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Höhner Rock and Roll Circus - Tour 2023
www.hoehner.com ; 126 Showfotos

Köln, 13. Mai 2023: Mit einem Gastspiel in Köln geht der Höhner Rock and Roll Circus in sein zweites Jahr. Präsentiert wird wiederum die Show „Vivace“, in der die Band ihre Werte vorstellt, die durch Musik und circensische Darbietungen umgesetzt werden. Da beweisen Artisten auf dem Hochseil „Mut“ oder ein Akrobat an den Strapaten steht für „Bodenständigkeit“. Das Programm ist an wenigen Stellen neu besetzt, sodass auch der wiederholte Besuch lohnenswert ist. Aber ein Ticket für diese Show zahlt sich ohnehin immer wieder aus. Die Melange aus eingängigem Rock und Circusnummern unter einem großen Chapiteau ist stets ein Genuss. Alle Elemente fließen ineinander, ergeben ein harmonisches Ganzes, das einfach begeistert. Ganz egal, ob man nun ein eingefleischter Fan der Höhner ist oder nicht.

Zumindest an diesem Samstagnachmittag sind es vor allen Dingen Anhänger der kölschen Band, die den Weg in die gelb-blaue Zeltstadt genommen haben. Diese ist an der Zoobrücke, umgeben von stark befahrenen Straßen, aufgebaut. Wenn Leadsänger Patrick Lück den Song „Steh auf, mach laut!“ intoniert, dann tun die Zuschauer genau das. Die Stimmung ist während der knapp drei Stunden (inklusive Pause) bestens. Nur bei den bewusst gesetzten ruhigeren Passagen kehrt Stille ein.


Zeltanlagen an der Zoobrücke in Köln

Die Regie hat wie gewohnt Thomas Bruchhauser übernommen. Mit seiner Agentur hat Sandor Donnert erfolgreich nach Artisten Ausschau gehalten. Dafür, dass die Show präzise abläuft, sorgt der umtriebige Donnert mit seinem Team ebenfalls. Auch Marco Biasini ist mit von der Partie. So erleben wir keine Umbaupausen, alles funktioniert wie am Schnürchen. Das Herein- und Herausbringen größerer Requisiten geschieht, ohne dass das Publikum etwas merkt. Den circensischen Part gesamthaft verantwortet die Grandezza Entertainment von Thomas Schütte.


Georg Leiste, Mr. Lo, Svyat Rasshivkin

Bevor es so richtig losgeht, mimt Georg Leiste den Zuschauer ohne passende Eintrittskarte. Um das Chapiteau nicht wieder verlassen zu müssen, heuert er kurzerhand beim Circus an. Dann nehmen die Höhner an ihren Instrumenten rechts und links des Artisteneingangs Platz. Zu ihrem ersten Song strömen alle Mitwirkenden herein und präsentieren sich. Anhand des Titelsongs „Vivace“ stellt Patrick Lück das übergeordnete Thema der Werte vor. Für „Lebensfreude“ steht Mr. Lo. Der Papierreißer zaubert aus ganz normal aussehenden Bögen Papier wahre Kunstwerke. Etwa ein Poster mit dem Motto der Show und mehreren Figuren. Auch ein Großteil seiner Kleidung und sein fahrbarer Untersatz sind aus Papier. „Selbstironie“ beweisen die Höhner, wenn sie ihre eigene Band mit Figuren, die aus ihren verkleideten Knien bestehen, bilden. In der Tat höchst witzig und originell. Svyat Rasshivkin nimmt uns mit unter die Kuppel. An zwei weißen Bändern geht es für den jungen Akrobaten hoch hinaus. Egal ob Haltefiguren, weite Flüge oder Umschwünge, Svyat beherrscht das gesamte Repertoire an den Strapaten. Der traumhafte Song „Die schönste Stroß“ als Begleitung macht den Genuss perfekt.


Janus Fröhlich, Yulia Rasshivkina, Henning Krautmacher

Mit Janus Fröhlich taucht plötzlich der ehemalige Schlagzeuger der Band hinter der Mittelloge auf. Nach der Begrüßung durch das Publikum und die Bandmitglieder tauscht er das Glitzerkostüm gegen eine „wichtige“ Uniform ein. Gemeinsam mit Georg Leiste im gleichen Outfit performt er das zugehörige Lied „Willy Wichtig“. Wo Mila Roujilo im vergangenen Jahr Reifen um ihren Körper kreisen ließ, tut dies nun Yulia Rasshivkina. Die blonde Artistin ist nicht nur eine Könnerin des Hula Hoop, sondern versteht sich auf das Spiel mit dem Publikum mindestens genauso gut. Keck lässt sie sich von Patrick Lück die Ringe reichen. Variantenreich und voller Dynamik hält sie diese dann mit den verschiedensten Körperteilen in Bewegung. Eine Auszeit vom Band-Ruhestand nimmt sich Henning Krautmacher. Der ehemalige Frontman der Höhner lässt es sich nicht nehmen, Teil der Circusshow zu sein. Mit Bergkristall in der einen Hand und einer Stange Lauch in der anderen beweist er, dass er „Paranormal“ ist. Das Amüsement schlägt am Ende in Staunen um. Dann nämlich wenn tatsächlich all die Angaben auf einer Tafel stehen, die Krautmacher in den Minuten davor bei Zuschauern eingesammelt hat. Und die Tafel hing während des gesamten Auftritts über der Manege.


