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Circus Krone - Tour 2019
www.circus-krone.de ; 146 Showfotos

München, 4. April 2019: Wohl noch nie hat die Circuswelt so gebannt auf eine Premiere gewartet wie die des neuen Krone-Tourneeprogramms. Ausgerechnet das bisher wohl am wenigsten zeitgenössische Spitzenunternehmen der Branche ist eine Kooperation mit der Compagnie Recirquel des Ungarn Bence Vági eingegangen. Ein gewagtes Experiment. Am 4. April gegen 23 Uhr steht fest: Es weht nicht nur ein neuer Wind im Circus Krone. Es ist gleich ein ganzer Sturm, der mit "Mandana" einherzieht.

Der Eindruck eines rundum erneuerten Unternehmens ergibt sich schon beim Anblick der Fassade. Das altbekannte Entree wurde einem Redesign unterzogen. Passend zur Show sehen wir Jana Mandana Lacey-Krone und Ehemann Martin Lacey jr. sowie den Programmtitel. Das alles in einem goldenen Design, dem der Frontzaun angepasst wurde. Umgesetzt wurde diese gelungene Gestaltung mit Folien von Max Siemoneit-Barums Firma „Masiba“. Die ganze Konstruktion wirkt nun edler, moderner und gepflegter. Dahinter verbirgt sich eine weitere Neuheit: Ein schönes, großes Vorzelt, das das bisherige Cafézelt ersetzt. Eine vernünftige Entscheidung, war das Vorgängermodell doch mit den Maßen eines Festzelts bei gutem Besuch viel zu klein.


Fassade

Im Inneren des Zweimasters finden sich neben den (neugestalteten) Verkaufsständen auch schöne, historische Wagen, eine Ponyreitbahn, Holzboden, ein erhaltener, alter Traktor und vieles mehr. Dazwischen stehen kleine Skulpturen, Vitrinen, Kronleuchter und Sessel, die Masten sind verkleidet und mit goldenen Palmen geschmückt. Insgesamt ein warmes Wohnzimmerambiente, das einen gleich in den angekündigten „Palast der goldenen 20er Jahre“ entführt.


Artisteneingang, aufgenommen bei der Pressekonferenz zu "Mandana"

Durch den bekannten Tunnel gelangt man sodann unter dem Orchesterpodium hindurch in das Chapiteau. Ja, richtig gelesen. Es gibt wieder ein Orchester im Circus Krone. Fünf Musiker unter Oleksandr Krasyun begleiten die Show im Zusammenspiel mit eingespielten Klängen des „Heureka Orchestra“, die eigens von Edina Mókus Szirtes komponiert wurden. Schon beim Einlass sitzen die Musiker in weißen Harlekin-Kostümen über dem Besuchereingang. Der hervorragende Sound kommt aus einer neuen Soundanlage. Denn eben auch im Hauptzelt hat sich so einiges verändert. Zuallererst fällt der prächtige Artisteneingang ins Auge. Gebaut in den Krone-eigenen Werkstätten, erinnert das Portal an die Fassade, die in den 20er Jahren von Carl Krone verwendet wurde. Die ganze Atmosphäre wirkt dichter, einfach schöner. Dazu trägt die neue, aufwendige Lichtanlage ebenso bei wie beleuchtete, farblich angepasste Logenwände, goldene Palmen an den Sturmstangen und die Piste im auffälligen Zacken-Design. Zentral vor der Manege ist eine kleine Bühne platziert, die sehr oft zum Einsatz kommt. Wie schon in der Vorsaison werden die beiden letzten Blöcke des Gradins nicht mehr aufgebaut.


Eröffnungsszene

Noch vor dem Beginn der eigentlichen Show möchten Tyrone und Sven Jahn-Munoz das Sägemehl wässern und holen sich dabei Hilfe von Löwe und Elefant, die in Gestalt von Figuren auftreten. Aber auch unter Beteiligung von Zuschauern scheitern sie immer wieder. Der schüchterne Löwe verkriecht sich dann in einem stilisierten Käfigwagen, denn die Ankunft seiner geliebten Pferdeprinzessin „Mandana“ steht bevor. Darüber machen sich die anderen nur lustig, weshalb der Löwe mit Gebrüll gleich beweist, dass er der König im Tierreich ist. Was dann folgt, lässt sich einfach nur mit „Wow“ umschreiben. Alle Artisten kommen zu epischer Musik in die Manege, hoch zu Ross angeführt von Jana Mandana Lacey-Krone. Die Direktorin lässt ihren Lusitano steigen, Kamele, Zebras, Lamas und Cremellos umrunden die Szenerie. Dabei sind alle Beteiligten in wunderschöne weiße Kostüme gehüllt. Denisa Stipka führt einen Friesen im spanischen Schritt in die Manege, auf dem „Mandana“ davonreitet. Just in dem Moment, in dem sie das Portal durchquert, dreht sie sich um und erblickt den Löwenprinzen (Martin Lacey jr.) auf der vorgelagerten Bühne. Somit ist die Storyline von Anfang an klar: Wir begleiten die Liebesgeschichte von Pferdeprinzessin und Löwenprinz, die ihre enge Anbindung in der Geschichte des Circus Krone und seiner aktuellen Direktion findet. Es ist ein großer Verdienst des Kreativteams um die Direktion und Regisseur Bence Vági sowie Produzent Kristian Kristof, dass sie sich ausführlich mit der Historie des Unternehmens beschäftigt haben. Denn so wird deutlich, dass sich Krone über mehr als nur über „auf der Bühne, in der Manege und in der Luft“ definiert. Krone steht für die Geschichte einer großen Show im Wandel der Zeit – und so ist es nur logisch, dass nach Frieda Sembach-Kron‘s Revue nun der nächste Wechsel an der Reihe ist. Klar, es muss nicht jeder gut finden, wenn ein Programm vollständig ohne klassische Komplimente auskommt. Wir befinden uns jedoch in einem komplett durchgestylten Historien-Spektakel, das es schafft, harmonisch Recirquel- und Krone-Elemente zu einem Ganzen zusammenzufügen.


Daniel und Eliane Stipka, Flash of Splash, Steve Eleky

Folgerichtig präsentiert Steve Eleky seine bekannten Witze als „Hofnarr“ im passenden Kostüm. Der bekannte „Hi-Hai“ zieht natürlich auch im 20er-Jahre-Setting. Auch wenn er es als Eröffnungsnummer nicht einfach hat, gewinnt er schnell das Premierenpublikum für sich. Bei diesem ersten Auftritt vor allem mit seinen komischen Jonglagen mit Bällen, Zigarrenkisten und Ringen. Direkt im Anschluss erleben wir ein erstes artistisches Highlight. Die Zusammenarbeit von Recirquel und Krone entstand unter anderem dadurch, dass die von Vági gestaltete Abschlussperformance der Schwimm-WM in Budapest die Verantwortlichen nachhaltig beeindruckte. Dabei kam ein Gestell mit unzähligen Motoren zur unabhängigen Steuerung von Strapaten zum Einsatz. In „Mandana“ hängt ebenjene Konstruktion unter der Kuppel. Hier sind es gleich sechs Artisten, die parallel und abwechselnd über der Manege schweben. Im Mittelpunkt steht dabei das bekannte Duo „Flash of Splash“. Während Amaliia Avanesian zu Beginn eine Pferdemaske trägt, steckt Yevhen Abakumov unter einem weißen Löwenkopf. So wird die Storyline dezent vorangebracht, ohne ständig aufdringlich im Vordergrund zu stehen. Um sie herum angeordnet arbeiten Lili Patricia Tamas und Tamas Laszlo sowie Lena Gurtovaya und Sven Jahn-Munoz; sowohl einzeln, als auch im Duo. Ein wunderschönes, harmonisches Bild. Löwe, Elefant und Pferd werden vom Clown-Trio „Without Socks“ verkörpert. Sie tragen eine Kiste herein, die ein Hochzeitsgeschenk für „Mandana“ beinhaltet. Heraus springt Aleksandr Batuev, der in neuer Aufmachung als Pierrot ein altes Krone-Plakat symbolisiert. Wie auf ebenjenem Sujet wird um ihn herum ein Pas de deux zu Pferden gezeigt. Daniel und Eliane Stipka sind hierzulande bestens bekannt und begeistern auch bei Krone mit verschiedensten Hebefiguren. Direkt im Anschluss arbeitet Aleksandr Batuev seine Kontorsionistik. Dabei wechselt er zwischen Bühne und Manege und ist ständig in Bewegung. Einziges Manko ist, dass er durch die relativ flache Tribüne von vielen Plätzen sehr schlecht zu sehen ist.


Hohe Schule mit Jana Lacey-Krone und Hans-Ludwig Suppmeier

Danach haben die „Without Socks“ ihren ersten größeren Auftritt. Nun ohne Masken möchten sie per Selbstauslöser ein Foto aufnehmen, wobei einer der drei den starken Jäger gibt. Doch selbst mit Hilfe aus dem Publikum will dies nicht so wirklich gelingen und endet sogar tödlich. Engel Elsa Bontempelli eilt zur Hilfe und verhilft allen Beteiligten zu einem glücklichen Ende. Wunderbar gestaltet ist der Übergang zur Hohen Schule, bei der Jana Lacey-Krone zuerst vor Artem Babinov, der bei den „Socks“ den Löwen darstellt, zurückweicht, um dann hinter ihm durch die Manege zu reiten. Kurz darauf wird sie durch Hans-Ludwig Suppmeier ergänzt. Gemeinsam zelebrieren sie wunderbare Figuren der klassischen Reiterei. Währenddessen begibt sich die Truppe Robles schon auf das Hochseil. Ehe sie die Manege verlässt, fängt „Mandana“ von einer der Seiltänzerinnen ihren Hochzeitsschleier auf. So kann die Pausennummer direkt starten. Die sieben Kolumbianer wissen wie gehabt durch ein breites Repertoire und die abschließende Siebener-Pyramide zu überzeugen. Lustig gestaltet ist die Pauseneinleitung, bei der einer der „Socks“ per Kanone fliegen will. Heraus kommt nur eine Puppe – mit passendem „Pause“-Schild. Die erste Hälfte ist insgesamt sehr stimmig. Was jedoch fehlt, ist ein temporeiches Highlight. Selbst die Robles arbeiten zu relativ getragener Musik. Folglich hat die Musik hat den Anschein eines relativ uniformen Teppichs. Auf einen realen Teppich wird jedoch verzichtet: Lediglich ein kleiner Holzboden wird für die artistischen Darbietungen in der Manegenmitte ausgelegt.


Truppe Non Stop, Steve Eleky, Duo Stauberti

Genau mit dem vermissten temporeichen „I-Tüpfelchen“ startet „Mandana“ in die zweite Hälfte. Nach einem kurzen Tanz auf der Bühne wechseln die Mitglieder der Truppe „Non Stop“ auf zwei Trampoline mit einem Plexiglas-Haus in der Mitte. Die spektakulären Sprünge und Salti werden mit frenetischem Applaus belohnt. Der aufwendige Abbau wird durch eine kreativ umgesetzte Reprise mit den „Without Socks“ überbrückt. Der Löwe hat Albträume und jagt seine Freunde durch den Zuschauerraum. Dabei fliegen diese sogar über den Köpfen der Zuschauer und nerven als Stechmücken. Danach verbringt „Mandana“ ein letztes Mal vor der Hochzeit einige Momente mit ihren geliebten Pferden. Herein kommt sie in einem wunderschönen Wagen mit durchsichtigen Wänden, in dem sie sich schminkt. Die Wände fallen, und außenherum toben sich zwei Araberhengste aus. Im Anschluss drehen fünf Falben Pirouetten, ehe Jana Mandana Lacey-Krone zusätzlich fünf Cremellos und fünf Noniusse hinzunimmt, die in drei Fächern um sie herum kreisen. Falben und Cremellos verlassen den Palast, die Noniusse werden zum Zehnerzug ergänzt. Nun tanzt „Mandana“ mit ihren walzenden Pferden. Nach einem Steiger verabschiedet sie sich im engen Dialog mit einem Falben. Noch einmal darf „Hofnarr“ Steve Eleky für große Lacher sorgen, diesmal mit seinen komischen Illusionen. Dabei schafft er es wie gewohnt, die größten Wunder wahr werden zu lassen. In ein Schaubild eingebettet ist der Auftritt des Duo Stauberti. Zwei Artistinnen (Lili Patricia Tamas & Lena Gurtovaya) arbeiten an Luftringen, wenn die Perchestangen für die spektakulären Balancen gewechselt werden. Somit geht alles fließend ineinander über, und es entsteht kein „Drei-Manegen-Effekt“, bei dem man nicht weiß, wo man hinschauen soll.


Martin Lacey jr.

Noch einmal dürfen die liebenswürdigen „Without Socks“ mit verschiedenen Tänzen auftreten. Doch am Premierenabend gehen alle Blicke in Richtung Käfigaufbau: Ein komplett neuer Netzgitterkäfig wird inklusive Pistendeckel nach oben gezogen. Und auch am Artisteneingang wird durch eine Schiene ein Gitter nach oben gezogen. In der Manege steht ein komplett neues, goldenes Gestell für die Raubtiere. Das Licht geht an, und Martin Lacey jr. kniet neben Mähnenlöwe Baluga im vergitterten Artisteneingang. Denn Lauftunnel war bei Krone gestern – nun gibt es den spektakulären Effekt, dass die Tiere einfach durch den Eingang laufen. Und so kommen nach zwei Tigern insgesamt noch 13 Löwinnen und Löwen aus Martin Laceys großer Gruppe hinzu. Sie nehmen Platz auf der Piste, nicht auf Podesten. Neben einem Fächer erleben wir verschiedene Elemente der bekannten Vorgängerdarbietung, sei es ein dreizehnfacher Hochsitzer, Scheinangriffe oder ein Courbette-Steiger. Am Ende laufen Martin Lacey jr. und Baluga gemeinsam in die Palastfassade. Nun kann der Löwenprinz mit „Mandana“ einen neuen Lebensabschnitt beginnen. Direkt dann der Übergang zur Hochzeit, also dem Finale. Die Artisten winken zwischen Logen und Tribüne, das Orchester spielt auf der Bühne. Als das Licht in der Manege wieder angeht, kniet Martin Lacey jr. vor seiner Gattin, die eine Pferdemaske trägt. Zwei Artistinnen nehmen ihr diese ab, und die beiden beginnen ihren Hochzeitstanz. Alle Artisten gratulieren und positionieren sich auf dem Gestell der Raubtierdarbietung. Ein grandioses Schlussbild baut sich auf. Standing Ovations sind die logische Folge.

Es bleibt einem wirklich nichts anderes übrig, als sich aus Hochachtung vor der neuen Krone-Direktion zu erheben. In den letzten zwei Jahren haben sie kontinuierlich diesen großen Moment vorbereitet. Und sie haben den Sprung geschafft: Sie haben wirklich „Circuskunst neu geträumt“. Klar, ein modernes Nummernprogramm wäre sicherlich deutlich einfacher zu gestalten gewesen. Jana und Martin Lacey-Krone haben sich jedoch neu erfunden und einen Stil begründet, der so bisher einmalig ist. Und damit einen Weg gefunden, wie Krone in die Zukunft gehen kann – und dabei trotzdem Krone bleibt.

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Text: Jonas Haaß; Fotos: Stefan Gierisch