Dabei sehen wir mitreißenden
Circus ganz klassischer Machart, nicht altbacken, aber auch
nicht futuristisch. Dazu passt auch die warme Atmosphäre im
Spielsaal des Gebäudes, das in den nächsten Jahren durch einen
Neubau ersetzt werden soll. Das achtköpfige Orchester wurde auf
der Tribüne seitlich des Artisteneingangs platziert, sodass auch
das Ambiente an „Dumbo“ erinnert. Nur der Schlagzeuger sitzt
noch auf dem ursprünglichen Podium. Es wurde mit einer LED-Wand
ergänzt wird, die während der Show passende Motive zeigt.
Trio Sárközi
Neben Orchester und Ambiente ist
mit Moderator Gyula Maka eine weitere Konstante in Budapest
vertreten. Ab- oder Ansagen gibt es jedoch nicht, stattdessen
zeigt sich Maka für Begrüßung und Verabschiedung sowie die
seriöse Rolle im „Bienchen“-Entrée verantwortlich. Und wer
könnten diesen Lachschlager besser präsentieren als Fumagalli
und Daris. Ergänzt wird das bekannte Duo von Fumagallis Sohn Niko.
Noch vor dem Opening heizt der Starclown die Stimmung als
Dirigent an, ehe Ballett und Artisten die Show eröffnen. Das
Motto „Flying Circus“ wird dabei erstmals von einem
Modellflieger aufgegriffen, der einige Runden über das Gradin
dreht. Für die eigentliche, temporeiche Eröffnung sind dann die
Jungs des Jonglage-Trios Sárközi zuständig. Parallel, aber vor
allem gemeinsam jonglieren sie mit Keulen, wobei verschiedenste
Passings gezeigt werden. Zum Schluss fängt ein Partner unzählige
Ringe, die die beiden anderem ihm in immer kürzeren Intervall
zuwerfen.
Marionette’s Dream, Daniel Golla,
Jana Posna
Nach diesem sehr klassischen
Einstieg taucht wieder ein Modellflieger auf – und steht diesmal
ganz im Mittelpunkt. Modellflieger Daniel Golla passt natürlich
hervorragend in ein Programm unter diesem Motto. Hier tritt er
im historischen Pilotenkostüm auf, die Technik und Präsentation
der Darbietung ist jedoch unverändert flott und modern. Es ist
immer beeindruckend, was man alles mit einem Modellflugzeug
machen kann. Die einzige Tierdarbietung in diesem Programm wird
von Jana Posna präsentiert, die ihre großgewachsenen Pudel mit
nach Budapest gebracht hat. Auch sie war bei der „Dumbo“-Neuverfilmung
mit dabei. Trotz gepflegter Kostüme, Tiere und Requisiten kann
die Darbietung nicht mit dem Niveau des restlichen Programms
mithalten. Insofern hätte man bei einer Beschränkung auf eine
Tiernummer dann auch einen richtigen „Knaller“ erwarten können.
Eingeleitet von einer Tanzszene des Balletts, hat eine
mongolische Truppe aus dem Pool von Erdene Nergui ihren ersten
Auftritt. Die Inszenierung zu „Marionette’s Dream“ stammt von
Dmitry Chernov und ist zwar wirklich schräg, aber mitreißend
umgesetzt. Das weibliche Truppenmitglied bewegt sich zu Beginn
wie eine Marionette an zwei Seilen, die von einem übergroßen
Kobold gehalten werden. Hinter dieser Figur mit venezianischer
Maske verbergen sich zwei der sieben Herren, die ebenfalls als
Fabelwesen verkleidet sind. Die Darbietung ist perfekt
durchchoreographiert. Gezeigt werden die bekannten Varianten des
Genres. Schlusstrick ist das Seilspringen im Drei-Mann-Hoch.
Insgesamt also ein gelungenes Beispiel, wie man auch eine
Zweitnummer hochwertig aufmachen kann.
Lena Dolinskaya, Trio Arabey
Von Fumagalli angehimmelt,
entschwebt Lena Dolinskaya an einem überdimensionalen
Kronleuchter in die Luft. Zu klassischer Musik zeigt sie
ungesichert Fersenhang und einen lang gehaltenen Nackenwirbel.
Im Anschluss sorgen Niko und Daris Huesca für die erste komische
Szene im Programm. In Zeitlupe fechten sie ein Duell aus, wobei
natürlich auch die Kugeln in verringerter Geschwindigkeit aus
der Pistole schießen. Ebenfalls aus "Dumbo" entnommen ist die
Inszenierung vor der Pause. Das Trio Arabey zeigt elegante
Partner-Equilibristik. Manche Figuren sind durchaus neuartig. Im
zweiten Teil der Darbietung kommt das Ballett hinzu, das Trio
verlagert seine Aktionen auf ein Podest und die Tänzerinnen
rundherum sorgen für ein wunderbares Bild in der Manege.
Anastasia Trushina, Dandies
Während der erste Teil also rein
weiblich beschlossen wird, eröffnen drei Männer die zweite
Hälfte. Johnny Gasser und Yury Kreer waren jahrelang mit Carole
Demers als „White Crow“ auf dem russischen Barren zu erleben.
Inzwischen hat Kirill Ivanov Demers Platz eingenommen, und die
drei Männer treten in neuer, humorvoller Inszenierung von
Alexandre Grimailo als „Dandies“ auf. Die starken Tricks werden
sicher gelandet, Höhepunkt ist der Dreifache. Nach Fumagallis
bekannter Tuchzauberei folgt eines der Highlights des Programms.
Begleitet von wunderschönem Gesang von Anita Gábor zelebriert
Anastasia Trushina ihre Handstand-Equilibristik auf einer
Parkbank. Dabei bezieht sie die verschiedenen Ebenen des
Requisits sowie einen Schirm variantenreich ein und schließt mit
einem Mundstand.
Mystery of Gentlemen,
Oleg Spigin,
Fumagalli mit Daris und Gyula Maka
Ein poetisches Bild, das im
Kontrast zur spektakulär verkauften Luftartistik von Oleg Spigin
steht. Auch diese Darbietung wurde von Dmitry Chernov in Szene
gesetzt. Der Russe kann auf dem Washington-Trapez vollauf
überzeugen, balanciert beispielsweise im Mundstand oder rotiert
im Kopfstand ungesichert durch den Luftraum. Fumagalli ohne
Bienchen – das geht natürlich nicht. Und so erleben wir den
Klassiker hier auf Ungarisch, wie gesagt mit Gyula Maka als
seriösem Part. Danach haben die Mongolen ihren zweiten Auftritt,
diesmal unter dem Motto „Mystery of Gentlemen“, auch eine
Schöpfung von Dmitry Chernov. In großartiger 20er-Jahre-Optik
und zu spannungsgeladener Musik balancieren die Akrobaten auf
großen Bällen, um auf dieser wackligen Grundlage Handvoltigen zu
zeigen. Im Gegensatz zu manch anderen fernöstlichen Truppen
kommt hier auch die Ausstrahlung der Akteure nicht zu kurz. An
diesem Tag werden die Tricks sicher gestanden, gegen Ende der
Spielzeit in Budapest wurde ein Vier-Mann-Hoch auf der Kugel neu
ins Repertoire aufgenommen. Eine tolle Darbietung, von der man
sicherlich noch viel hören wird. |