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Sascha Melnjak
"Ein paar Plakate aufhängen, reicht heute nicht mehr!"

Friedberg, 31. August 2005: Als Veranstalter des Heilbronner Weihnachtscircus hat Sascha Melnjak bewiesen, dass der klassische Circus längst nicht tot ist. Ende letzten Jahres hat der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann nun bei Busch-Roland als Tourneeleiter angeheuert. Mittlerweile reist er wieder mit und hilft mit seiner Erfahrung überall, wo Not am Mann ist, um das traditionsreiche Unternehmen „wieder zu stabilisieren“. Mittlerweile stellen sich erste Erfolge ein: das erste Gastspiel nach der Sommerpause in Friedberg verlief „bestens“. Zwei volle Vorstellungen am Premierentag sprechen eine deutliche Sprache. Chapiteau.de nutzte das Gastspiel, um mit Sascha Melnjak über seine Tätigkeit bei Busch-Roland und die Zukunft des klassischen Circus zu sprechen.

Chapiteau.de: Herr Melnjak, seit wann und in welchem Aufgabenbereich sind sie für Busch-Roland (BuRo) tätig?

Sascha Melnjak: Im November 2004 habe ich die Tourneeplanung für BuRo übernommen. Ursprünglich war geplant, die Arbeit von zuhause aus zu erledigen. Recht schnell stellte sich aber heraus, dass es besser sein würde, vor Ort zu sein. Da mich auch mein Gefühl wieder zum Circus zog, bin ich seit April 2004 wieder mit on tour. Recht bald änderte sich dann auch mein Aufgabengebiet und nun bin ich nicht nur für Tourneeplanung, sondern auch für Werbung zuständig und unterstütze Maria Eleky bei der Pressearbeit.

Chapiteau.de: Was machen sie anders als ihre Vorgänger?

Sascha Melnjak: Vor allem im Bereich Werbung haben wir komplett umgestellt. Die Plakate wurden auffälliger gestaltet und werden mindestens drei Wochen im Voraus in den Gastspielstädten verteilt, der Postversand an Einrichtungen mit Publikumskontakt (Firmen, Kindergärten, Schulen, Ärzte, Anwälte) wurde wieder aufgenommen und durch frühzeitiges Anfragen und attraktivere Konditionen versuchen wir intensiv Zeitungen als Präsentationspartner zu gewinnen. Zudem haben wir einen Familientag eingeführt. Die Nachmittagsvorstellung am ersten Gastspieltag wartet mit reduzierten Preisen auf: 15 Euro für Loge, 10 Euro für alle anderen Plätze. Wir erhoffen uns so am ersten Tag ein volles Zelt, um viel Mund zu Mund Propaganda zu erhalten. Denn ein paar Plakate aufhängen und dann hoffen, dass die Leute kommen, reicht heute nicht mehr aus.

Chapiteau.de: Welche Pläne gibt es für die Zukunft?

Sascha Melnjak: Zunächst einmal wollen wir gemeinsam erreichen, dass der Name Busch-Roland weitergeführt wird und eine neue Blüte erlebt. Dafür soll es im nächsten Jahr wieder ein stärkeres Programm geben, weitere Investitionen in die Infrastruktur (Scanner, Bürowagen) sind angedacht. Selbstverständlich dürfen wir dabei angesichts der schweren Zeit für den Circus allgemein nicht übertreiben. Alles muss sich rechnen!

Chapiteau.de: Wie läuft die Zusammenarbeit mit Direktor Filip Geier-Busch?

Sascha Melnjak: Wir sind ein super Team. Nach der Übernahme des Unternehmens von seinem Vater war es schwierig für Filip Geier-Busch in das schwierige Circusgeschäft rein zu kommen, musste sich doch plötzlich um Bereiche kümmern, in denen er vorher nie gearbeitet hat. Aber eins ist sicher: Filip Geier-Busch will das Geschäft unbedingt weiter führen und „seinen Circus“ in die Erfolgsspur zurück bringen. Da der Name Busch-Roland durchaus auch Publikum zieht und bei den Stadtverwaltungen einen guten Klang hat, sehe ich die Zukunft für BuRo sehr positiv.

Chapiteau.de: Mit dem Heilbronner Weihnachtscircus haben sie bewiesen, dass der klassische Circus längst nicht tot ist, sondern, wenn er professionell gemacht ist, ein großes Publikum hat. Was denken sie persönlich, worauf kommt es beispielsweise bei der Programmzusammenstellung an?

Sascha Melnjak: Ich persönlich lege Wert darauf, dass ein Programm alle Altersklassen anspricht. Es muss für jeden etwas dabei sein. Darüber hinaus favorisiere ich schnelle temporeiche Programme mit sympathischen Artisten. Und Tiere dürfen freilich auch nicht fehlen. In Heilbronn etwa fragen die Leute explizit nach Tieren. Die weißen Tiger von Susan Lacey beispielsweise waren im letzten Winter das Thema der Circusbesucher. Als Tierfreund achte ich allerdings darauf, dass Haltung und Umgang mit den Tieren absolut okay sind.

Chapiteau.de: Kann man solch ein Konzept auch auf den Tourneebetrieb übertragen?

Sascha Melnjak: Solch ein Programm wie in Heilbronn freilich nicht, schon allein wegen der Kosten. Aber teuer muss ein reisendes Programm gar nicht mal sein, es kommt darauf an, dass die Show sympathisch rüberkommt.

Chapiteau.de: Sinkende Zuschauerzahlen sind ja leider nicht wegzudiskutieren. Worin liegen ihrer Meinung nach die Probleme des klassischen Circus?

Sascha Melnjak: Der Circus muss heute mit einer Menge anderer Freizeitangebote konkurrieren und da gleichzeitig die finanzielle Situation vieler Menschen nicht gerade rosig ist, neigen viele Menschen verständlicherweise zum Sparen. Ein weiteres Problem ist aber auch der „schlechte Circus“. Mit enormer Werbung versprechen viele unseriöse Circusse potentiellen Besuchern das Blaue vom Himmel, lösen ihre Versprechungen dann aber nicht ein und hinterlassen enttäuschte Besucher, die von Circus anschließend erst einmal genug haben. Den Vorwurf von Mitbewerbern starke Weihnachtscircusprogramme machten das Reisegeschäft kaputt, weise ich dagegen entschieden zurück. Ich meine viel mehr, dass wir in Heilbronn beispielsweise etwas für das Image des Circus tun und ihm so neue Zuschauer erschließen.

Chapiteau.de: Gibt es trotz aller Probleme eine Zukunft für den klassischen Circus?

Sascha Melnjak: Definitiv ja! Ich bin fest davon überzeugt, dass auch wieder bessere Zeiten für den Circus kommen. Der Circus ist nun mal eine einzigartige Form von Liveunterhaltung, die auch in Zukunft Zuschauer finden wird. Kleine Anpassungen an den Zeitgeist vorausgesetzt. Einen Circus ohne Tiere will und kann ich mir aber nicht vorstellen.

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Text und Fotos: Sven Rindfleisch