Zumindest an
diesem Samstagnachmittag sind es vor allen Dingen Anhänger der
kölschen Band, die den Weg in die gelb-blaue Zeltstadt genommen
haben. Diese ist an der Zoobrücke, umgeben von stark befahrenen
Straßen, aufgebaut. Wenn Leadsänger Patrick Lück den Song „Steh
auf, mach laut!“ intoniert, dann tun die Zuschauer genau das.
Die Stimmung ist während der knapp drei Stunden (inklusive
Pause) bestens. Nur bei den bewusst gesetzten ruhigeren Passagen
kehrt Stille ein.

Zeltanlagen
an der Zoobrücke in Köln
Die Regie hat wie
gewohnt Thomas Bruchhauser übernommen. Mit seiner Agentur hat
Sandor Donnert erfolgreich nach Artisten Ausschau gehalten.
Dafür, dass die Show präzise abläuft, sorgt der umtriebige
Donnert mit seinem Team ebenfalls. Auch Marco Biasini ist mit
von der Partie. So erleben wir keine Umbaupausen, alles
funktioniert wie am Schnürchen. Das Herein- und Herausbringen
größerer Requisiten geschieht, ohne dass das Publikum etwas
merkt. Den circensischen Part gesamthaft verantwortet die
Grandezza Entertainment von Thomas Schütte.
  
Georg
Leiste, Mr. Lo, Svyat Rasshivkin
Bevor es so
richtig losgeht, mimt Georg Leiste den Zuschauer ohne passende
Eintrittskarte. Um das Chapiteau nicht wieder verlassen zu
müssen, heuert er kurzerhand beim Circus an. Dann nehmen die
Höhner an ihren Instrumenten rechts und links des
Artisteneingangs Platz. Zu ihrem ersten Song strömen alle
Mitwirkenden herein und präsentieren sich. Anhand des Titelsongs
„Vivace“ stellt Patrick Lück das übergeordnete Thema der Werte
vor. Für „Lebensfreude“ steht Mr. Lo. Der Papierreißer zaubert
aus ganz normal aussehenden Bögen Papier wahre Kunstwerke. Etwa
ein Poster mit dem Motto der Show und mehreren Figuren. Auch ein
Großteil seiner Kleidung und sein fahrbarer Untersatz sind aus
Papier. „Selbstironie“ beweisen die Höhner, wenn sie ihre eigene
Band mit Figuren, die aus ihren verkleideten Knien bestehen,
bilden. In der Tat höchst witzig und originell. Svyat Rasshivkin
nimmt uns mit unter die Kuppel. An zwei weißen Bändern geht es
für den jungen Akrobaten hoch hinaus. Egal ob Haltefiguren,
weite Flüge oder Umschwünge, Svyat beherrscht das gesamte
Repertoire an den Strapaten. Der traumhafte Song „Die schönste
Stroß“ als Begleitung macht den Genuss perfekt.
  
Janus
Fröhlich, Yulia Rasshivkina, Henning Krautmacher
Mit Janus Fröhlich
taucht plötzlich der ehemalige Schlagzeuger der Band hinter der Mittelloge auf. Nach der Begrüßung durch das Publikum und die
Bandmitglieder tauscht er das Glitzerkostüm gegen eine
„wichtige“ Uniform ein. Gemeinsam mit Georg Leiste im gleichen
Outfit performt er das zugehörige Lied „Willy Wichtig“. Wo Mila
Roujilo im vergangenen Jahr Reifen um ihren Körper kreisen ließ,
tut dies nun Yulia Rasshivkina. Die blonde Artistin ist nicht
nur eine Könnerin des Hula Hoop, sondern versteht sich auf das
Spiel mit dem Publikum mindestens genauso gut. Keck lässt sie
sich von Patrick Lück die Ringe reichen. Variantenreich und
voller Dynamik hält sie diese dann mit den verschiedensten
Körperteilen in Bewegung. Eine Auszeit vom Band-Ruhestand nimmt
sich Henning Krautmacher. Der ehemalige Frontman der Höhner
lässt es sich nicht nehmen, Teil der Circusshow zu sein. Mit
Bergkristall in der einen Hand und einer Stange Lauch in der
anderen beweist er, dass er „Paranormal“ ist. Das Amüsement
schlägt am Ende in Staunen um. Dann nämlich wenn tatsächlich all
die Angaben auf einer Tafel stehen, die Krautmacher in den
Minuten davor bei Zuschauern eingesammelt hat. Und die Tafel
hing während des gesamten Auftritts über der Manege.
  
