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34. Festival International du Cirque
de Monte Carlo 2010
www.montecarlofestivals.com ; Showfotos von Stefan Gierisch

Monte Carlo, 14. - 24. Januar 2010: Circus-Festivals gibt es mittlerweile zu Hauf, aber das 1974 von Fürst Rainier III ins Leben gerufene Festival International du Cirque de Monte-Carlo hat immer noch einen besonderen Stellenwert. An der Cote d'Azur trifft sich einmal im Jahr die Circuswelt, hier werden sie verliehen, die Bronzenen, Silbernen und natürlich Goldenen Clowns – die „Oscars der Circuswelt“. Auch wenn es heuer keine zwei komplett unterschiedlichen Auswahlprogramme mehr gab - sowohl  Martin Lacey junior als auch Petra und Roland Duss, Sonni Frankello, die Rossyanns und das Acro Trio traten mit mehr oder weniger gleichen Darbietungen in den verschiedenen Shows auf - wurden dem Publikum unterhaltsame und spannende Vorstellungen geboten.


Rossyann, Acro Trio, Alain Alegria

Eröffnet wurden die Programme durch Weißclown Yann Rossi und die drei jungen Akrobatinnen des Acro Trios, die wie im Jahr zuvor Dominic Lacasse, von Prinzessin Stefanie in der TV-Sendung „Incroyable Talent“ entdeckt und zum Festival eingeladen wurden. Die Hand-auf-Hand-Darbietung der elf bzw. 17 Jahre alten Sportakrobatinnen konnte überzeugen und vielleicht sehen wir die drei ja auch in der Zukunft in der ein oder anderen Circusmanege. Mehr als ungünstig im Programm platziert wurde in der ersten Auswahlvorstellung Alain Alegria mit seiner waghalsigen Darbietung am Washington-Trapez, mit der bereits sein Onkel Sabu Alegria in vielen großen Circussen Begeisterung hervorrief. Alains Nummer entwickelte sich aus der Eröffnungsparade heraus und fand vielleicht deshalb nicht die volle Aufmerksamkeit und Achtung des Publikums. Dass die Jury diese Nummer aber offensichtlich nicht zu schätzen wusste und Alain Allegria lediglich einen Sonderpreis zusprach, ist nicht nachvollziehbar. Ein Clown – und nicht unbedingt nur ein bronzener – hätte mit Sicherheit verdienter Lohn sein müssen.


Zulu, Duo Stykan, Rob Torres

Ebenfalls ohne Auszeichnung mit einer der begehrten Clown-Trophäen blieben die Zebras mit ihren Handvoltigen, Handstand-Artist Glen Nicolodi, die Starbugs Comedians (2009 beim Schweizer Nationalcircus Knie), die Truppe Yabukovi an den Strapaten, Nathalia Hertz am Trapez, die Partnerequilibristik des Duo Stykan, der amerikanische Komiker Rob Torres, Salima Peippo am Vertikalseil, die Kopfperche-Nummer der Truppe Hangzhou („doppelte Ringperche“ mit zwei Artistinnen, die vom Untermann über acht Minuten ohne Unterbrechung auf dem Kopf gehalten wird), Andrejs Fjodorovs und seine Tauben (2009 bei Arlette Gruss), die Springertruppe Zulu und „Courtcircuit“ (Christophe Loizon), dessen tieferer Sinn seiner „Zwischenspiele“ (u.a. auf einem aufgeblasenen Wal, nebst Seifenblasenmaschine auf dem Kopf, reitend) sich nicht nur mir nicht erschlossen haben.


Bronze: Blue Sky Girls


Bronze: Sonni Frankello

Mit dem Spezialpreis der Jury wurde die Schleuderbrettnummer der Chernievsky (2000 in anderer Besetzung Goldener Clown) ausgezeichnet. Die Jury, unter dem Vorsitz von Prinzessin Stefanie, vergab in diesem Jahr je vier Bronzene und Silberne sowie zwei Goldene Clowns, die die Preisträger aus den Händen von Prinzessin Stefanie und ihrem Bruder, Fürst Albert II, entgegennehmen durften. Bronze ging an die neun Kontorsionistinnen der Blue Sky Girls, deren Darbietung stellenweise an einen Drei-Manegen-Circus erinnerte, wenn die Artistinnen, in Dreier-Gruppen, auf ihren Podesten zeitgleich unterschiedliche Tricks präsentierten. Ebenso ging Bronze an den deutschen Tierlehrer Sonni Frankello für seine Elefantendarbietung und an die Garcias an der rotierenden Rakete. Den vierten Bronzenen Clown erhielten die Rossyanns, die zu den letzten klassischen Musikal-Clowns gehören.


Silber
: Russischer Barren vom Cirque du Soleil, Roland Duss, Flying Michaels

Über einen Silbernen Clown freuten sich Petra und Roland Duss mit ihren vier Seelöwen ebenso wie die Dshigiten-Reiter Eshimbekov. Die Russische-Barren-Darbietung des Cirque du Soleil (Alegria) dürfte sich sich dagegen mit Sicherheit nicht gefreut haben über ihren Silbernen Clown. Für die hochkarätige und absolut fehlerfreie Arbeit an drei Russischen Barren (sechs Untermänner und drei Flieger) ist alles andere als die Vergabe eines Goldenen Clowns nicht nachzuvollziehen. Allein die Folge von mehreren doppelten Sali hintereinander, ohne jegliche Unsicherheit, sowie die Sprünge von einem zum anderen Barren suchen ihresgleichen. Bei der Preisträgergala erhob sich das Publikum bereits während der „Alegria“-Nummer von den Stühlen zu Standing Ovations. Als der Soleil-Truppe dann "nur" der Silberne Clown übergeben wurde waren Verwunderung und Unmut des Publikums nicht zu überhören. Vollkommen zu recht erhielten die Alegria-Artisten den Publikums-Preis. Für das Fliegende Trapez der „Flying Michaels“ (Höhepunkt der Dreifache Salto mit verbundenen Augen) gab es ebenfalls einen Silbernen Clown – gerade im Vergleich zu den mit dem gleichen Preis ausgezeichneten Soleil-Artisten, wäre für die Michaels ein Bronzener Clown angemessener gewesen.


Gold: Ikarier aus Shandong

Einen Goldenen Clown gab es für die 22 Ikarier der Truppe Shandong. Schade, dass diese Darbietung doch mehr an eine „Massenveranstaltung“ als an eine ästhetische Artistik-Vorführung erinnerte; einige der Tricks waren auch nur durch Unterstützung bzw. Hilfestellungen zu verwirklichen. Mit dem zweiten Goldenen Clown wurde Martin Lacey jun. für seine Raubtier-Darbietung (12 Löwinnen und Löwe Kasanga) ausgezeichnet. Martin hat mittlerweile die vier Junglöwen (davon zwei weiße) in die bestehende Nummer integriert und wurde vom monegassischen Publikum zu recht gefeiert; als „Zugabe“ präsentierte er auch in Monte-Carlo den weißen Löwen King Tonga.

Durch die Programme führte auch in diesem Jahr wieder Petit Gougou als „Monsieur Loyal“ und für den guten Ton sorgte das große Orchester von Reto Parolari, wobei letzterer leider krankheitsbedingt nicht am Festival teilnehmen konnte. Abgerundet wurde das 34. Circusfestival von Monte-Carlo wieder durch ein umfangreiches Rahmenprogramm: im Port Hercule (Hafen) fand ein Open-Air-Circus statt, im Théâtre Princesse Grace waren Bilder des Künstlers Igor Akimov zu sehen und im Marriott Hotel gab es neben dem ECA-Symposium auch wieder eine „Circus Business Exhibition“. Ebenso gab es wieder einen Circus-Gottesdienst unter Mitwirkung von Artisten und Tierlehrern und ein Fußballspiel zwischen einer Festival-Mannschaft und einer Mannschaft des Fürsten.Auch wenn man dieses Jahr ein klein wenig kürzer getreten ist, so war auch dieses Festival wieder eine Reise wert und wir freuen uns schon jetzt auf das 35. Festival International du Cirque de Monte Carlo – vom 20.-30. Januar 2011.

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Text und Fotos: Stefan Nolte