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Zirkus des Horrors - Tour 2022
www.zirkusdeshorrors.de ; 98 Showfotos

Mannheim, 26. März 2022: Am 12. März 2020 feierte „Infernum – Das Höllenfeuer“ seine Premiere. Doch nach wenigen Aufführungen in Saarbrücken musste der Zirkus des Horrors seine neueste Show schon wieder pausieren lassen. Die Corona-bedingte Unterbrechung währte ganze zwei Jahre. Zwischendurch wurden neue Termine angesetzt, die nicht realisiert werden konnten. Die Junioren der Direktionsfamilie von Rosemarie und Joachim Sperlich machten mit sportlichen Leistungen in der TV-Sendung „Ninja Warrior Germany“ von sich reden.

Im Winter 2021/22 konnte dann immerhin der ebenfalls von der Familie Sperlich produzierte Karlsruher Weihnachtscircus stattfinden. Und am 11. März diesen Jahres ging es dann in Pforzheim endlich mit „Infernum“ weiter. Beim Besuch in Mannheim, der folgenden Station der laufenden Tour, ist die Auslastung an diesem Samstagabend sehr erfreulich. Die Plätze unter dem rot-schwarz gestreiften Chapiteau sind zu mehr als der Hälfte besetzt, die Stimmung bestens.


Szene aus dem Finale

Es wird wieder ein beträchtlicher Aufwand betrieben, damit die Zielgruppe sich wohlfühlt. Wobei „wohlfühlen“ hier seine ganz eigene Bedeutung hat. Wer Zugang bekommen will, muss einen düsteren, von Erschreckern in schaurigen Kostümen gesäumten, Parcours nehmen. Viel mehr Licht gibt es in der Restauration auch nicht. Verkaufsstände und Sitzgelegenheiten sind schummrig ausgeleuchtet. Dazu sind sie durchaus „liebevoll“ dekoriert. Auch das auf ganz spezielle Weise, mit Spinnweben und weiteren „netten“ Accessoires. Im Chapiteau warten weitere schaurige Gestalten, um die Gäste zu ihren Plätzen zu begleiten. Auf dem Gradin oder in den Logen, die hier Gruften heißen.


"Teufel" Sonny Quaiser

Die Vorstellung hat wieder eine Story, in die die artistischen Darbietungen eingebunden sind. Im Mittelpunkt steht ein Amulett, das von zwei Dämonen aus jeweils einem Teil der neun Höllenkreise gearbeitet wurde. Wer das Amulett besitzt und eine reine Seele opfert, dem winkt die Herrschaft über das Reich Gottes, so die Legende. Die Dämonen waren den Mächten des fertigen Amuletts nicht gewachsen und es entglitt ihnen. Durch einen Zufall gelangt es in die Hände des weiblichen Engels Eloa. So kommt sie mit dem Bösen in Berührung und stürzt in die Hölle, wo ihr die Flügel abgerissen werden, um eine Flucht zu verhindern. Immer wieder versucht sie zu entkommen. So beginnt eine Jagd durch die Höllenkreise. Ein Happy End gibt es nicht. Eloa wird geschnappt, der Teufel bekommt sein Amulett und siegt am Ende. Der Teufel wird von Sonny Quaiser gespielt. Den Part eines Dämonen übernimmt Chris Fehr. Nicht dabei ist in diesem Jahr Giovanni Biasini. Er war aber an Zusammenstellung und Regie der Show sowie beim Requisitenbau beteiligt.


Kelly Joo, The Gents, Kurt Späth

Den Engel gibt Kelly Joo. Zu Beginn sehen wir sie in einem riesigen weißen Kleid mit dem Amulett in der Hand. Eine wirklich schöne Szene, die zu ihrer Akrobatik an Tüchern überleitet. Sie balanciert im Spagat und fliegt an wehenden Stoffbahnen über der runden Bühne. Als Zugabe gibt es einen Zahnhang. Auf einem imposanten Thron wird der Teufel mit seinen Gespielinnen hereingerollt. Es wird jetzt also endgültig düster. Finstere Gestalten bestreiten auch die nächste Darbietung. Nämlich die Mitglieder des rein männlichen Trios The Gents. Sie starten mit Handvoltigen und wechseln dann an das Schleuderbrett. So oder so darf der Flieger nach gewagten Sprüngen sicher auf den Händen oder Armen der Fänger landen. Nichtsdestotrotz wird er nach dem Auftritt von seinen Partnern in Ketten von der Bühne gezerrt. Starke Nerven sind gefragt, wenn Kurt Späth seine Fähigkeiten unter Beweis stellt. Der tätowierte Protagonist steckt sich beispielsweise Spritzen durch die tätowierte Haut oder hämmert sich einen Nagel in die Nase. Zwei Zuschauer auf einem kleinen Wagen zieht er an einer Kette. Wobei sein Ende der Kette an der Zunge befestigt ist. Einen anderen Wagen schiebt er mit einem Speer, die Spitze an seinem Hals. Zum Abschied schneidet sich Kurt Späth mit einem Messer in den Unterarm.


