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Tom Dieck jr.
Die junge Generation im Raubtierkäfig
www.tom-dieck-jr.de

Straßburg, 26. Mai 2005: Es gibt wohl kaum einen Vater, der sich nicht darüber freut, wenn der Sohn in die eigenen Fußstapfen tritt. Dem erfahrenen Raubtierdresseur Tom Dieck geht es da nicht anders. Mit väterlichem Stolz verfolgt er den Weg seines 22jährigen Sohnes Tommy Dieck, der seit Anfang des Jahres mit seiner siebenköpfigen gemischten Raubtiergruppe zu den Stars in der Manege des französischen Vorzeigecircus Arlette Gruss gehört. „Anfangs ist der Druck schon sehr groß gewesen“, erzählt Tommy, sei doch die ganze Branche gespannt gewesen, was der Dieck-Sprössling auf die Beine stellen werde.

Nun aber, wo feststeht, dass die Nummer bei Publikum und Fachwelt ankommt, ist eine enorme Last von seinen Schultern gefallen. Zugute kommt Tommy Dieck dabei, dass für ihn von Anfang an feststand, in der Manege einen anderen Stil zu arbeiten: „Wilder und jünger“. Und wirklich: die von Tommy gezeigte Nummer ist voller Action und Tempo. Mannigfaltige Sprünge und temperamentvolle Scheinangriffe wechseln sich ab. Letztere sind genau wie die Sprünge vorher einstudiert und letztlich nur spielerisch. So wisse der männliche Löwe Kasim, dass er nur solange mit Prankenschlagen und Fauchen auf Tommy zulaufen darf, bis dieser das Käfiggitter erreicht, „sich groß macht“ und damit dem Löwenmännchen signalisiert: „Aufhören“.

Momentan besteht Tommy Diecks „Gemischte“ aus sieben Tieren: Drei männliche und zwei weibliche Löwen, sowie zwei Tigerinnen. Im Dezember 2003 begann Tommy unterstützt durch seinen Vater mit dem Aufbau der Gruppe. Zunächst galt es, die sehr jungen Tiere an den Kontakt mit Menschen zu gewöhnen: Behutsam wurde durch die Gitterstäbe und beim Spielen im Käfig Vertrauen zwischen Mensch und Tier aufgebaut. Denn, so Tommy Dieck, in der Manege und auch außerhalb sei er zwar schon das Leittier, Angst dürften die Tiere aber auf keinem Fall vor ihm haben. Schon allein aus diesem Grund sei der Vorwurf vieler Tierschützer „Dressur funktioniere nur mit Gewalt“ völlig absurd. Vielmehr funktioniere alles über Belohnungen. „Wenn etwas wie gewünscht klappt, gibt’s ein Stück Fleisch. Falls nicht wird der Trick so lange wiederholt bis er klappt.“ Das Stück Fleisch signalisiert den Tieren also: „Alles richtig gemacht!“, erklärt Tommy Dieck. Darüber hinaus pflegen die Diecks zu allen ihren Schützlingen ein inniges durch Liebe und Respekt geprägtes Verhältnis. Beinahe so herzlich wie Hunde begrüßen die Tiere ihre menschlichen Partner, wenn sich einer von ihnen dem Käfig nähert. Besonders eine Tigerin hat es Tommy Dieck angetan, auch wenn man um Eifersüchteleien zu vermeiden, eigentlich keine Lieblinge haben sollte. Sie ist jeden morgen als erste am Gitter und lässt sich von Tommy kraulen. Leider, so Dieck junior, „wollen die Tierschützer solche Sachen nicht sehen“. Sie behaupten lieber weiter das Leben im Circus sei für alle Tiere purer Stress. Dabei reicht ein Blick während der Show auf Löwenmännchen Konga, um sich vom Gegenteil zu überzeugen. In einer Seelenruhe studiert er jedes einzelne Mitglied des Orchesters, ohne sich vom Geschehen in der Manege ablenken zu lassen. Sein Chef nimmt es gelassen hin: „diese Überraschungen sind doch gerade die schönen Aspekte der Arbeit mit Tieren“.

Da Tommy Dieck diese enge Beziehung zu den Raubkatzen schon von klein auf kannte und schätzte, stand es für ihn bereits im Alter von 17 Jahren fest, dass er die Arbeit seines Vaters fortführen will. Dieck jr. zählt damit zu den wenigen jungen Leuten, die den Beruf des Tierlehrers am Leben erhalten. Sein Vater wird sich in Kürze dagegen aus dem Circusgeschäft zurückziehen. Seine alte Löwengruppe genießt bereits seit dem Beginn dieser Saison ihren Lebensabend in einer holländischen Auffangstation. „Nach einem 30jährigen Leben für die Tiere, ist es Zeit auch mal an sich zu denken“, erläutert Tom Dieck senior seine Beweggründe.

Zu welchem Circus es Tommy und seine Freundin Stephanie Burlet in der nächsten Saison hinzieht, steht dagegen noch nicht hundertprozentig fest. Fest steht dagegen: „Zu einem Circus, der mir verbietet meine Außengehege aufzubauen würde ich nie gehen!“, bezieht Tommy Dieck klar Stellung und demonstriert so ein weiteres Mal, dass für ihn immer das Wohl der Tiere an erster Stelle steht.

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Text
: Sven Rindfleisch; Fotos: Sven Rindfleisch, Cirque Arlette Gruss