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Hochschule Künzelsau - Glanzstücke
22 Studenten organisieren einen professionellen Varietéabend

Künzelsau, 21. Januar 2011: Klar, meint Prof. Dr. Hermann-Josef Kiel, 50.000 Besucher bei einem einzigen Open Air auf dem Cannstatter Wasen, das gelinge nur den „Big Players“ im Showgeschäft. „Aber wenn ein Christoph Sonntag 100 Mal im Jahr sein Kabarettprogramm vor 500 Leuten zeigt, dann hat der auch 50.000 Zuschauer, das kannst du auch betriebswirtschaftlich sinnvoll gestalten.“ Wer wiederum ein großes Sommer-Event mit Zehntausenden Besuchern plane und dann bei Regen ohne Publikum dastehe, der sei „fertig, pleite“. Solche Zusammenhänge von Kunst und Kommerz sind Kiels großes Thema: Er ist Studiendekan für den Studiengang „Betriebswirtschaft und Kultur-, Freizeit- und Sportmanagement“ der Reinhold-Würth-Hochschule Künzelsau (Hohenlohekreis), einer Außenstelle der Hochschule Heilbronn.

Den Begriff „Eventmanagement“ vermeidet Professor Kiel bewusst: „Es geht eben auch um Inhalte, nicht nur das Ereignis an sich.“ Seit 2004 heuert er Kiel jedes Jahr einen anderen Künstler aus wechselnden Bereichen als Referent für die sogenannte Künstlerdozentur des Studiengangs an. Pur-Sänger Hartmut Engler, Kabarettist Christoph Sonntag, die Popgruppe Fools Garden und andere haben in den vergangenen Jahren aus dem Nähkästchen geplaudert, über ihre künstlerische Arbeit und Management-Fragen gesprochen. Für das Wintersemester 2010/2011 hat Dirk Denzer, bekannt unter anderem als Veranstalter des Schweinfurter Varietéfestivals „Magische Momente“, die Künstlerdozentur übernommen. Fraglos eine Idealbesetzung. Denn Denzer steht nicht nur selbst unter anderem als Moderator und Jongleur auf der Bühne, das Kerngeschäft seiner Firma „Dirk Denzer Performing Arts“ ist vielmehr das Eventmarketing, er schafft für große Unternehmen Varieté-Galas im großen Stil, oft mit beachtlichem technischen Aufwand, und wirkt dabei selbst als Regisseur.

 
Bellowski, Dirk Denzer, Roy Gardner und James

Zu sechs Vorlesungsterminen war Dirk Denzer nach Künzelsau gekommen. Aber nicht nur zuhören durften die 22 Studenten, sondern auch selbst aktiv werden. Die Organisation eines Varietéabends in der Hochschule für rund 170 Gäste war Thema ihrer Studienarbeit. In Projektgruppen wurden die verschiedenen Bereiche abgedeckt: die Suche nach Sponsoren, die Auswahl und Verpflichtung der Künstler, das Catering, Pressearbeit und Marketing, Bühnentechnik und Showdramaturgie sowie natürlich Finanzierung und Kalkulation. Seine Studenten sollen lernen, sagte Professor Kiel, wie sich Kultur und Wirtschaft zusammenbringen lassen. Ehe sie im Berufsleben stehen und viele von ihnen als Veranstaltungsplaner immer wieder Künstler engagieren, sollen sie lernen, diese zu respektieren, zu schätzen und zu wissen, wie sie ticken. Und dabei dürfe es nicht nur um Gewinnmaximierung gehen. Die Künstler des Varietéabends zeigten sich äußerst zufrieden: „Wir erleben hier wirklich eine super-professionelle Betreuung, besser geht es nicht“, lobte beispielsweise Diabolo-Artist Alexander Xelo.

 
Alexander Xelo, Schorsch Bross, Acrobalena

Auf der Bühne in der Aula der Hochschule standen letztlich vor allem Künstler, mit denen Denzer regelmäßig zusammenarbeitet. Zu ihnen gehört Alexander Xelo. Die Höhe des Raumes über der Bühne erlaubte ihm sein rasantes Spiel mit bis zu vier Diabolos als Schlussnummer. Seine enorme Bühnenpräsenz fasziniert dabei immer wieder. Am Beginn des Programms hatte er in seiner geheimnisvollen Zweitnummer mit vier gläsernen Kugeln jongliert. Bellowski präsentierte im ersten Auftritt komische Zauberei und eine Säbelbalance, später sein Spiel mit Seifenblasen, wobei die Vielfalt der Exemplare von en miniature bis riesengroß reichte. Die Lacher auf seiner Seite hatte Schorsch Bross als Bayer in der Krachledernen beim Alphornspiel, als dichtender Russe sowie als Klischee-Schwuler mit Jonglagen auf dem Einrad. Witzig und unterhaltsam ist auch Illusionist Roy Gardner als blasierter Graf, dem nichts so recht gelingen will, so dass sein Butler James mit mitleidig-strafendem Blick eine Taube nach der anderen herbeihext. Die Mongolin Acrobalena zeigte mit bestechender Technik Handstandequilibristik und Kontorsionistik zu Tango-Musik, bis hin zum Mundstand. Außerdem hatten die Studenten zwei Teilnehmerinnen der „Supertalent“-Suche auf RTL verpflichtet, die beiden jungen Spotakrobatinnen Janina und Sophia aus Stuttgart, und sogar selbst eine eigene Nummer einstudiert – ein heiteres Ping-Pong-Spiel als „Schwarzes Theater“ auf der dunklen Bühne. Die Moderation des Abends, jonglierend, Gitarre spielend und als Italo-Kellner auf Rollschuhen rasend, übernahm Dirk Denzer selbst. Dass eine Studienarbeit mit Standing Ovations gefeiert wird, das dürfte Seltenheitswert haben – bei den „Glanzstücken“, wie das Motto des Varieté-Abends lautete, ist jedoch genau dieses gelungen.

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Text und Fotos: Markus Moll