CHPITEAU.DE

Friedrichsbau - Servus... Gay-Edition
www.friedrichsbau.de

Stuttgart, 15. Oktober 2011: „Tagsüber ein Häusermeer, abends ein Lichtermeer und ab 22 Uhr geht gar nichts mehr“, so charakterisierte Travestie-Star Frl. Wommy Wonder im Friedrichsbau-Varieté die Landeshauptstadt Stuttgart. Klingt flott, stimmt aber nicht: Schließlich begann am 15. Oktober erst nach 22 Uhr die „Gay-Edition“ der Show „Servus, Grüezi und Hallo“ mit Stargast Wommy Wonder. Fürs schwul-lesbische Publikum bot das Varieté eine „verschärfte Version“ des Herbstprogramms, gemacht für „all diejenigen, die Pikantes lieben und eine Extraportion an Humor und Schrägem vertragen“.

Restlos ausverkauft war die einmalige Sondervorstellung. Wer im Dirndl oder in der Lederhosen kam, dem spendierte das Friedrichsbau-Varieté ein Glas Prosecco – und so sah man Trachten überall. Die „Gay-Edition“ der Varieté-Show hatte konzeptionell kaum etwas gemeinsam mit den „Gay Circus Nights“ im Zirkus Charles Knie, die bereits zwei Mal in Stuttgart stattfanden, 2008 ebenfalls mit Stargast Wommy Wonder. Bei Charles Knie wird für die „Gay Circus Nights“ stets das komplette Programm umgestrickt, werden die einzelnen Circusnummern in homoerotische Geschichten verpackt, werden Musik, Kostüme und Choreographie „umgaystaltet“ – man denke nur an die Tüchernummer, in der sich statt „Tarzan und Jane“ ausnahmsweise „Tarzan und James“ beschnuppern. Im Friedrichsbau hingegen wurde im Prinzip die reguläre, nur in Nuancen veränderte „Jodel-Show“ gezeigt, die den volkstümlichen Irrsinn von Musikantenstadel & Co. liebevoll aufs Korn nimmt, zum „Gay“-Thema aber keinen Bezug hat. Einzig Jean-Ferrys Trampolinnummer fiel weg. „Gay“ wurde das Programm nur durch Gastauftritte der örtlichen Szenestars Frl. Wommy Wonder, Schwester Bärbel und die vier „Schorle Sisters“.


Craig Reid, Frl. Wommy Wonder und Schwester Bärbel

Wommy Wonder – alias Michael Panzer – genießt als Travestiekünstler(in) in Stuttgart Kultstatus und wurde mit entsprechendem Jubel empfangen. Im Duett mit Bühnenpartnerin Schwester Bärbel (verkörpert von Marcelo Pivoto) präsentierte Wommy im ersten Programmteil einen Auftritt mit volkstümlichen und eigenen humoristischen Liedern und wirklich pikanten Standup-Gags („Neulich war ich auf einer griechischen Beschneidungsfeier, anschließend gab es frittierte Calamariringe“). Nach der Pause rechneten Wommy, natürlich stets mit gewaltigen Vollplastik-Frisuren ausgestattet, und Schwester Bärbel singend mit der volkstümlichen Musik ab („Springt diese Musik vom Gleis, verschwindet selbst das Edelweiß“). Schwester Bärbel war außerdem in einer pantomimischen Doppelrolle als Mann und Frau gleichzeitig zu sehen. Die vier „Schorle Sisters“ in ihren feschen Dirndln rundeten mit einem Playback-Tanz im Disco-Rhythmus („Wir brauchen Männer, Männer, Männer“) die zusätzlichen Einlagen ab – und betätigten sich vor der Show in rosa Dirndl-Outfit als Kartenabreißerinnen.

„Wahre Lachsalven“: Was sonst nur als Floskel in Zeitungsberichten auftaucht, wurde bei den flotten Sprüchen von Frl. Wommy Wonder, aber natürlich auch bei den Paradenummern der Show-Conférenciers Max Nix und Willi Widder Nix an diesem späten Abend Wirklichkeit. Und so hatte die „Gay Edition“ doch etwas gemeinsam mit der „Gay Circus Night“ – die umwerfende und überschäumende Stimmung im Publikum.

_________________________________________
Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber