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Circus Ballessa - Tour 2022
www.circus-ballessa.de ; 58 Showfotos

Ensingen, 30. April 2022. Nunmehr 25 Jahre währt die Geschichte des Circus Ballessa von Timo Schwarzmeier. Bereits als 13-Jähriger gründete er die gleichnamige Freizeitgruppe, in der Kinder und Jugendliche gemeinsam verschiedene Circus-Disziplinen trainierten und bei unterschiedlichen Gelegenheiten wie Stadtfesten damit auftraten. Das Projekt entwickelte sich weiter, von einem Angebot der evangelischen Kirche über einen eingetragenen Verein bis hin zum Schulprojektcircus. Die ganze Geschichte haben wir 2014 in einer ausführlichen Reportage erzählt.

Wie bei so vielen anderen Circus-Enthusiasten unserer Generation war es der Circus Barum, der in Timo Schwarzmeier das Circusfieber ausgelöst hat. Bis heute bestimmt es sein Leben. Es führte ihn zu einer Ausbildung zum Zootierpfleger, zu einer Saison als Allrounder beim Circus Romano im Raum München und zu wiederkehrender Tätigkeit in der Gastronomie bei Flic Flac sowie bei der Höhner Rockin' Roncalli Show. Doch aktuell ist es allein sein Circus Ballessa, der ihm den Lebensunterhalt sichert. In der Jubiläumssaison wagt er etwas Neues: Die Zeiten zwischen den Schul- und Feriencircus-Projekten füllen erstmals Gastspiele, bei denen „nur“ ein öffentliches Circusprogramm gezeigt wird. Premiere war in Ensingen im Landkreis Ludwigsburg.


Chapiteau mit Vorzelt

Dort wurde der rote Zweimaster mit passendem Vorzelt aufgeschlagen. Dank Unterstützung aus dem Programm „Neustart Kultur“ stehen eine moderne Heizung und ein fabrikneuer Toilettenwagen zur Verfügung. Platz genommen wird auf Logenstühlen und einfachen Bänken in unterschiedlicher Höhe. Nachdem vor der Premiere sowohl die Zeit knapp war als auch helfende Hände fehlten, ist die Lichtanlage leider spärlich bestückt, obwohl grundsätzlich viel eigenes Equipment zur Verfügung stünde. Hier wird hoffentlich bald nachgebessert. Auch eine Ouvertüre oder jedenfalls ein Tusch wäre wünschenswert, ehe Timo Schwarzmeier in die Manege tritt und das hochverehrte Publikum begrüßt. So beginnt die Vorstellung recht unvermittelt. Der Direktor weist darauf hin, dass in diesem Jubiläumsprogramm einmal nicht die an Projekten teilnehmenden Kinder die Stars in der Manege sind. „Heute stehen die Artisten und Trainer selbst im Mittelpunkt“, sagt er.


Felix van Mel, Mel Aerial, Timo Schwarzmeier

Die erste von ihnen ist Melanie Stöbener alias „Mel Aerial“. Auf kreative Weise verbindet sie in ihrer Disziplin „Polsilk“ Akrobatik am Pole und an einem daran befestigten Vertikaltuch. Etwas Vergleichbares haben wir noch nicht gesehen. In einer humorvollen Reprise erzählt Timo Schwarzmeier – unter Mitwirkung eines Kindes – anschließend die Geschichte eines Flohs, der in der Manege auf Reisen geht, ehe er am Ende eine Glocke läutet. Wirklich magisch wird es dann beim Auftritt von Illusionist Felix van Mel (alias Felix Lehmann), der Tücher und Seile nach Belieben miteinander verbinden oder voneinander trennen wie auch ein Tischchen zum Schweben bringen kann.


LiLTheO, Tomi Teibler, Mel Aerial

Was Kinder in den Ballessa-Projekten lernen können, demonstrieren Timo Schwarzmeiers Nichte Lili und sein Neffe Theo alias „LiLTheO“ bei ihren Balancen auf Metalltonnen und beim Kugellauf. Für Heiterkeit sorgt anschließend Tomi Teibler bei seinem Comedy-Act. Er spielt einen Schwimmer, der mit einem Kopfsprung in eine handelsübliche Wasserflasche den Weg ins kühle Nass finden möchte. Doch leider stibitzt ein vorbeilaufender Jogger die Flasche und damit den „Swimmingpool“. Mel Aerial lässt die „Poi“ kreisen, also zwei Seile mit Leuchtelementen am Ende. Diese wechseln ständig ihre Farbe. Dabei beeindruckt die hohe Geschwindigkeit, in der die Requisiten durch die Luft wirbeln. So entsteht im abgedunkelten Zelt der Eindruck, es würden viel mehr bunt illuminierte Kugeln auf die Reise geschickt.


Timo Schwarzmeier, Felix van Mel

Nach der Pause zeigt Timo Schwarzmeier, was sechs Tiere drei ganz verschiedener Arten in den vergangenen Monaten unter seiner Anleitung bereits gelernt haben. Die vier Gänse unterqueren Hürden, die Ziege balanciert über Postamente und läuft, wie auch der Hund, auf den Hinterbeinen. Alle tierischen Artisten haben gemeinsam, dass sie ihren ersten Geburtstag noch nicht erreicht haben und in Ensingen ihr Manegendebüt feierten. In seinem zweiten großen Auftritt entführt Felix van Mel in die geheimnisvolle Welt der Mentalmagie. Er erzählt einen Krimi, die Mitspielerin aus dem Publikum errät die Nummer des Hotelzimmers, in dem sich das Mordopfer befindet. Traditionelle Circuskunst dagegen bringt Direktor Timo Schwarzmeier als Feuerspucker und -schlucker in die Manege.


Tomi Teibler, Mel Aerial

Tomi Teibler kennen wir als Mitglied der ungarischen Schleuderbrett-Truppe Teibler. Nun ist er bei Ballessa, außer mit seinem Comedy-Act, auch mit einer Solonummer als Kunstschütze zu erleben. Bei dieser trifft er mit seiner Armbrust das Ziel beispielsweise auch dann, wenn eine Scheibe davor hin und her wackelt und durchschossen werden muss. Ebenso landet im abgedunkelten Zelt ein Langschuss präzise in einem Leuchtring. Mel Aerial hat die Spielfolge eröffnet und beschließt sie auch wieder, nun mit ihrer Akrobatik am Luftring in ungewöhnlich niedriger Höhe.

Vier Erwachsene und zwei Kinder – mehr Akteure braucht es an diesem Nachmittag gar nicht, um ein durchweg unterhaltsames Circusprogramm auf die Beine zu stellen. Freilich würde man Disziplinen wie Mentalmagie und „Polsilk“ aber eher in einem Varieté für Erwachsene erwarten denn in einer Produktion, die sich doch vorwiegend an Familien mit Kindern richtet. Mit viel Applaus wird das kleine Ensemble bedacht, zumal Timo Schwarzmeier nochmal seine Motivation, seine „Passione Circo“ deutlich macht: „Wir kommen aus keiner Circusfamilie, aber wir wollten es unbedingt.“

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll