Die großen Bilder liefern in diesem Jahr
Themenblöcke: The Greatest Showman und eine Gypsy-Fantasy, dazu
eine Neuauflage der Akrobatik auf Elefanten der Familie Casselly
und zum Schluss eine Kombination von Motorrad-Disziplinen.
Begleitet wird das 25. Programm des Unternehmens wieder vom
Acht-Mann-Orchester unter der Leitung von Várszegi János und von
Sängerin Lady Masallah. Dieses mitreißende, hochklassige
Jubiläumsprogramm zementiert die herausragende Stellung des
Ungarischen Nationalcircus als eines der wenigen Unternehmen
Europas, für dessen Programm sich jedes Jahr auch die weiteste
Anreise lohnt. Aber der Reihe nach.
Merrylu
und Jozsef Richter jun.
Von den aus Monte Carlo bekannten
Marschklängen leitet die Musik direkt zum Schaubild "Greatest Showman" über.
Hohe Schule um Kerzenständer, vier Tänzerinnen mit
Leuchtkostümen, ein Pegasuspferd am Zügel, nach fünf Jahren
endlich wieder einmal Merrylus wunderbar flüssige
Kontorsions-Kür inklusive abschließendem Bogenschuss mit den
Füßen sind erste Bestandteile davon. Dazu singt Lady Masallah „Never Enough“ aus
de, Soundtrack des Circusfilms. Joszef Richter jun. begrüßt nun als eben jener Greatest
Showman und gibt ein formvollendetes Bild des klassischen
Circusdirektors. Das Schaubild zum Kinohit wird von Lady Masallah auf einem
Elefanten, der fast alleine einige Tricks arbeitet und auch das
Podest mitnimmt, und zwei Mitgliedern der Flying Weiss mit
einigen Tricks an den Strapaten abgerundet.
Ovidiu Tell,
Truppe Cadselly & Richter
Den romantischen Moment aus diesem ersten
Block greift die folgende Dating-App-Reprise von Steve und Jones
Caveagna auf. Gleiches tut der Auftakt von Ovidiu Tells Nummer,
die er von Guy Tell übernommen hat: Hinter einem überdimensionalen Apfel
mit papierbespanntem Fenster sieht man die Silhouette seiner Partnerin verführerisch tanzen. Der erste Schuss trifft
ein von ihr gehaltenes Brettchen durch das
Papier, gefolgt von drei schnellen Tricks mit Blume,
Zeitungspapier und drei Luftballons. Danach nimmt der Aufbau des
Mehrfachschusses, bei dem er sich selbst einen dann echten Apfel
vom Kopf schießt, leider das bis dahin hohe Tempo ein wenig aus
der Show. Doch gleich darauf bekommt das Programm mit der legendären Akrobatik auf Elefanten
wieder richtig Fahrt Nun wurde Jozsef Richter jun. in die Nummer integriert. Vier berittene
Elefanten geben ein manegenfüllendes Bild ab. Auf ihnen gezeigt
werden viele Tricks, die man nicht oft genug sehen kann,
beispielsweise Rene jrs Spagat zwischen zwei Elefanten, Merrylus
Brücke von Elefantenkopf zu Elefantenkopf, während ihr Bruder
einen Handstand auf ihren Knien macht. Immer wieder großartig ist der Quickchange von Reiterin und Tier. Von
zwei nebeneinander laufenden Elefanten aus gibt es Salto und
Pirouette per Handvoltigen auf zwei dahinter laufende Tiere.
Merrylu zeigt den Salto vom Schleuderbrett, das von einem
Elefanten bedient wird, auf die Schultern von Jozsef, der auf
einem weiteren der Tiere steht. Rene wagt den Dreifachen auf den
Rücken eines Elefanten. Wie schön, diese Darbietung wieder
einmal auf Saison zu sehen.
Merrylu und Jozsef
Richter jun.
Doch das war es noch lange nicht an
tierischen Höhepunkten in der ersten Hälfte: Nach der
Motorrad-Reprise von Steve beweist Merrylu, dass man auch auf
einem Kamel Reitkunststücke vollführen kann. In der Folge zeigen
vier Kamele eine Freiheit. Sie legen sich ab, fast schon
klassisch gefolgt von Lamas, die nun über die Kamele springen.
