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Circus Monti - Tour 2021
www.circus-monti.ch ; 130 Showfotos

Basel, 21. August 2021: Nach einer Corona-bedingten Pause im vergangenen Jahr geht der Circus Monti 2021 wieder auf Tournee. Auf das „Heimspiel“ in Wohlen und einen Stopp in Windisch folgt Basel als dritte Station. Dort steht das Unternehmen auf der Rosentalanlage und strahlt an diesem Samstag mit der Sonne um die Wette. Das äußert umfangreiche Material ist blitzsauber. Im Zentrum steht das rot-gelbe Chapiteau, das von zwei außenliegenden Rundbögen getragen wird. In der Restauration ist an etlichen Tischen viel Platz. Das ist wichtig, da sich Monti gegen die 3G-Regelung und für Masken sowie Abstand entschieden hat.

Jeder bekommt Zugang zum Circusgelände. Im Chapiteau wird Abstand zwischen zusammengehörenden Gruppen gelassen. Die Zuschauer werden gebeten, dort Masken zu tragen. Die reduzierte Kapazität ist natürlich mit wirtschaftlichen Einbußen verbunden. Finanziell lohne sich das im Moment noch nicht, wie Direktor Johannes Muntwyler in Interviews berichtet. Es sei enorm wichtig gewesen, dass sein Circus im vergangenen Jahr finanzielle Unterstützung erhalten habe.


Chapiteau auf der Rosentalanlage in Basel

Die diesjährige Produktion trägt den Titel „Cirque je t'aime!“. Sie ist eine Hommage an den Circus. Genauso aber auch an die Gründer des Circus Monti, Guido und Hildegard Muntwyler. Letztere verstarb 2019. Eine Doppelseite im aufwendigen, informativen und künstlerisch hochwertigen Programmheft erinnert an ihr Leben. Die Munwylers haben sich ihren Traum erfüllt, aus der Lehrer- eine Circusfamilie zu machen. Und so finden wir uns zu Beginn der beiden jeweils rund einstündigen Programmteile in einer Schule wieder. Die Protagonisten sind Lehrer Ernesto und seine Gefährtin Helmina. Düster geht es zu im Unterricht. Die Schülerinnen und Schüler tragen dunkle Kittel. Die Tafel ist schwarz und spielt eine zentrale Rolle. Denn man kann sie wenden. Dann erstrahlt sie in bunten Farben. Ebenso verhält es sich mit dem Bühnenbild im Hintergrund. Zudem werden auf der Tafel die Stationen der Handlung angekündigt. Letztendlich sind es die Schülerinnen und Schüler, die ihre Lehrer inspirieren, ihnen zeigen, welche außergewöhnlichen Talente sie haben, wie schön bunt die Welt außerhalb des Klassenzimmers ist. Darin verpackt sind die einzelnen Darbietungen und die vielen herrlichen Ensembleszenen. Am Ende erleben wir dann den Circustraum. Wunderbar ausgelassen, mit treibender Musik, sind wir mitten in einer fröhlichen Circusvorstellung. Immer wieder passiert etwas anderes, unzählige artistische Disziplinen werden in einer ausgefeilten Choreographie präsentiert. Voller Lebensfreude, wahrlich eine Hommage an den Circus. Natürlich sind auch die Clowns dabei. Ein rot-gelbes Chapiteau im Miniaturformat wird Richtung Kuppel gezogen.


Ensembleszene

Für Konzept und Regie ist Marie-Josée Gauthier aus Kanada verantwortlich, die Co-Regie liegt bei Nico Lagarde und das Akrobatikdesign hat André St-Jean übernommen. Die Kostüme hat Olivia Grandy entworfen, das Licht wurde von Christoph Siegenthaler konzipiert und die Musik von Lukas Stäger komponiert. Gespielt werden die Stücke in der Show von der famosen sechsköpfigen Band. Das große, jugendliche Ensemble bringt die Show auf die runde Bühne. Der Großteil davon hat eine Circusschule irgendwo auf der Welt besucht und dort sein Können erlernt. Die Mitwirkenden sind ungemein sympathisch. Die Freude an ihren Auftritten steckt unmittelbar an. Sie haben sich während der Proben auf neue Choreographien für ihre Nummern eingelassen und gemeinsam mit den anderen Ensemblemitgliedern die gesamte Show einstudiert.


Olivia Swoboda-Weinstein und Stefan Swoboda, Michael Patterson und Joelle Ziärjen, Amie Patching

Schon in der Eröffnungsszene, der ersten Schulstunde, die wir erleben, gibt es akrobatische Kostproben. Jonglage ist dabei, mehre Zwei-Personen-Hoch etwa. Die aufgeklappte Tafel eignet sich wunderbar dazu, durch deren Rahmen zu springen. Die Musiker stellen sich bei ihrem Einzug vor. Das erste Solo, oder vielmehr Duo, gehört den Clowns. Olivia Swoboda-Weinstein und Stefan Swoboda sind zwei liebenswürdige Zeitgenossen mit herrlich verrückten Ideen. Darauf muss man erstmal kommen, zwei Reifen an eine Stange zu montieren und die Stange dann in der Mitte auf einem Helm rotieren zu lassen. Heraus kommt ein perfektes Requisit für das Reifenspringen. Michael Pattersons Partnerin für die Hand-auf-Hand-Akrobatik entsteigt einer Kiste. Das zugehörige Benutzerhandbuch wird gleich mitgeliefert. So schafft er es, Joelle Ziärjen zu gemeinsamen Tricks zu animieren. Nach den variantenreichen Handständen werden die Rollen getauscht und Michael muss in die Kiste. Nachdem der erste Tag im Circus mit einer ausgelassenen Tanzszene gefeiert wurde, wird es wieder ruhiger. Das Scheinwerferlicht gehört Amie Patching. Die blonde Australierin versteht sich ebenfalls auf die Kunst der Equilibristik. Ruhig zeigt sie ihre Handstandvariationen auf Handstäben und direkt auf der Bühne.


Antino Pansa, Aerial Emery, Julia Stewart

Dann ist wieder Zeit für die beiden Komiker im roten Sportdress. Stefan Swoboda hat die Trommel zur akustischen Untermalung gleich mal auf seinem Fahrrad montiert. Artistisch beweisen er und Olivia Swoboda-Weinstein sich mit Hula Hoop-Reifen. Olivia lässt sogar einen davon um ihre Nase rotieren. Beim allem Spaß ist somit eine wahres artistisches Kabinettstückchen dabei. Innovativ ist die Darbietung auf dem Schlappseil von Antino Pansa, integriert er doch neuartige Bewegungsabläufe, die ich so noch nicht gesehen habe. Aber der hochgewachsene Artist aus Französisch-Guyana beherrscht auch Standards wie den Handstand auf dem Seil oder das Balancieren auf dem weit schwingenden Draht. In der Handlung geht es jetzt sechs Monate nach vorne. Lehrer Ernesto macht Fortschritte. Als Bodenakrobat und mit Reifen. Letztere beherrscht Aerial Emery ganz virtuos. Die US-Amerikanerin agiert dabei sehr ausdrucksstark. Ihr quirliges Auftreten spricht einen direkt an. Sie kombiniert Hula-Hoop-Akrobatik mit Reifenjonglagen. Es beginnt ruhig und wird dann zum Rhythmus der Musik immer flotter. Die lebendige Stimmung wird durch die Ensembleszene vor der Pause aufgenommen. Schwungvoll, mit einem großen Bild geht der erste Teil zu Ende. „Back to school“ heißt es zu Beginn des zweiten. Der geordnete Unterricht weicht schnell einem bunten Treiben, in das wiederum Artistik eingebunden ist. Helmina, die zunächst noch versucht, Mathematik zu vermitteln, wird am Ende der Szene von den Schülerinnen und Schülern zum Luftring geleitet. Dort erleben wir ihre Darstellerin Julia Stewart in einer schönen Kür, in der sie eindrucksvoll ihre Körperbeherrschung demonstriert.


Oskar Norin und Anton Persson, Antoine Boisserau

Mit Metalleimern auf Kopf und Füßen sowie einem vor den Bauch gespannten Holzbrett ersetzt Olivia Swoboda-Weinstein das Schlagzeug für ihren Partner Stefan Swoboda. Doch sie revanchiert sich, indem sie ihm eine Hupe in den Mund steckt. Auf die nächste Gruppenszene folgt der artistische Höhepunkt der Show. Oskar Norin, Anton Persson, Amit Kralizki und Lucas Romero stammen aus Schweden, Israel und Argentinien. Gemeinsam haben sie sich eine Darbietung an einem Schleuderbrett aufgebaut, die durch Rasanz, Trickstärke und Originalität besticht. Es geht wirklich Schlag auf Schlag, wenn sich das Quartett gegenseitig zu waghalsigen Sprüngen in die Luft katapultiert. Wenn die vier Jungs einmal innehalten, dann nur, um mit witzigen Einfällen für zeitweise Entspannung zu sorgen. Noch einmal haben die Clowns eine erfrischende Szene, bei der ein Kaktus eine wichtige Rolle spielt. Die Schlussnummer bildet folgerichtig die Akrobatik an Tüchern von Antoine Boisserau. Denn er spielt den Lehrer Ernesto, der jetzt – zwei Jahre später, wie die Tafel verkündet - zum ausgereiften Artisten geworden ist. Boisserau überzeugt mit neuartigen Bewegungsabläufen und auch jetzt mit darstellerischem Können. Und dann folgt die große, bunte Szene, in der Ernesto und Helmina von ihrem eigenen Circus träumen. Für mich ist es weniger ein Traum, als vielmehr eine Feier des realen, quicklebendigen Circus! Das wird sicher jeder für sich selbst interpretieren.

Angenehm viel Raum für Interpretationen lässt die gesamte Produktion. Denn sie ist so durchdacht angelegt, dass mehrere Besuche notwendig sind, um alle Details zu verstehen. Etwa der wiederkehrende Einsatz von Reifen und Trommeln. So oder so versprüht sie aber enorm viel positive Energie, die gerade in diesen Zeiten so gut tut. Dem gesamten Team vor und hinter den Kulissen sei Dank. Monti bietet 2021 wieder hochwertige, anspruchsvolle Unterhaltung, die viel Freude bereitet.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch