Vor gut zwanzig
Jahren haben Allessandro (Alex) Zavatta und seine Frau Patrizia
Bogino ihren eigenen Betrieb in Spanien gegründet. Die Wurzeln
beider, ursprünglich aus Italien stammenden Familienzweige
lassen sich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen. Seit
einigen Jahren reist man ausschließlich in Katalonien. Die
dortigen Bestimmungen erzwingen ein rein akrobatisches Programm,
welches deshalb auf einer erhöhten Bühne stattfinden kann. Für
eine schnelle Installation ist die Plattform auf einem Hänger
montiert, zusammen mit den beiden Hauptmasten des mit einem
Schalensitz-Gradin ausgestatteten Chapiteaus. Die weiße, schon
ältere Plane wird zudem von vier Quaderpoles gestützt. Der
Gastronomie-Container ist auf einem offenen Auflieger
angebracht; davor sind einige Stühle und Tische zum Verweilen
unter einem weiteren Zeltdach aufgebaut. Die Zweckmäßigkeit ist
unverkennbar, und doch hat das alles seinen eigenen Flair.
Smile: ein
junges, talentiertes Ensemble
Gestaltet wird die
Vorstellung dann vom eigenen, höchst talentierten
Familiennachwuchs sowie einigen weiteren jungen und
vielversprechenden Künstlern. Speziell in punkto Ausstrahlung
besticht das siebenköpfige Ensemble. Nahezu alle agieren mit
einer unglaublichen Leichtigkeit und Spiellust, dass es eine
echte Freude ist, ihnen zuzuschauen. Hinzu kommen zum Teil
wirklich hervorragende technische Leistungen. Zur Eröffnung des
Programms, dessen Lichtgestaltung insbesondere durch zwei starke
Verfolger profitiert, stellt sich die junge Truppe mit den
unterschiedlichsten akrobatischen Genres gemeinsam vor:
Kontorsion, Jonglage, Hand- und Luftakrobatik sowie tänzerische
Abläufe. Dazu erklingt – wie vielerorts aktuell – die Musik aus
dem Kinoerfolg „Greatest Showman“. Mit vielen Koffern bepackt,
ist es anschließend an Clown Michael Cadima, erstmals die Bühne
zu entern. Mit dem kleinsten seiner Gepäckstücke fängt er den
Applaus des Publikums ein. Es sind – wie hier – meist bekannte
Stücke, die der portugiesische Spaßmacher aus der
Torralvo-Familie zeigt. Aber er macht dies bereits mit feiner
Mimik und Gestik sowie auf eine wirklich liebenswerte, positiv
einnehmende Art. Zwischenzeitlich ist Cadima vertragsgemäß zum
dänischen Cirkus Trapez gewechselt.
Maxi Diaz,
Alessia & Glenn Magacci, Kimberly Zavatta
Die
Luftdarbietungen sind – zumindest noch in der besuchten
Vorstellung – hausgemacht. Kimberly Zavatta ist für diese
verantwortlich. Zunächst beweist sie ihr profundes technisches
Können beispielsweise mit dem freihändigen Damen- und
Herrenspagat an Tüchern. Dabei trägt sie ein Kostüm samt Perücke
im Comic-Stil. Inzwischen ist diese Nummer gegen einen Auftritt
an den Strapaten ausgetauscht. Ein versierter Jongleur ist der
Argentinier Maxi Diaz, der jeweils bis zu fünf Bälle, Ringe und
Keulen bzw. vier Fackeln in der Luft hält. Auch die Wurfmuster
sind ansprechend, insgesamt aber gerät der Ablauf aufgrund der
Vielzahl der Requisiten etwas langatmig. Mit einem männlichen
Zuschauer liefert sich Michael Cadima daraufhin ein imaginäres
Pistolen-Duell. Für die Geräusche sorgt der Clown selbst. Für
ein recht klassisches Bild sorgen die Geschwister Magacci. Glenn
übernimmt, noch etwas introvertiert wirkend, den Hauptpart in
der Einrad-Nummer. Seine Schwester Alessia ist die attraktive
Assistentin, die er zuweilen bei den Touren auf seinen Schultern
trägt. Zudem hüpft er unter anderem mit seinem Gefährt eine
Treppe hinauf.
Alessia &
Glenn Magacci, Trixie Zavatta
Nach einem kurzen
Intermezzo ist das Podest für die Jüngste bereitet. Nesthäkchen
Trixie Zavatta demonstriert darauf ihre schon beachtlichen
kontorsionistischen Fähigkeiten. Kindgerecht begleitet sie ein
großer Stoffhase beim Auftritt. Ihre Schwester Kimberly
übernimmt mit einer weiteren Luftdarbietung am Netz. In der
Inszenierung dient erneut die Comic-Welt als Vorbild: sie agiert
als Catwoman. Mittlerweile hat Jenny Nemeth diesen Part
übernommen. Die an der Circusschule von Verona ausgebildete
Ungarin steuert zudem neu eine Handstand-Darbietung bei. Dem
Eiffelturm nachempfunden ist das Requisit von Maxi Diaz. In
seinem zweiten Auftritt windet er sich um eine drehbare
Pole-Stange, an der er bei mancher Wiederholung auch mehrere
menschliche Flaggen zeigt. Danach geht es zunächst in die Pause.
Der zweite Programmteil beginnt gleich mit einem echten
Höhepunkt. Dafür sorgen die eigentlich im Circo Wonderland
beheimateten Alessia und Glenn Magacci am hohen chinesischen
Mast. Unglücklich, dass einige herausragende Tricks gleich zu
Beginn der Darbietung gesetzt sind; so Alessias Spagat auf den
Füßen ihres Bruders, während sich Glenn mit den Armen vom Mast
abdrückt. Ebenso eindrücklich: Alessias freier Stand auf Glenns
Händen, wenn dieser sich kopfüber lediglich mit den Beinen an
der Stange festhält. Oder wenn sich Glenn in der Waage hält,
während seine Schwester auf ihm akrobatische Figuren zeigt.
Weitere Tricks, mal alleine, mal zusammen, folgen. Auch Abfaller
sind dabei. Den Schluss der Nummer bildet dann Alessia freier
Stand auf ihrem die Flagge drückenden Bruder Glenn.
Kimberly &
Holler Zavatta, Michael Cadima
Mit einem
spontanen Date überrascht Michael Cadima eine weibliche
Zuschauerin. Dumm nur, dass die imaginäre Autofahrt recht wild
ausfällt, die Dame auch nach dem Sekt noch abgeneigt ist und er
selber allergisch auf die Rosen reagiert – ganz zum Amüsement
des Publikums. Gegenüber den anderen Darbietungen sticht die
gemeinsame Rollschuh-Darbietung der Geschwister Kimberly und
Holler Zavatta heraus; steht die äußerst stilvolle Inszenierung
doch in einem gewissen Kontrast zum ansonsten sehr bunten
Programm. Das hervorragende technische Können, mit vielen
risikoreichen Passagen und dem Genickwirbel zum Schluss, hat der
gut aussehende Direktionsnachwuchs ebenfalls an der Circusschule
von Verona erlernt. Vor zwei Jahren gab es dafür einen „Bronze
Junior“ in Monte Carlo. Im Februar 2020 werden sie dann im
Krone-Bau zu sehen sein. Zum Schluss stimmt Clown Michael
Cadimas dann noch Sinatras „My Way“ an, verliert dabei seine
Hose, verheddert sich auf amüsanteste Weise in Mikrofon und
Barhocker und bereitet so den Weg zum Finale. Dies ist ganz in
weiß gehalten. Trixie Zavatta sammelt den letzten großen Applaus
des Publikums nun in ihrer Dose. Dann nimmt das Ensemble
Abschied von den Zuschauern: zunächst gemeinsam auf der Bühne,
dann auch draußen im Spalier - nicht ohne noch zahlreiche
Selfie-Wünsche zu erfüllen. |