Gut einen Monat später gastiert der Zirkus
Stey in Rüthi, wenige Kilometer von Rapperswil entfernt. Auf dem
Sonnenplatz gibt das Unternehmen ein schmuckes Bild ab.
Ebenfalls ausgetauscht wurde der
Toilettenwagen; und im Inneren des Chapiteaus erwartet uns heuer
eine besonders stimmungsvolle Atmosphäre. Diese schafft Patrick
Rosseel durch das von ihm kreierte Licht.

Stey mit neuen
Zeltanlagen in Rüthi
Nach seiner langjährigen Tätigkeit beim
Circus Knie ist er zum Saisonende 2019 offiziell in Ruhestand
gegangen. Nun setzt er sein Wissen und seine Erfahrung bei
solchen Projektarbeiten ein. Zum gepflegten Ambiente gehören
auch der samtrote Artisteneingang mit dem vierköpfigen Orchester
obenauf sowie die Tribüne mit Schalensitzen und Bankreihen.
Corona-bedingt wird nur jede zweite Sitzreihe belegt und
zwischen den einzelnen Besuchergruppen in jeder Reihe ebenso
Platz gelassen.
  
Simone
Stey, Steeven van Gool und Brendy Joltok, Yuri Caveagna
Nach der Ouvertüre des Orchesters und der
Begrüßung durch Thilo Sehling im blauen Livree – im „Hauptberuf“
zeichnet er für das Stey-Büro verantwortlich – eröffnet
Direktionstöchterchen Simone das Programm mit einem Potpourri
akrobatischer Disziplinen. Sie wagt sich ans Trapez, verbiegt
ihren Körper bei Kontorsionen, lässt Hula Hoop-Reifen kreisen
und überzeugt besonders als mutige Jockeyreiterin. Mit zwei
verschiedenen Schweizer Clowns besetzt ist in diesem Jahr der
clowneske Part. So amüsiert uns Steeven van Gool mit seinem
charmanten „Hütchenspiel“, bei dem der Kopf seiner Partnerin
Brendy Joltok immer wieder aus anderen Behälter seines Eiswagens
erscheint. Sympathische Akteure in geschmackvollen Kostümen
erwarten uns bei der Rola Rola-Nummer von Yuri Caveagna, dem
seine Partnerin Veronica assistiert. Doch nicht nur das
Auftreten, auch das Können überzeugt. Schließlich balanciert
Caveagna auf sieben aufeinander getürmten Bänken und auf einem
Turm aus acht Zylindern, davon sechs stehend und zwei liegend.
  
Brendy Joltok, Lukas Böss, Cindy Beautour
Der zweite Schweizer Clown in der
Vorstellung ist „Lügg“ alias Lukas Böss. Er ist ein „Gewächs“
des Circus Harlekin, war dort Platzmeister und eine prägende
Figur der Shows zugleich. Nun möchte er Erfahrung in anderen
Unternehmen sammeln, im vergangenen Winter beim
Berolina-Weihnachtscircus vor den Toren Berlins und nun eben auf
Saison bei Stey. Von Harlekin bekannt ist uns, aber natürlich
nicht dem Ostschweizer Stey-Publikum seine herrlich originelle
Golf-Reprise, bei der sowohl Ball als auch Loch ein
ferngesteuertes Eigenleben entwickeln. Versteckt lebt dagegen
das „Phantom der Oper“. Zu den schönsten Melodien aus dem
Musical-Klassiker zeigt Brendy Joltok ihre Kunst am
Vertikalseil, mal mit ruhigeren Posen, dann wieder mit
dynamischen Momenten, abgestimmt auf die Musik und natürlich
passend kostümiert mit Halbmaske. Ein Klassiker ist auch dieses
traditionelle Genre, das gegenüber der Vielzahl der Tuch-Nummern
am Markt stark ins Hintertreffen geraten ist. Schön, es hier
wieder einmal zu erleben. Clown Lügg möchte einen Requisiteur
zum „Rindvieh“ machen, ehe Cindy Beautour dann die coole
Rockerbraut gibt. Rücklings auf dem Motorrad liegend, bewegt sie
mit den Füßen eine Gitarre, einen Autoreifen und anschließend
eine große Rolle. Zu letzterer bewegt sie auch noch zweit
Hula-Hoop-Reifen mit den Armen. Zum Abschluss ihrer
Antipodenspiele, die selbstredend von krachender Rockmusik
begleitet werden, lässt sie noch eine Stange mit Kreuzen an den
Enden fliegen, wobei dieses Requisit LED-beleuchtet ist.
  
Rafael Gil, Mia Stey, Martin Stey
und Steeven van Gool
Zwei gemeinsame Reprisen von Lügg und
Steevie umrahmen die Freiheitsdressur mit sechs gescheckten
Ponys, die gekonnt von Direktionsgattin Mia Stey präsentiert
wird. Aus dem Vorjahr prolongiert wurde der junge mexikanische
Jongleur Rafael Gil. Fünf Keulen, vier Fußbälle und fünf kleine
Bälle kommen zum Einsatz; letztere werden in kleinen Netzen am
Gürtel gefangen – und dies alles mit viel Temperament,
jugendlicher Ausstrahlung und Lebensfreude. Den Abschluss bildet
die Jonglage mit vier Sombreros. Für das große Wasser-Entree wächst das
Schweizer Clowns-Duo gar zum Trio, denn hier wirkt auch Direktor
Martin Stey alias „Bimbo“ mit. Und Thilo Sehling gibt den
seriösen Part. Äußerst feucht und ebenso fröhlich, mit vollem
Einsatz und Lust an der Improvisation wird das Spektakel
zelebriert.
 
Cindy Beautour,
Yuri und Veronica Caveagna
Cindy Beautour beweist nach ihren Antipodenspielen
noch ein zweites Mal Temperament, nun mit Hula Hoop-Reifen – bei
Stey werden traditionelle Circusgenres besonders gepflegt.
Entgegen der ursprünglichen Ankündigung nicht im Programm sind
nach der Corona-Zwangspause die ikarischen Spiele von Sis und
Yabu aus Äthiopien. Somit sorgt Yuri Caveagna als Messerwerfer
und Kunstschütze für den Abschluss der Show. Er zielt mit
seiner Armbrust über die Schulter, den Blick in einen kleinen
Spiegel gerichtet. Schießt seiner Partnerin Veronica einen Apfel
vom Kopf. Und wirft Messer auf eine sich drehende Scheibe, an
der die Partnerin rotiert. Glücklicherweise stets sicher an ihr
vorbei. |