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Pom Pom
Der interaktive Clown

Mainz, 2. Februar 2004: Laszlo Szabo entspricht weder in der Manege noch privat der Klischeevorstellung vom „dummen August“, der in der Manege über seine eigenen Füße stolpert und nach der Vorstellung in tiefster Traurigkeit versinkt. Und dennoch oder gerade deshalb ist Szabo alias „Pom Pom“ der Publikumsliebling bei Manege. Charmant und unaufdringlich führt er als roter Faden durchs zweieinhalbstündige Programm und ist auch außerhalb der Manege ein eloquenter und sympathischer Gesprächspartner. Zwar verzichtet auch er nicht auf Mitspieler aus dem Publikum, im Gegensatz zu manchem seiner Kollegen gibt er seine „Mitstreiter“ aber nie der Lächerlichkeit preis.

Nicht verwunderlich also, dass nach der Vorstellungen immer wieder seine vermeintlichen Opfer auf ihn zukommen und von der kurzen Zusammenarbeit schwärmen. Auf Mitspieler aus dem Publikum zu verzichten, kommt für Laszlo Szabo nicht in Frage. Mache diese Interaktion doch gerade den großen Spaß am „Clownsein“ aus. Ohne die Herausforderung jeden Tag mit einem anderen Publikum, neuen Mitspielern zu arbeiten, würde Szabo etwas fehlen. Und so arbeitet er bereits seit 14 Jahren als „interaktiver Clown“. Allerdings immer auf die sanfte Art, wie er betont: „Wer nicht mitmachen will, muss auch nicht.“ Ein Patentrezept für die Auswahl der Partner aus dem Publikum gebe es aber leider nicht. Und die besten Geschichten entstehen sowieso immer zufällig. So sei zum Beispiel vor kurzem ein zweieinhalbjähriger Junge seinem Vater in die Manege gefolgt und habe dort die ganze „Menschen aus dem Publikum musizieren“-Nummer an sich gerissen.

Sympathischerweise gesteht Szabo ein, dass er sich bei Besuchen anderer Circusunternehmen auch immer davor fürchtet als Mitspieler ausgewählt zu werden. Trotzdem gefällt Szabo die Möglichkeit anstelle von Freiwilligen aus dem Publikum auf einen „Stooge“, also einen „getürkten Zuschauer“, zurückzugreifen eigentlich gar nicht. Weil immer die Gefahr bestehe, dass der eingeweihte Partner irgendwann die Nummer dominiere. Auf Idee der Circusleitung probiert es „Pom Pom“ aber nun doch einmal mit einem Stooge. Und zwar mit riesigem Erfolg: Das Entree „Spiel mir das Lied vom Tod“ ist mittlerweile ein Höhepunkt des Programms. Nicht zu letzt Dank des unnachahmlichen Spiel des Partners, der für Unwissende nicht erkennbar den leicht verunsicherten manegenunerfahrenen Zuschauer gibt. Szenenapplaus für den Stooge, wenn er sich auf seinen Platz zurücksetzt, ist keine Seltenheit. Ideen für seine Nummern, das gibt Szabo offen zu, holt er sich auch schon mal bei Kollegen seiner Zunft. Daran sei auch nichts verwerfliches: „Schließlich bieten mittlerweile auch alle Bäcker Mohnkuchen an, obwohl nur einer diesen erfunden hat.“ Gar nicht verstehen kann er aber, dass manche Clowns Ideen eins zu eins übernehmen. Es sollte doch jeder Clown seinen eigenen Stil finden. Als Beispiel nennt er seine Version des „Menschen aus dem Publikum musizieren“ – Entrees, die auf humorvolle Weise das Queen-Video „We want to break free“ imitiert. Seinen endgültigen eigenen Stil habe er aber noch nicht hundertprozentig gefunden. Es sei aber auch noch Zeit, denn sein Onkel und Vorbild Spider Austin, der in den 30er und 40er Jahren als Starclown mit den größten Circussen Europas reiste, hat ihm mal gesagt: „deinen Stil solltest du mit 50 Jahren gefunden haben.“

Laszlo Szabo alias Pom Pom ist 40 und seit knapp einem Monat glücklich mit der russischen Trapezartistin Galina verheiratet. Die Trauung fand im Rahmen des diesjährigen Heidelberger Weihnachtscircus statt. Ein Paar sind die beiden allerdings schon seit drei Jahren. Noch teilen sie ihren komfortablen Camping nur mit dem weißen Scott-Terrier „Einstein“, ein „kleiner Pom Pom“, verrät Szabo stolz, ist aber bereits auf dem Weg. Beim Circus angefangen hat Szabo erst mit 26 Jahren. Vorher hat er den Rat seines Großvaters befolgt und 10 Jahre in einem 4-Sterne-Hotel gearbeitet. Irgendwann hatte er davon aber die Schnauze voll und sein von der Mutter geerbtes Circusblut setzte sich durch. Der große Vorteil des Circusleben sei einfach die tägliche Abwechslung. Mit der Stechkarten-Mentalität des "normalen Berufsleben" konnte er sich nie anfreunden. Bei Manege ist „Pom Pom“ seit das junge Unternehmen vor vier Jahren gestartet ist. Vorher war er viel in England und Ungarn on tour. In Deutschland ist er unter anderem mit „Universal Renz“ gereist. Bei Manege fühlt sich „Pom Pom“ rundum wohl. Augenzwinkernd gesteht er, er könne sich durchaus vorstellen dort in Rente zu gehen. Schließlich erkenne man seine Arbeit an und behandle ihn nicht wie den Pausenclown der immer dann raus muss, wenn Requisiten reingetragen werden. Momentan feilt er in seinem Kopf gerade an einer neuen Nummer mit einem überdimensionalen Handy. Proben? Gibt’s nicht! Geübt wird nur vor Publikum, denn nur unter „Wettkampfbedingungen“ kann man feststellen, ob die neue Nummer auch beim Publikum ankommt. Die Idee sollte - zumindest im Kopf – allerdings schon relativ ausgereift sein.

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Text und Fotos
: Sven Rindfleisch