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Ungarischer Nationalcircus - Tour 2021
www.magyarnemzeticirkusz.hu ; 52 Showfotos

Mosonmagyaróvár, 18. September 2021: „The Show must go on“, ganz nach diesem Motto fuhren im Frühsommer ein paar europäische Circusse aus ihren Winterquartieren und starteten in eine verspätete Sommersaison. So auch die Familie Richter, welche wie schon im vergangenen Jahr wieder in Balatonlelle die verkürzte Tournee ihres Ungarischen Nationalcircus begann. Passend dazu machte man hier den Slogan zum Programmmotto. Kurz aufgegriffen wird das Ganze im Opening, wenn die kenianische Sängerin Lady Masallah „Show must go on“ von Queen zum Besten gibt.

Jones Caveagna spielt dazu auf dem Saxophon, während Merrylu und Jozsef Richter jun. Ausschnitte aus ihrem sensationellen Pas de Deux zeigen. Als optimale Anfangsnummer bringen dann vier Ukrainer als „Adrenalin Truppe“ Sprünge auf einem Trampolin mit Haus in die Manege. Hier wird nur mit einer Trampolinwand gearbeitet, was natürlich einige Effekte dieses Genres nicht ermöglicht. Mit vielen Salti und Schrauben sowie besonders hohen Sprüngen unter das Zeltdach überzeugen sie aber trotzdem.


Merrylu und Jozsef Richter jun., Adrenalin Truppe, Dorottya und Gerge

Steve und Jones Caveagna kann man schon fast als die Hausclowns des Magyar Nemzeti Cirkusz bezeichnen. Sie verbringen ihre vierte Saison bei Richter und können sich über unglaubliche Popularität unter den Stammbesuchern freuen. Schon beim Betreten der Manege jubelt das Publikum Steve zu, der anschließend den Abbau des Trampolinhauses überbrückt. Dorottya und Gerge zeigen alle Tricks, die man von einer guten Rollschuhnummer erwartet. Die Nachwuchsartisten kommen von der Budapester Circusschule und feiern bald im Karlsruher Weihnachtscircus ihre Deutschlandpremiere. Besonders publikumswirksam ist hier das Einbeziehen eines Zuschauers, der sich kurzerhand selbst von den Fliehkräften überzeugen darf.


Jozsef Richter jun.

Nachdem die Cassellys ihren eigenen Elefantenpark im ungarischen Györ eröffnet haben, fällt die Exotennummer, ja generell der Tieranteil, in diesem Richter-Programm deutlich dünner aus als sonst. Jozsef Richter junior lässt zuerst einige Zebras und Zebroide durch die Manege laufen, ehe eine flotte Laufarbeit von vier Kamelen folgt. Zu guter Letzt dürfen die beiden Giraffen nicht fehlen, welche vom Publikum gefüttert werden können. Tänzerinnen sowie Sängerin Lady Masallah runden dieses afrikanische Bild perfekt ab.


Steve Caveagana, Ives Nicols, Crazy Wilson

Ein neues Musikentree mit Songs von Queen und aktuellen Charthits haben sich Steve und Jones für das diesjährige Programm ausgedacht – kurzweilig, modern und mit vielen, wenn auch bekannten Gags. So macht Clownerie Spaß! Freude macht uns auch Ives Nicols, der hier seit einigen Jahren endlich mal wieder seine Jonglagenummer in einer Manege zeigt. Große Bälle, Sombreros, Boomerangs und Keulen hält er mit südländischem Temperament in der Luft, während seine Frau Ambra ihm mit einem Augenzwinkern assistiert. Im zweiten Teil hat das italienisch-spanische Artistenpaar bis August noch seine Tüchernummer gezeigt. Nachdem sich Ambra bei einem Absturz aber unter anderem beide Arme brach, muss die Darbietung aktuell noch pausieren. Mit Abstürzen kennt sich leider auch Crazy Wilson gut aus. „Wetten, dass sein Schutzengel täglich Überstunden macht“ stand einst in den Programmheften des Circus Krone. Dieser Satz gilt nach wie vor, so kann man nur Respekt haben, dass der Kolumbianer sogar wieder den Salto auf der Außenseite ins Repertoire genommen hat. Klar gibt es mittlerweile weitere Artisten in diesem Genre, die den Salto beherrschen, doch das Publikum feiert Wilson frenetisch mit Standing Ovations.


Adrenalin Truppe, Steve Caveagna und Jozesf Richter jun, Ovidiu Pasarar mit Assistentin 

Den zweiten Teil beginnt die „Adrenalin Truppe“ mit Sprüngen von der russischen Schaukel in ein Tuch. Musik, Kostüme und Requisiten sind hierbei von der Richter-Truppe, welche dasselbe Genre vor vier Jahren zeigte. Überzeugen kann das Bienchen-Entree von Steve und Jones im Zusammenspiel mit Jozsef Richter junior. Zeltmeister und Chefrequisiteur Ovidiu Pasarar tritt nach einem Jahr Pause wieder mit seiner Kunstschützen-Darbietung auf. Schlusstrick ist hier nach wie vor das Zielen auf eine Armbrust, welche fünf weitere auslöst, bis der Pfeil den Apfel auf Ovidius Kopf trifft.


Merrylu und Jozsef Richter junior, Ensemble

Schlussnummer und unser persönliches Highlight in der Show ist der große Zigeunerblock inklusive Jockeyreiterei. Jozsef Richter junior beginnt mit einer Hohen Schule, es folgen einige Sprünge der Truppe auf einem Pferdewagen, ehe Henrik und Noemi Kraj Peitschenspiele zeigen. Bei der großen Reiterei anschließend liegt der Hauptteil der Tricks in den Händen von Merrylu und Jozsef, daneben führen ein verbliebenes Mitglied aus der alten Jockeytruppe sowie die vier Ukrainer der Adrenalintruppe die restlichen Sprünge auf dem Pferderücken aus. Fast alle Mitwirkenden aus der Show stehen bei dem Block in der Manege, so dass durchgehend ein raumfüllendes Bild entsteht. Bei Crazy Wilson, der Jockeynummer und dem Finale gibt es insgesamt drei Mal Standing Ovations an diesem Nachmittag.

Auch wenn wir schon stärkere Programme im Magyar Nemzeti Cirkusz gesehen haben, lässt sich zum Ende nur sagen, dass hier nach wie vor qualitativ hochwertiger und zugleich volkstümlicher Circus gemacht wird. Eine Größe verleiht dem Programm natürlich auch das siebenköpfige Orchester, welches zwar nicht immer ganz den Ton trifft, aber leider auch zu den letzten seiner Art gehört. Im Finale dann lässt es sich Jozef Richter senior nicht nehmen, das Publikum persönlich zu verabschieden. Schon davor ist er ganz in seinem Element, wenn er die Pferde in der Jockeynummer dirigiert. Man merkt dem Seniorchef förmlich die Leidenschaft für den Circus an, und diese überträgt sich ganz und gar auch auf das Publikum.

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Text: Simon Preißing, Fotos: Petr Gongol (www.cirkusy.eu)