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Patrick Burke
Seelöwen-Trainer in zweiter Generation

Wiesbaden, 29. März 2010: Blues-Brother-Outfit statt Matrosenuniform und ein amerikanisches Polizeiauto der 70er Jahre dessen Türen gewöhnliche Postamente ersetzten. Keine Frage: Einzigartig war jahrelang eine passende Beschreibung für John Burkes Seelöwenshow, mit der es der irisch-englische Tierlehrer, der früher auch im Schweizer Connyland mit Delfinen arbeitete, bis nach Monte Carlo brachte. Nun aber gibt es Konkurrenz aus dem eigenen Haus. Johns Sohn Patrick, der einen Englischen und einen Schweizer Pass sein eigen nennt, erobert mit einer ganz ähnlichen Darbietung die Circusmanegen und Varietebühnen Deutschlands.

Auch der 23-Jährige hat ein Auto, auch er lässt seinen Seelöwen singen und auch er zeigt als Schlusstrick das angebliche Balancieren auf der Schnauze seines Schützlings. Und doch gibt es einige Unterschiede zwischen Vater und Sohn, wie Patrick betont, als wir ihn im Rahmen des Sarrasani-Gastspiels in Wiesbaden zum Interview treffen. Erstens arbeiten er und sein Schützling Roger nicht zu Blues-Brothers-, sondern zu Charleston-Musik. Zweitens ist das Auto ein waschechter Oldtimer. Und drittens unterscheidet sich auch die Trickfolge.


Patrick Burke und Roger im Zwiegespräch

Markantester Unterschied ist sicher das witzige Zwiegespräch, in dem Roger die Bitten seines Trainers immer wieder mit einem gequietschten Nein ablehnt. Um sich noch etwas mehr von seinem Vater abzuheben, plant Patrick außerdem noch weitere neue Tricks in die Nummer einzubauen. Zum Beispiel würde er sich in Zukunft gern auf Rogers Schnauze durch die Manege tragen lassen.  Stark genug, sagt Burke, sei ein Seelöwe dafür auf jeden Fall: „Der packt locker zwei bis drei Personen“. Dementsprechend wäre es auch kein Problem, den angedeuteten Stand auf der Schnauze wirklich zu zeigen. Letztendlich wäre  das für Burke vielleicht sogar einfacher als die jetzige Version, die er für einen der kompliziertesten Tricks überhaupt hält. Sei es doch ziemlich schwierig, einem Seelöwen beizubringen, die Schnauze über einen längeren Zeitraum gen Himmel zu recken und dabei absolut still zu halten. Doch nicht nur diesen Trick hat sich Patrick von seinem Vater abgeschaut. Auch die Art wie er Roger belohnt, geht auf seinen Vater zurück.

Statt den Seelöwen nach jedem Trick mit einem Fisch zu füttern, gibt es für Roger erst nach einigen absolvierten Kunststücken etwas zu futtern. „Ich finde das sieht besser aus. Nicht so, als ob man um jeden Trick bitten und betteln müsste“, begründet Patrick sein Vorgehen. Die Entscheidung in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, hat Patrick, der noch zwei Schwestern hat, schon als Kind getroffen. Allerdings bestand sein Vater darauf, dass er – wie seine Zwillingsschwester, die als Friseuse arbeitet - zunächst einen „ordentlichen Beruf“ lernen sollte. Und so macht Burke junior zunächst eine Ausbildung zum Koch. Seit nun mehr vier Jahren widmet er sich ganz der Arbeit mit den Seelöwen. Im Sommer ist er im Hansa-Park Sierksdorf, wo er im Wechsel mit seinem Vater die Seelöwenshow präsentiert, und in der Wintersaison macht er Galas oder tritt mit Roger in Weihnachtscircussen auf. 2009 zum Beispiel war er beim Dresdner Weihnachtscircus von Busch-Roland. Seine erste Tournee absolvierte er nun in diesem Frühjahr mit dem Circus Sarrasani. Sein Traum für 2011 wäre es, einmal eine komplette Tournee in einem Circus zu absolvieren. Das passende Equipment dafür hat er bereits: Einen mächtigen Auflieger, in dem sowohl Patrick (Zimmer mit Bett und Dusche) als auch Roger (Zimmer mit kleinem Swimmingpool) Platz finden. An den Gastspielorten wiederum steht Roger ein geräumiges Außenbecken zur Verfügung, dessen nasser Inhalt permanent durch einen mit Ozon betriebenen Filter gereinigt wird.


Stand auf Rogers Schnauze


John und Patrick Burke

Insgesamt besitzen die Burkes zurzeit drei Seelöwen, die jederzeit auch zusammen – also im Duo oder Trio – arbeiten können: Roger (21 Jahre), Diego (6) und Lou (4). Alle drei sind Patagonische Seelöwen, die im Unterschied zu den häufig im Circus anzutreffenden Kalifornischen Seelöwen eine wesentlich umfangreichere Körperfülle haben. Patrick meint daher auch: „Ich arbeite lieber mit Patagonischen Seelöwen, weil sie sich nicht so schnell und zackig, sondern viel eleganter als ihre Kalifornischen Artgenossen bewegen.“ Und außerdem, fügt er augenzwinkernd hinzu, geben sie nicht so nervige Geräusche von sich. Gleichzeitig, betont Burke, dürfe man bei der Arbeit mit Seelöwen nicht vergessen, dass es sich dabei um Raubtiere handelt. Er selbst sei zum Glück aber noch nie gebissen worden. Was Patrick darauf zurückführt, dass seine Tiere absolutes Vertrauen zu ihm besäßen. Selbiges, erklärt er, kommt dabei wie folgt zustande: „Wenn ein neues Tier zu uns kommt, trainieren wir das erste Jahr gar nicht mit ihm, sondern füttern es bloß, um auf diese Weise sein Zutrauen zu gewinnen.“ In seinen gelernten Beruf jedenfalls will Patrick auf keinen Fall zurück. Obwohl man als Tierlehrer eigentlich nie Urlaub machen kann, kann er sich keinen anderen Job mehr vorstellen: „Die Arbeit mit Tieren macht mir einfach großen Spaß und wenn ich damit obendrein auch noch Menschen eine Freude machen kann, umso besser!“

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Text: Sven Rindfleisch; Fotos: Stefan Gierisch, Stefan Nolte, Sven Rindfleisch