Der Zirkus Charles
Knie hat, wie schon häufiger bei längeren Gastspielen in
Großstädten, zur Gay Circus Night geladen. Und die Resonanz ist
enorm. Das Chapiteau ist auch zu später Stunde richtig gut gefüllt.
Das Angebot in der Restauration wurde entsprechend angepasst. Wodka
Red Bull und Rotkäppchensekt verkaufen sich bestens. Das Programm
ist zwar im Kern jenes, dass noch in der Vorstellung zuvor ablief,
die Präsentation jedoch eine ganz andere. Die Flugtrapeztruppe die
eben noch in eleganten Trikots durch die Luft flog, ist jetzt nur
mit dem Nötigsten bekleidet. Der Hohe Schule-Reiter, der kurz zuvor
als stolzer Spanier mit Hut auf seinem Friesen saß, tut dies nun im
knappen Höschen und mit eingeöltem freien Oberkörper. Doch es geht
hier nicht nur ums „Haut zeigen“. Viele originelle, auf die
Zielgruppe zugeschnittene Einfälle machen die Show zu einem Erlebnis
der besonderen Art. Für die Regie zeichnet wiederum
CircusZeitung-Redakteur Dirk Kuik verantwortlich.
  
Marlene deluxe, Daniela Stipka, Denisa Biasini
Perfekte Gastgeberin
ist die bereits erwähnte Marlene de Luxe. Er/Sie moderiert mit (Wort-)Witz,
Charme und einer gesunden Portion Selbstironie. Natürlich werden
zwischen den einzelnen Sequenzen gerne mal die Kostüme gewechselt.
Dabei kommen aber immer die ewig langen Beine optimal zur Geltung.
Schon der Einzug ist prächtig. In der von Monika Sperlich
„geborgten“ Sänfte wird sie würdevoll von den beiden Herren des
Balletts in die Manege getragen, um sich dort aus dem Pfauenmantel
zu schälen und das Publikum zu begrüßen. Erste Nummer ist das große
Pferdebild, welches kaum wiederzuerkennen ist. Die Damen des
Balletts werden von einer leichtbekleideten Lady ihrer Röcke
entledigt und tanzen in Spitzen um den wie eingangs beschrieben
auftretenden Dany Stipka auf seinem Schulpferd. Dabei wird er von
der der Dame im knappen Outfit becirct. Nachdem die beiden gemeinsam
auf dem Pferd reitend hinter die Gardine abgezogen sind, führt Marek
Jama im engen Lederoutfit den Sechserzug Araber vor.
Zwischenzeitlich hat sich das Hohe Schule-Pärchen verkracht und so
schließen sich kurzerhand die beiden Herren zusammen und
verschwinden gemeinsam durch den Artisteneingang. Nahezu unverändert
geblieben ist der Auftritt von Paolo Kaiser auf der Rola Rola, dem
die Bretter jetzt von einem Herrn des Balletts zugeworfen werden.
Auch Clown Andre darf „wie immer“ seine Späße, in diesem Fall das
„Duett mit Wischmopp“ und den „Fliegenden Teddybär“, machen.
  
Kenny Quinn, Monika
Sperlich, Tarzan und James
Statt „Tarzan und
Jane“ treffen bei der Zweitnummer der Flying Mendonca jetzt zwei
Tarzans aufeinander. Nachdem der Fänger und einer der Flieger der
Trapez-Crew sich am Boden gegenseitig begutachtet haben, geht es an
grünen Tüchern gemeinsam in die Luft. Berührungsängste gibt es
nicht. Das wunderbar live gespielte und gesungene „You'll be in my
heart“ steigert die Wirkung dieses Kür zusätzlich. Girls im
Dreierpack erleben wir im Anschluss. Dabei handelt es sich um Manta,
Steffi und Mona, die vom Ballett in Matrosenkostümen angekündigt
werden. Mona Sperlich lässt ihre beiden Seelöwinnen im sündigen
kurzen roten Kleid ihre bekannten Kunststücke vorführen. Und dank
Marlene de Luxe erfahren wir nach der eigentlichen Nummer auch
gleich, wie die beiden Meeressäugerinnen zueinander stehen. Zur
Pausennummer befördert wird Taschendieb Kenny Quinn, der wie von ihm
gewohnt, äußerst geschickt die Taschen seiner Gäste leert und
Brillen sowie Krawatten entwendet.
  
Flying Mendonca, Rene
Sperlich, Alex Lacey
Nach der Pause begrüßt
uns Marlene im Leopardenfell-Look umringt vom Jungle-Ballett des
Zirkus Knie. Alex Lacey präsentiert seine erstklassige gemischte
Raubtiergruppe wie gewohnt. Einziger Gag ist dabei das Tuch in
Regenbogenfarben, mit dem er sich den Schweiß abtupft. Dass der
Smartie aus England auch so glänzend beim Publikum ankommt, versteht
sich von selbst. Den freien Oberkörper gut eingeölt, erklimmt Rene
Sperlich den selbstgebauten Stuhlturm, der auf vier Flaschen steht.
Die Art und Weise wie der 16jährige seine Balancen und Handstände zu
einem Song von Queen präsentiert, sorgt für hörbare Hochstimmung auf
den Rängen. Dafür, dass der letzte Stuhl zum Schluss nur noch auf
drei Flaschen steht, sorgt Marlene de luxe, indem sie
höchstpersönlich Flasche Nummer vier entfernt. An der Leine führt
die Dame der Flying Mendonca ihre drei männlichen Kollegen in die
Manege. Dort befreit sie diese zunächst von ihren Leinen sowie den
Masken, die die Gesichter verhüllen. Während die Senorita auf dem
Fangnetz die Gerte schwingt, legen die Jungs auf der Brücke einen
heißen Strip hin. Nur noch sehr knapp bekleidet zeigen sie ihr
Repertoire inklusive Dreifachem und Passage. Als Überleitung zum
Finale tanzt das brasilianische Ballett mit den „fruchtigen“
Kopfbedeckungen, welches bereits vor der Flugtrapeznummer
südamerikanisches Flair verbreitet hatte. Zum Schluss gibt es die
Verabschiedung aller Mitwirkenden und danach Party im Vorzelt. So
endet weit nach Mitternacht eine ganz besondere Circusshow, die
selbst in einer exotischen Branche wie dem Circus nochmals besonders
exotisch wirkt und sich offensichtlich immer größerer Beliebtheit
erfreut. |