Trio Bokafi, Gerlings, Jens Streifling

Das Trio Bokafi hatte ich bislang nur in rein männlicher Besetzung gesehen. Nun fliegt in der Formation um Gabor Boros eine Dame durch die Luft. Nach oben geht es für sie mittels Handvoltigen oder einem Schleuderbrett. Nach ihren waghalsigen Sprüngen landet sie immer wieder sicher in den Armen ihrer Partner oder auf deren Schultern. In schicken Outfits sorgen die drei Könner ihres Fachs zudem für reichlich Schwung. Zwei Mitglieder der Gerlings garantieren nach der Pause Nervenkitzel. In und auf dem Todesrad unternehmen sie abgefahrene Touren. Mit spektakulären Tricks wie dem Seilspringen oder dem Blindlauf erzeugen sie beim Publikum schweißnasse Hände. Das tut einmal mehr auch Jens Streifling. Der Saxophonist dreht ebenfalls ein paar Runden und hat sein Instrument dabei, auf dem er sogar noch spielt. Noch einmal gehört das Scheinwerferlicht Henning Krautmacher. Er teilt es sich mit Georgette, seiner wohlgenährten Freundin aus Paris. Unter dem Ganzkörperkostüm steckt Georg Leiste, der sich als versierter Seiltänzer erweist. Der Clou: Das Tau ruht auf den Schultern mehrerer Zuschauer, die es auf beiden Seiten festhalten. Letztendlich wird das alles zu einem riesengroßen Spaß.


Duo Acero, Olivier Taquin und Patrick Lück, Gerlings

Das Spiel mit zweier Höhner-Mitgliedern mit Marionetten, die ihnen nachempfunden sind, kennen wir noch aus der Zeit der Höhner Rockin' Roncalli Show. Nun ist diese poetische Sequenz wieder dabei. Währenddessen wird in der Mitte der Bühne ein Mast aufgebaut. Eigentlich waren für dieses Requisit wiederum Lesovel & Diosmani vorgesehen. Doch ihre rechtzeitige Anreise war, wie sich erst kurz vor der Premiere rausstellte, nicht möglich. Somit musste auf die Schnelle Ersatz her. Dieser fand sich in Gestalt des Duo Acero. So erleben wir die Akrobatik am Pole in der Version von Frau und Mann. Auch bei den Aceros geht es flink sowie trickreich die Stange hinauf und wieder herunter. Hinzu kommen starke Haltefiguren bis hin zum Handstand von Giselle auf dem Oberkörper von Edison, den dieser im rechten Winkel vom Mast wegdrückt. Das Ganze wird mit einem familientauglichen Schuss Erotik verkauft. Edin Colic leitet mit einem Solo auf der E-Gitarre über zum nächsten Auftritt. Der gehört Olivier Taquin und Patrick Lück. Taquin gibt wie immer den äußerst filigran agierenden Automatenmenschen. Lück hat die nicht eben einfache Aufgabe, ihn zu steuern. Daraus ergibt sich ein zauberhaftes, witziges Spiel, in das eine Zuschauerin involviert wird. Das Lied vom „Clown Antonio“ singt Patrick Lück auf einer Bank neben Georg Leiste sitzend, der eben jenen Spaßmacher verkörpert. Die Gerlings, nun im Quartett mit Dame, setzen den artistischen Schlusspunkt. Auf dem Hochseil bewegen sie sich mit traumwandlerischer Sicherheit. Sprünge übereinander, ein Zwei-Mann-Hoch und die Pyramide zu dritt sind nur einige Elemente ihres Repertoires. Als Zugabe wagt sich auch Höhner-Drummer Heiko Braun auf den gespannten Draht. Zunächst mit den Händen an den Schultern eines Gerling-Mitglieds, dann kurz freihändig.

Das Finale ist noch einmal Lebensfreude pur. Alle Artisten feiern ausgiebig, geben Zugaben. Die Höhner spielen ein letztes Mal voller Energie, bringen unter anderem ihren wohl größten Hit „Viva Colonia“ zu Gehör. Die allerorten derzeit gerne strapazierten „Glücksgefühle“, hier nehmen sie einen unwillkürlich gefangen. Es ist einfach wieder eine Wohltat, diese geniale Verbindung von Circus und Musik der Höhner zu erleben. Wirklich traumhaft! Der Abschiedssong gehört Henning Krautmacher. Hoffen wir, dass es ein Abschied auf Zeit ist und der Höhner Rock and Roll Circus im kommenden Jahr wieder seine Zelte aufschlägt.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch