Am besten gelingt die Kommunikation mit Händen und Füßen. Der Circusbau
von Tver ist vor allen Dingen zweckmäßig. Er kann nicht mit dem Bolshoi oder
Nikulin Circus in Moskau mithalten. Das hatten wir natürlich auch nicht
erwartet. Beim Schlendern durch den Rundgang des Gebäudes fühlen wir
uns ein wenig wie bei einem Gemeindefest. An den Ständen kann man etwa
mit Pfeilen auf Luftballons werfen und Preise gewinnen. Der Vorraum
selbst erinnert an ein hiesiges Gemeindezentrum. Und die
Platzanweiserinnen tragen weiße Blusen mit dunklen Westen und
hellgrünen Halstüchern. Im Auditorium dürfen wir auf Klappsitzen aus
Holz Platz nehmen.
Großmutter und Mädchen aus der Rahmenhandlung
Fotos
im Internet zeigen, dass hier schon große Produktionen des Russischen
Staatscircus zu erleben waren. Etwa mit Raubtiernummern der Brüder
Zapashny oder der Exotenshow, die wir tags zuvor im Nikulin
Circus bewundern durften. Die aktuell laufende Show ist nicht
übermäßig spektakulär, aber sehr schön gemacht. In der Rahmenhandlung
geht es um ein junges Mädchen und ihre beiden Freunde. Das Mädchen
bekommt von seiner Großmutter ein Kaleidoskop geschenkt. Dadurch erlebt
es die magische Circuswelt. Diese Einblicke teilt es mit den zwei
Jungs. Im zweiten Teil geht das optische Gerät dann kaputt. Kurz darauf
erleben wir das Trio im Erwachsenenalter. Die Freunde treffen sich nach
Jahren wieder und beschließen, gemeinsam eine Circusvorstellung zu
besuchen.
Illusionistin, Hohe Schule-Reiterin, Clowns
Nach
dem Prolog mit der Protagonistin und ihrer Oma eröffnet ein Ballett in
prächtigen venezianischen Kostümen die Vorstellung. Es umrahmt die
Großillusionen, welche von einer charmanten Magierin präsentiert
werden. Besonders in Erinnerung geblieben ist uns der Trick, bei dem
zwei Plexiglaskugeln übereinander angeordnet sind und durch ein Brett
zusätzlich abgetrennt werden. Die Illusionistin steigt in die obere,
ein Tuch wird über die Konstruktion gelegt und nach einem kurzen
Augenblick wieder entfernt. Schon befindet sich die Zauberkünstlerin in
der unteren Kugel. Eine klassische Hohe Schule, geritten von einer
jungen Dame, schließt sich an. Mit dem Kaleidoskop entdecken die Jungs
die beiden Clowns. Sie tragen die gleichen Kostüme wie die Kinder und
begleiten uns durch die Show. Dabei verkörpern sie die Rollenverteilung
von vermeintlich intelligentem Weißclown und dummem August. In ihrem
ersten Auftritt wagen sie einen Striptease.
Rola Rola-Artist, Papageienrevue, Strapaten-Akrobatin
Danach
legen die Mitglieder des Balletts eine fetzige Rock'n'Roll-Szene hin.
Paarweise tanzen sie in den passenden Kostümen. Eines der Tanzpaare
entpuppt sich als Rola Rola-Artist und Assistentin. Eine stilisierte
Kommode dient ihm als Podest für seine Balancen auf wackeligen Türmen.
Für diese stapelt er mehrere Röhren übereinander. Auf einem darüber
gelegten Brett hält er sich im Gleichgewicht. Passings mit Keulen
zwischen ihm und der am Boden stehenden Partnerin beschließen diese
Darbietung. Jetzt treiben die Clowns mit Wasser ihre Späße. Wenngleich
sie den Zuschauern sehr nahe kommen, bleiben diese vom kühlen Nass
verschont. Mit einer schönen Idee beginnt die Papageienrevue. Einer der
Jungen aus der Rahmenhandlung öffnet die Tür eines Vogelkäfigs und
lässt so den darin befindlichen bunten Ara frei fliegen. Die Tiere
balancieren, hangeln sich an einer Stange entlang und fliegen durch
einen Ring, um nur ein paar ihrer Fähigkeiten zu nennen. Ihre
Tierlehrer tragen dazu bunte Fabelkostüme. Ein bunter Wunschbaum bildet
die Kulisse. Aus diesem schwebt sogleich eine Artistin Richtung Kuppel,
um dort Akrobatik an den Strapaten zu zeigen. In einem ebenfalls
farbenprächtigen Outfit zelebriert sie sehr charmant ein umfangreiches
Repertoire. Ähnlich den Papageien schwebt sie elegant über der Manege.