Trio Bokafi,
Gerlings, Jens Streifling
Das Trio Bokafi
hatte ich bislang nur in rein männlicher Besetzung gesehen. Nun
fliegt in der Formation um Gabor Boros eine Dame durch die Luft.
Nach oben geht es für sie mittels Handvoltigen oder einem
Schleuderbrett. Nach ihren waghalsigen Sprüngen landet sie immer
wieder sicher in den Armen ihrer Partner oder auf deren
Schultern. In schicken Outfits sorgen die drei Könner ihres
Fachs zudem für reichlich Schwung. Zwei Mitglieder der Gerlings
garantieren nach der Pause Nervenkitzel. In und auf dem Todesrad
unternehmen sie abgefahrene Touren. Mit spektakulären Tricks wie
dem Seilspringen oder dem Blindlauf erzeugen sie beim Publikum
schweißnasse Hände. Das tut einmal mehr auch Jens Streifling.
Der Saxophonist dreht ebenfalls ein paar Runden und hat sein
Instrument dabei, auf dem er sogar noch spielt. Noch einmal
gehört das Scheinwerferlicht Henning Krautmacher. Er teilt es
sich mit Georgette, seiner wohlgenährten Freundin aus Paris.
Unter dem Ganzkörperkostüm steckt Georg Leiste, der sich als
versierter Seiltänzer erweist. Der Clou: Das Tau ruht auf den
Schultern mehrerer Zuschauer, die es auf beiden Seiten
festhalten. Letztendlich wird das alles zu einem riesengroßen
Spaß.
  
Duo Acero,
Olivier Taquin und Patrick Lück, Gerlings
Das Spiel mit
zweier Höhner-Mitgliedern mit Marionetten, die ihnen
nachempfunden sind, kennen wir noch aus der Zeit der Höhner
Rockin' Roncalli Show. Nun ist diese poetische Sequenz wieder
dabei. Währenddessen wird in der Mitte der Bühne ein Mast
aufgebaut. Eigentlich waren für dieses Requisit wiederum Lesovel
& Diosmani vorgesehen. Doch ihre rechtzeitige Anreise war, wie
sich erst kurz vor der Premiere rausstellte, nicht möglich.
Somit musste auf die Schnelle Ersatz her. Dieser fand sich in
Gestalt des Duo Acero. So erleben wir die Akrobatik am Pole in
der Version von Frau und Mann. Auch bei den Aceros geht es flink
sowie trickreich die Stange hinauf und wieder herunter. Hinzu
kommen starke Haltefiguren bis hin zum Handstand von Giselle auf
dem Oberkörper von Edison, den dieser im rechten Winkel vom Mast
wegdrückt. Das Ganze wird mit einem familientauglichen Schuss
Erotik verkauft. Edin Colic leitet mit einem Solo auf der
E-Gitarre über zum nächsten Auftritt. Der gehört Olivier Taquin
und Patrick Lück. Taquin gibt wie immer den äußerst filigran
agierenden Automatenmenschen. Lück hat die nicht eben einfache
Aufgabe, ihn zu steuern. Daraus ergibt sich ein zauberhaftes,
witziges Spiel, in das eine Zuschauerin involviert wird. Das
Lied vom „Clown Antonio“ singt Patrick Lück auf einer Bank neben
Georg Leiste sitzend, der eben jenen Spaßmacher verkörpert. Die
Gerlings, nun im Quartett mit Dame, setzen den artistischen
Schlusspunkt. Auf dem Hochseil bewegen sie sich mit
traumwandlerischer Sicherheit. Sprünge übereinander, ein
Zwei-Mann-Hoch und die Pyramide zu dritt sind nur einige
Elemente ihres Repertoires. Als Zugabe wagt sich auch Höhner-Drummer Heiko Braun auf den gespannten Draht. Zunächst
mit den Händen an den Schultern eines Gerling-Mitglieds, dann
kurz freihändig. |