Nach einer Tanzeinlage vier orientalisch gekleideter Damen
folgen die zwei Giraffen, von Merrylu und Jozsef vorgeführt. Das
Publikum in der Loge darf die erstaunlich ruhigen und
zutraulichen Tiere füttern. Eines betritt und verlässt die
Manege ganz ohne Führung. Eine Giraffe legt ein Bein über die
Schulter von Jozsef. Das schöne Bild wird von Lamas und Eseln,
die sich frei in der Manege bewegen, abgerundet.
Steve Caveagna,
Flying Weiss, Trio Simet
Den Aufbau des Sicherheitsnetzes für das
Flugtrapez überbrückt eine Gesangseinlage. Die Flying Weiss
zeigen dann lediglich fünf Tricks, darunter den Dreifachen, die
Passage und den Sturz mit dem Kopf voraus aus der Kuppel ins
Netz. Steve und Jones leiten im Anschluss zur Pause über.
In die Luft geht es gleich nach der Pause wieder: die
Balancekunst des Trio Simet auf dem Semaphore ist immer wieder
beeindruckend. Ein wenig an eine Variation eines Todesrads
erinnernd, aber mit einem ganz schmalen Laufsteg, so dass auch
gleichzeitig Assoziationen an Hochseilartistik aufkommt, zeigen
zwei Damen und ein Herr gewagte Tricks. Die sphärische Musik
kommt vom
Tonband – die einzige Darbietung, bei der das Orchester
pausiert. In Deutschland sah man das Trio Simet zuletzt in einem
Krone-Januar-Programm und bei Roncallli im Tempodrom. Danach
sorgen die Clowns wieder für Stimmung bei einem Musikentree mit
Tanz und Beatboxen mit Publikumsbeteiligung.
Gypsy Fantasy,
Extrém Motorshow, Simets
Und schon folgt der nächste große
Showblock, die „Gypsy Fantasy“. Hohe Schule, Tänzerinnen, Ponys
und tollkühne Reiterei, dazu feurige Musik: auch dieser Block
ist ein Fest für Augen und Ohren, bei dem die Funken sprühen.
Nach einer an die Stuttgart/Monte Carlo/Nikulin-Inszenierung von
Yuri Volodchenkov erinnernden Hohe Schule folgt Artistik auf
einem Podest auf Rädern, das von einem Pferd um die Manege
gezogen wird. Wir sehen Jonglage mit Fackeln, Handvoltigen, Elemente, die
an ein Pas de deux erinnern. Wie immer ein absoluter Höhepunkt
ist die in diesen Block eingebettete Jockey-Reiterei, nun wieder
ohne die Elemente der Kosakenreiterei, die man im Vorjahr
integriert hatte. Die Gypsy Fantasy wird abgeschlossen von Rene
Casselly jr mit sechs Ponys: Aufsteiger, hochsitzendes Pony,
seilspringendes Pony, wohl selten sah man eine so trickreiche
Ponydressur. Steve ist nicht nur Clown, sondern auch einer der
besten Diabolo-Artisten der Gegenwart, er hält scheinbar mühelos
bis zu vier Diabolos in der Luft und wird dabei von Jones auf
dem Saxophon begleitet. Und schon wieder folgen Pferdestärken,
nun aber motorisierte: zu „Eye of the Tiger“ und „I need a hero“
sind nach einem Jahr Pause abermals Motorradspringer im
Programm. Dieses Jahr hat man dazu eine Rampe mit dem Aufdruck
Magyar Nemzeti Cirkusz geschaffen und das Ganze zu einer großen
Shownummer ausgebaut: in den Pausen zwischen den Sprüngen zeigen
die Simets auf der rechten Seite des Chapiteaus Artistik auf und
unter dem Motorrad auf dem Schrägseil. Sie fahren die erste
Strecke wirklich knapp über den Köpfen des Publikums, und
natürlich sind auch in diesem Block Tänzerinnen vertreten. |