Kameldressur
Mit
einem ausschweifenden ägyptischen Block geht es in die Pause. Das
Ballett beginnt mit einem Tanz. Markant sind die Nachbildungen von
Tierköpfen, die die Tänzerinnen und Tänzer dabei auf ihre Köpfen
tragen. Eine orientalisch gewandete Dame schwebt auf einem fliegenden
Teppich ein. Auf dem Boden angekommen, beginnt sie mit der
Vorführung von sechs Kamelen. Die variantenreiche Freiheit läuft
flüssig und verwöhnt uns mit schönen Bewegungsabläufen. Am Ende gesellt
sich ein Esel hinzu, um unter anderem unter einem Kamel hindurch zu
laufen. Bemerkenswert ist die Körperbeherrschung der Artistin, die
unzählige goldene Reifen an verschiedenen Körperteilen rotieren lässt.
Während sie eine Vielzahl der Ringe um ihren Oberkörper kreisen lässt,
wird sie Richtung Kuppel gezogen. Dort findet auch der letzte Teil
unserer Ägyptenreise statt. Mit einem Luftballett mit Akrobatinnen an
Tüchern sowie an Drahtseilen ist die erste Programmhälfte dann
endgültig zu Ende. Nach der Unterbrechung treffen noch einmal das
Mädchen aus der übergeordneten Geschichte und ihre Oma aufeinander. Sie
haben einen weißen Hund dabei. Dieser gehört zur folgenden Nummer.
Darin kombiniert eine Artistin Quick Change-Illusionen mit eben einer
Hundedressur. Für die schnellen Kostümwechsel verschwindet sie in einer
Litfasssäule, um in Windeseile im neuen Gewand wieder herauszukommen.
Daneben steht eine Bank, auf der die Vierbeiner Platz nehmen, wenn sie
nicht gerade ihre Tricks zeigen.
Reptilienshow, Ponydressur, Seryoga Gulevich
Nach
einem weiteren Auftritt der Clowns öffnen die beiden Jungs, die uns
durch den Nachmittag begleiten, eine große Kiste. Als sie darin
Schlangen sehen, suchen sie das Weite. Um diese kümmert sich sogleich
ein in Schwarz gekleideter Herr. Die Aufmachung seiner Reptilienshow
ist an das Bikermilieu angelehnt. Er präsentiert stattliche Exemplare,
die er sich um den Körper hängt. Eine kleinere, aber dafür
offensichtlich ungleich gefährlichere Schlange holt er aus einer
Plastikbox, die einem Werkzeugkasten ähnelt. Sogleich führt er ein
Krokodil an der Leine spazieren und nimmt es auf den Arm. Dann wird
eine Kiste mit großer Grundfläche in die Manegenmitte gerollt. Als die
Seitenteile heruntergeklappt werden, kommt ein gewaltiges Krokodil zum
Vorschein. Geschätzt dürfte seine Länge mindestens drei Meter betragen.
Es bleibt in seinem Transportvehikel. Der Vorführer steigt hinein, gibt
ihm einen Kuss und präsentiert das imposante Gebiss des Krokodils. Die Damen des
Balletts in funkelnden Kostümen mit großen Federn sowie ein
Conferencier sorgen für Abwechslung. Entspannung ist ebenfalls
angesagt, wenn die Hohe Schule-Reiterin aus dem ersten Teil sechs
aufgeweckte Ponys in einer Freiheitsdressur präsentiert. Die Ponys
haben rosa Federschmuck auf Kopf und Rücken, ihre Tierlehrerin trägt
ein dazu korrespondierendes Kleid. Sodann erleben wir noch einmal die
beiden Spaßmacher. Nun versucht sich einer von ihnen als „starker
Mann“. Der andere darf ihm assistieren. Der Abschluss gehört der großen
Reklamenummer des Programms. Fotos von Seryoga Gulevich und seinen
Elefanten werben etwa auf Bussen für den Circusbesuch. Zwei asiatische
Dickhäuter führt er gemeinsam mit einer Partnerin vor. Das Repertoire
der imposanten Tiere ist sehr umfangreich. Wir erleben beispielsweise,
wie ein Elefant unter dem anderen hindurch krabbelt, während dieser auf
zwei Podesten steht. Die Rüsselschaukel sehen wir ebenso wie das
Schießen von großen Fußbällen in den Zuschauerbereich. Als besonderen
Vertrauensbeweis steck Seryoga Gulevich seinen Kopf in das Maul eines
Elefanten. Nach diesem wahrhaften Höhepunkt der Show verabschieden sich
alle Mitwirkenden in einem großen Finale.
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