Chapiteau.de:
Wie ging es dann weiter?
Johannes Büchel: Der
Circus "René und Patricia Althoff" bewarb sich für den eigentlichen
Circusplatz "Jahnwiese" und spielte hier im März 2006 mit einem
Riesenerfolg. Die Sinziger waren nun für das Thema "Circus"
sensibilisiert und unsere überregionale Werbung sorgte für ein volles
Zelt. In die "Bundesliga der Circusunternehmen" kamen wir dann per
Zufall. In der Nachbarschaft war es zu einer doppelten Vergabe gekommen
und per Internet machte uns Maria Varfi, die Pressesprecherin von
Charles Knie (Sascha Melnjak) ausfindig. "Sie sind doch in Sinzig
bekanntlich für den Circus aufgeschlossen....." begann sie ihre Anfrage
und sprach uns damit auch gleich ein Lob aus. Der Platz war frei und der
Circus ging das Wagnis ein. Die Unterbringung des großen Fuhrparks war
eine logistische Herausforderung. Doch es gelang und Knie war für Sinzig
und die weite Umgebung der Knüller. Ausverkaufte Vorstellungen und
Begeisterung über dieses junge frische Unternehmen mit einem
herausragenden Programm. Im letzten Jahr war es Probst (West), der hier
mit seinem tollen Programm gastierte. Vom 2. bis 5. Juli 2009 wird nun
Busch-Roland erwartet, ehe im nächsten Jahr Charles Knie wieder kommt.
Chapiteau.de:
Kommen Sie als "Circusstadt"
den Unternehmen auch in Sachen Plakatierung und fälligen Gebühren
entgegen?
Johannes Büchel:
Ja, das Plakatieren ist
großzügig gestattet und gebührenfrei. Die Pressewerbung übernehmen
wir und auch Rundfunk und Lokalfernsehen konnten wir immer wieder
gewinnen. So sorgten Elefantenfütterungen oder ein Tigerfrühstück im
Bürgermeisterbüro für die überregionale Beachtung. Unser Ordnungsamt ist
mit Sperrungen und dergleichen ebenfalls bemüht, den Circus flexibel
beim Aufbau und während des Gastspieles zu unterstützen. Ein großes Plus
der Stadt ist aber natürlich auch der zentrumsnahe Platz, der ringsum
zahlreiche Parkplätze bietet und darüber hinaus nur wenige Gehminuten
vom Bahnhof entfernt ist. Für den Festplatz wird bislang keine Gebühr,
sondern nur die Kaution verlangt. Aber damit der Circus etwas Besonderes
bleibt, wird nur ein Unternehmen pro Jahr zugelassen.

Chapiteau.de:
Nach welchen
Kriterien entscheiden Sie, ob ein Circus in Sinzig zugelassen wird?
Johannes Büchel:
Nicht jeder große Circus ist auch ein guter Circus. So fragen wir, wenn
wir das Unternehmen nicht selbst kennen, bei den Kollegen anderer Städte
nach deren Erfahrungen und recherchieren auch im Internet. Die
Unternehmen, die hier gastierten, geben ebenso gerne Tipps bezüglich der
seriösen Kollegen.
Chapiteau.de:
Was glauben Sie, woran liegt es, dass immer mehr
Städte den Circus auf Plätze am Rand der Stadt drängen oder
schlimmstenfalls gar keinen Circusplatz mehr bereit halten?
Johannes Büchel:
Das kann mehrere Gründe haben. Vielleicht haben die Ordnungsämter sich
"auf die falschen" eingelassen und beurteilen nun alle Unternehmen
gleich (nämlich negativ). Auch ist es für viele Städte lukrativer, die
letzten Quadratmeter in der City noch zu verkaufen, anstatt sie als
Festplatz vorzuhalten.
Chapiteau.de: Nennen Sie doch ein paar
Gründe, warum Sinzig hier einen anderen Weg geht, und warum sich andere
Städte daran ein Beispiel nehmen sollten?
Johannes Büchel:
Für uns ist Circus ein wichtiges Kulturgut. Wenn selbst so große und
gute Unternehmen wie Barum aufgeben, dann ist das für mich ein böses
Zeichen. Hier gilt es auch für die Städte entgegen zu wirken und den
Unternehmen ihre Tournee zu erleichtern. Wir bemühen uns um Varietee und
Bauerntheater. In unseren Hallen wird in Comedy-Reihen gegröhlt und
gebrüllt. Wo aber bleiben die strahlenden Kinderaugen? Es ist schön zu
sehen, wie unsere mit Handys und PCs verwöhnten Kids Alexander Lacey
aufatmend zujubeln, wenn der Kopf wieder aus dem Rachen des Löwen Massai
draußen ist. Es ist toll, wenn Sie einem Kamel ins Gesicht schauen und
über einen Clown unbesschwert lachen können. Wir Sinziger kommen dem
Circus sehr entgegen, aber wir erhalten auch unendlich viel zurück.
Circus in der Stadt - das ist ein Stück Lebensqualität.
Chapiteau.de: Was zeichnet für Sie einen
guten Circus aus, gehören auch Tiere dazu?
Johannes Büchel:
Ein Programm, das seinen Eintritt wert ist. Eine gute Regie und (wo
immer möglich) Live-Musik. Und natürlich gehören auch Tiere dazu. Und
die reisen in den seriösen Unternehmen genauso gut wie die Artisten.
Auch da hat sich in den letzten Jahren vieles bewegt. Ich bin aber
dafür, dass nur Tiere mitreisen, die auch im Programm einen Sinn
erfüllen und auftreten. |