Jahr hindurch mit dem Thema Circus, und meine
Partnerin interessiert sich inzwischen auch sehr dafür, fühlt sich
wohl in der Circuswelt. Unsere Tochter hat das Circusfieber bereits
voll erfasst, sie wird in den Nachmittagsvorstellungen auch wieder
als kleine Circusprinzessin mit mir in der Manege stehen. Ich finde
es super, dass sie so aufwächst, mit all den Menschen aus
verschiedenen Ländern und mit ganz verschiedenen Sprachen. |