Rudolf Janecek, Gino Kaselowsky, Maik Sperlich

Das Blut im Gesicht von Rudolf Janecek ist zum Glück nur geschminkt. Der Tscheche jongliert in rasantem Tempo mit bis zu sieben Keulen. Wenn er zum Schluss drei der silbernen Requisiten extrem schnell rotieren lässt, wird er auf einem runden Podium nach oben gefahren. Im fast schon edlen Zwirn steht Gino Kaselowsky im Scheinwerferlicht. Doch auch der Ehemann von Juniorchefin Monika Kaselowsky Sperlich hat Kunstblut im Gesicht und den Auftrag, für den Spaß im Programm zu sorgen. Diesen löst er auf seine ganz eigene Weise. Nämlich mit recht anzüglichen Gags, die durchaus unter die Gürtellinie gehen. Eine Gerichtsverhandlung mit einem Pärchen aus dem Publikum endet für den Herrn mit dem Kopf in der Guillotine. Ein anderer Gast muss sich von seiner Partnerin an der Leine auf allen Vieren über die Bühne ziehen lassen, um dann am Pranger zu enden. Fast schon nett ist dagegen Kaselowskys Auftritt als Armor, in dem er mit Pfeil und Bogen neue Beziehungen stiftet. Ihre Gelenkigkeit beweist Victoria Yudina. Lasziv tanzt sie am Pole und verbindet diesen Tanz mit akrobatischen Tricks, so dass daraus eine rundum gelungene Kür wird. Mit Lichteffekten an der großen Stahlkonstruktion startet die Todesrad-Darbietung von Maik und Siegfried Sperlich. Dann legen die Cousins in zerfetzten Jeans und Karohemden so richtig los. Sie laufen gemeinsam auf den Außenseiten der beiden Körbe, balancieren mit verbundenen Augen und springen Seil. Eine starke Pausennummer, die für hörbare Begeisterung sorgt. Glücklich, wer solche Artisten zu seiner Familie zählen darf.


René Sperlich, Adele Fame, Mystery of Ocean

Mit einem Vertreter der Direktionsfamilie beginnt auch Teil zwei. Zunächst produzieren sich die Damen des Balletts auf gläsernen Stühlen. Dann baut René Sperlich daraus einen immer höher werdenden Turm, um an der Spitze Handstände in verschiedenen Variationen zu drücken. Seine wackelige Konstruktion steht dabei auf vier Flaschen. Auf 16 Rollen wiederum bewegt sich das Duo Belli. Die beiden Artisten fegen auf Rollschuhen über eine runde Plattform. In schwarzen Outfits zeigen sie bekannte Tricks des Genres bis hin zum Nackenwirbel. Wenige Tage vor der Saisonpremiere des Zirkus des Horrors sonnte sich Adele Fame noch im gleißenden Licht der Scheinwerfer im Pariser Cirque d'Hiver. Nun sind Schwarz und Rot die Farben von Kostüm sowie Beleuchtung. Auf der Stirn trägt sie zwei Hörner. So oder so überzeugt Adele Fame mit ihrer äußert starken und wunderbar choreographierten Nummer an den Strapaten. Einer durchdachten Choreographie folgen auch die Handvoltigen und Menschenpyramiden der ukrainischen Formation Mystery of Ocean. Die vier Artisten wirbeln sich gegenseitig durch die Luft und halten sich in fragilen Gebilden im Gleichgewicht. Sie arbeiten im Stil von Atlantis, die vor einiger Zeit im Circus Krone engagiert waren. Bei der großen Feuershow stehen Maik, René und Siegfried Sperlich im Mittelpunkt. Auf schweren Motorrädern fahren sie auf die Bühne, um dort auf verschiedene Weise Feuer zu spucken. Spektakuläre Feuerwolken erhellen das Chapiteau. Komplettiert wird die groß angelegte Szene von Figuranten und den Tänzerinnen. Dann wird Engel Eloa samt Amulett hereingebracht und das Schmuckstück an den Teufel auf seinem Thron übergeben. Diese Szene ist der Beginn des Finales mit allen Mitwirkenden.

Man muss es mögen, dieses Horror-Genre, die düstere Stimmung, den Spaß am Gruseln. Offenbar gibt es hierfür eine ausreichend große Zielgruppe. Schließlich reist der Zirkus des Horrors jetzt schon seit 2013. Ob nun Fan oder nicht: Hier wird eine aufwendige Show präsentiert. Mit einer detailreichen Dekoration, mit eigens angefertigten Kostümen sowie zahlreichen Effekten, etwa Nebel- und Feuersäulen. Die Inszenierung ist überzeugend. Das Licht wird effektvoll eingesetzt und unterstützt das Spektakel enorm. Die Musik ist düster, oftmals für mein Empfinden allerdings zu wummernd. Die artistische Besetzung ist wirklich stark. Genug Gründe also, auch dann den Zirkus des Horrors zu besuchen, wenn einem das Genre eher fern ist.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch