„Höhner Rock and Roll Circus“
lautet nun das Motto. Aber auch jetzt sind wieder echte
Circusprofis involviert. Die Grandezza Entertainment um Thomas
Schütte ist für Material, Technik und Artisten verantwortlich.
Dies unterstützt von der Sandor Donnert Agency.

Blick auf Kassenwagen und
Chapiteau
So steht auf dem Messeplatz in
Mönchengladbach ein großes blaues Chapiteau des zumeist in den
Niederlanden reisenden Circus Maximum, welches beim letzten
Aachener Weihnachtscircus zum Einsatz kam. Das neue Vorzelt und
der Kassenwagen gehören ebenfalls zum Bestand des Unternehmens
der Familie Zinnecker. Fehlende Sturmstangen und Schalensitze
sorgen im Chapiteau für einen größeren Komfort als bisher.
Andererseits erzeugten die Holzbänke auf dem Gradin und die
zusätzlichen Masten im Zelt von Roncalli mehr Atmosphäre. Das
Innere wirkt nun etwas nüchtern. Zudem gibt es jetzt einen
modernen Artisteneingang, der verschiedene Einblendungen und
Lichteffekte ermöglicht. Durchaus geschmackvoll und passend,
aber eben nicht ganz so stimmungsvoll wie das nostalgische
Roncalli-Entree.

Die Höhner im Finale
Auch bei den Höhnern selbst gab
es seit der letzten „Höhner Rockin' Roncalli Show“ 2019
Veränderungen. Die Verjüngung der Band ist vorangeschritten. So
ist etwa Patrick Lück neuer Leadsänger der Formation. Allerdings
müssen wir in diesem Jahr noch nicht auf den bisherigen
Frontmann verzichten. Der charismatische Henning Krautmacher ist
wiederum mit von der Partie. Sei noch zu vermerken, dass die
Höhner in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum feiern.

Szene aus dem Finale
Viel Neues also, aber in Summe
dann eben doch Kontinuität. Denn die diesjährige Show „Vivace“
entfaltet den kompletten Zauber ihrer Vorgänger. Diese
wunderbare Mischung aus Höhner-Songs und Circus-Acts gelingt
auch unter den neuen Rahmenbedingungen ganz famos. Einen
erheblichen Anteil daran hat ganz sicher Thomas Bruchhäuser. Der
Regisseur hat bereits mehrere Auflagen der „Höhner Rockin'
Roncalli Show“ in Szene gesetzt und ist auch jetzt wieder für
das Gesamtwerk verantwortlich. Vivace, die pure Lebenslust,
steht im Mittelpunkt. Des Weiteren geht es um die Werte, die im
Leben wichtig sind. Diese verkörpern die Artisten in ihren
Auftritten. Der jeweilige Begriff erscheint derweil als
Schriftzug am Artisteneingang.
 
Opening, Mr. Lo
Bevor es die ersten kölschen Töne
gibt, muss sich Benedikt Ricken von der Produktion mit einem
besonders auffälligen Zuschauer beschäftigen. Der besitzt zwar
eine Eintrittskarte, allerdings für die falsche Vorstellung.
Kurzerhand wird der Gast zur Mitarbeit verdonnert. Es handelt
sich um Georg Leiste, der für die Clownerie in der Show
verantwortlich ist. Doch dann geben die Höhner volle Power und
lassen in den folgenden fast drei Stunden (inklusive Pause)
nicht nach. Die Smartwatch meldet sich gefühlt alle 15 Minuten,
um vor „lauten Umgebungsgeräuschen“ zu warnen. Doch echte
Rockmusik geht einfach nur in entsprechender Lautstärke.
Natürlich hat die Band auch den Showtitel „Vivace“ vertont. Zum
Opening kommen alle Artisten auf die Rundbühne und feiern
ausgelassen den Auftakt. Die meisten der Mitwirkenden konnten
wir bereits für eine oder mehrere Saisons in der „Höhner Rockin'
Roncalli Show“ sehen. Zum Jubiläum gibt es also ein „Best of“.
Mr. Lo war zuletzt 2012 dort zu erleben. Nun zerreißt er einmal
mehr Papier. Doch das Ergebnis seiner Arbeit gehört nicht in den
Papierkorb, sondern in eine Galerie. Mr. Lo zaubert wunderbare
Kunstwerke. Und das auf sehr originelle Weise. Seinen Auftritt
beendet der ehemalige Ballett-Tänzer aus den USA mit einer
Autofahrt. Natürlich besteht sein Gefährt ebenfalls aus Papier.
Wunderbar die folgende Einlage, bei der erst ein Bandmitglied
und dann alle ein Knie in eine Figur verwandeln. So wird
gemeinsam musiziert.
  
Svyat Rasshivkin, Mila
Roujilo, Leosvel & Diosmani
Svyat Rasshivkin war 2013
erstmalig bei der „Höhner Rockin' Roncalli Show“ zu erleben. Aus
dem Kind von damals ist ein gestandener junger Mann geworden.
Nach wie vor begeistert der 19-jährige mit kraftvoller,
ausdrucksstark vorgetragener Akrobatik an den Strapaten. Er
hängt etwa im Spagat frei mit den Füßen in den Schlaufen der
Bänder. Faszinierend ebenfalls wie er sich an den Bändern
Richtung Kuppel aufrollt. Den Genuss perfekt macht der
Begleitsong „Die schönste Stroß'“. Es geht darum, dass die
schönste Straße auf einer Reise die ist, die nach Hause führt.
Welcome home, Svyat. Dass sie “echte Fründe“ sind, bezeugen die
Höhner in ihrem nächsten Titel. Als Luciano Pavarotti beweist
Georg Leiste sowohl komisches als auch artistisches Talent. Auf
den beleibten Startenor folgt die hübsche Mila Roujilo. Virtuos
lässt sie Hula-Hoop-Reifen um die verschiedensten Körperteile
kreisen. Immer mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen sorgt
die Artistin für ordentlich Schwung. Sein knallbuntes Outfit und
eine Lauchstange verleihen Henning Krautmacher hellseherische
Fähigkeiten. Er ist „Paranormal“, wie der zugehörige Song
verkündet. Die komisch angelegte Darbietung verblüfft am Ende
mit tatsächlicher „Magie“. Bei der Pausennummer gibt es ein
Wiedersehen mit Leosvel und Diosmani. Die Kubaner mit den
Traumkörpern beweisen, dass ihre Muskeln keine Dekoration sind.
Kraftvoll arbeiten sie ihre Kür am Masten. Beeindruckend immer
wieder der einarmige Handstand von Diosmani auf dem Oberkörper
von Lesovel, welchen dieser im rechten Winkel von der Stange
abdrückt.
  
Mitglied der Gerlings,
Alex & Liza, Olivier Taquin und Patrick Lück
Zu Beginn von Teil zwei ist das
Todesrad aufgebaut. Ein Duo aus dem Gerling-Team zeigt darauf
halsbrecherische Stunts bis hin zum Salto auf der Außenseite des
rotierenden Rades. Doch damit nicht genug, denn die Artisten
bekommen Unterstützung. Jens Streifling, Saxophonist der Band,
wagt sich ebenfalls in einen der Kessel. Das Instrument ist mit
dabei und oben angekommen spielt er sogar darauf. Alle Achtung.
Überhaupt bringen sich die Höhner-Mitglieder wieder stärker in
das Geschehen in der Manege ein als das in den letzten Jahren
der Fall war. Insbesondere die eingefleischten Fans – zu
erkennen an den T-Shirts – honorieren das lautstark. Danach
bereitet Henning Krautmacher alles für eine „gute Freundin aus
Paris“ vor. Mehrere kräftige Männer aus dm Publikum dürfen
rechts und links der Bühne ein langes Seil schultern. Der
mittlere Teil dient Georgette als Auftrittsfläche für ihren
Seiltanz. Und tatsächlich balanciert der Gast aus Frankreich auf
dem Tau. Bei der korpulenten Französin handelt es sich um Georg
Leiste im gut gepolsterten Kostüm. Er schafft es wirklich, sich
auf dieser wackligen Konstruktion im Gleichgewicht zu halten.
Deutlich eleganter ist da die anspruchsvolle Partner-Akrobatik
von Alex und Liza. Das hübsche jugendliche Duo harmoniert
perfekt. Alex trägt seine Partnerin gar auf den Händen. Mit Liza
im Handstand selbstverständlich. Sie zeigen für das Genre
innovative Figuren in einer traumhaften, gleichwohl
leistungsstarken Kür. Hinzu kommen Flugsequenzen von Liza. In
Patrick Lück hat Automatenmensch Olivier Taquin einen neuen
Manegenpartner gefunden. Und der macht seine Sache richtig gut,
ist mit sichtbar viel Spaß bei der Sache. So wird das Spiel um
eine aufziehbare Puppe, die ein Eigenleben entwickelt, ein
großer Genuss. Nicht zuletzt dank des filigranen Spiels von
Olivier Taquin.
  
Duo Rokashkov, Georg
Leiste, Gerlings
Den Namen Rokashkov verbinden
Circusliebhaber sofort mit dem Quadratreck. Aus dem Quartett ist
mittlerweile ein Duo geworden, das Requisit ist geblieben. Olga
und Sergey werben in Straßenkleidung umeinander. Sie, im langen,
bunten Kleid, er in Hose und T-Shirt. Dabei erleben wir
kraftvolle Umschwünge und Sprünge, die trotz aller Anstrengungen
ganz elegant aussehen. Natürlich gibt es ein Happy End. Nach
einem Solo von Gitarrist Edin Colic wird es anrührend. Ein
einsamer Mann sitzt traurig auf einer Bank. Patrick Lück
empfiehlt ihm im Song „Clown Antonio“ den gleichnamigen Künstler
im Circus zu besuchen, um sich aufzuheitern. Sodann schminkt
sich der von Georg Leiste dargestellte Herr das Gesicht – er ist
besagter Clown Antonio. Das beweist er mit Proben seiner Kunst.
Den Wert „Mut“ verkörpern die Gerlings auf dem Hochseil,
arbeiten sie ihre wagemutigen Stunts doch ohne jegliche
Sicherung. Eine Dame und drei Herren überspringen sich
gegenseitig, tragen einander auf den Schultern, fahren Fahrrad
und wagen eine Drei-Personen-Pyramide mit der Frau in der oberen
Etage im Kopfstand. Auch bei dieser Darbietung ist ein
Höhner-Musiker mit von der Partie. Drummer Heiko Braun überquert
das Seil mit den Händen auf den Schultern eines vorauslaufenden
Gerling-Artisten. Dankenswerterweise trägt er für alle Fälle
eine Longe. Doch auch so ist es eine bemerkenswerte Leistung.
Ein wahres Fest ist das Finale mit ausgelassener Stimmung,
kleinen Zugaben und natürlich viel mitreißender Musik. Hier wird
noch einmal Lebensfreude pur zelebriert.
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