Er
ist der finanzielle Rückhalt für das Erstgeschäft, wie Alex Sijm
erzählt. Doch das ist selbst wirtschaftlich kerngesund, braucht also
die Unterstützung gar nicht. Denn der Direktor plant sowohl
Investitionen als auch Programme sorgsam. Das blau-gelbe
Zweimast-Chapiteau fasst 400 Zuschauer. Eine viel größere Kapazität
will er gar nicht anbieten. Allerdings denkt er darüber nach, die
Bankreihen des Gradins durch Schalensitze zu ersetzen.

Entree mit Kasse und Vorzelt
Clever
gelöst hat Alex Sijm auch das Thema Restauration und Toiletten. Beides
befindet sich in einem Wagen. Rund 2/3 davon beherbergen das
Cicus-Cafe. Im restlichen Teil sind zwei WCs untergebracht. Der Wagen
steht im Vorzelt, wo Tische mit Stühlen zum Verweilen einladen. Vor
Beginn der Show unterhält dort Marco Moressa mit Keulenjonglagen das
auf Einlass wartende Publikum. Artistinnen verteilen Bonbons und
verkaufen die wunderbar gestalteten Programmhefte. Darin werden alle
Mitwirkenden vor und hinter den Kulissen ausführlich vorgestellt. Sehr
schön ist insbesondere die Idee, alle Artisten auch ohne
Manegenschminke abzubilden. Das Material ist sehr gepflegt. Der
gesamte Circus erstrahlt in den Farben Blau und Gelb.

Schlussbild mit dem Ensemble
Insgesamt
reisen 17 Menschen mit dem Circus Sijm. Die Artisten sind in Auf- und
Abbau involviert. Hinzu kommen Personen, die die jährlich wechselnden
Produktionen mit vorbereiten, aber nicht mit auf Tournee gehen. So gibt
es etwa renommierte Kostümdesigner, die für die besonderen Outfits
zuständig sind. Dann ist da Tony Wilson. Bis zum letzten Winter war er
Ringmaster beim Wereldkerstcircus Carre in Amsterdam. Bei Sijm ist er
für die Regie verantwortlich. Jenny di Lello von der gleichnamigen
Clownsformation studiert die Choreografien ein. Alex Sijm stellt die
Programme zusammen, hält sich aber bei der Inszenierung im Hintergrund.
Wenngleich Sijm eigene Ideen hat, die er gegebenenfalls im Nachhinein
einfließen lässt. Im Büro ist ebenfalls ein vergleichsweise großes Team im Einsatz.

Alexandra und Yann Rossi
So
bestreiten die - inklusive Alex Sijm - neun Mitwirkenden der Show 2018
ein durch und durch unterhaltsames Programm. Es dauert rund 90
Minuten, unterbrochen von einer 15-minütigen Pause. Das Spektakel steht
unter dem Titel „Vive le Cirque – eine Hommage an 250 Jahre Circus“.
Der Direktor präsentiert die Show im rot-goldenen Frack selbst. Sehr
charmant kündigt er die Artisten an. Eine besonders prominente Rolle
nimmt Yann Rossi ein. Opening sowie Finale bereichert der Weißclown mit
der wunderschönen Maske und den edlen Kostümen (hier sind es fünf
verschiedene) mit seiner großen Musikalität. Zu Beginn ziehen die
Mitwirkenden in roten Outfits mit Fahnen in die Manege. Yann Rossi
spielt auf einer Rundbühne in der Mitte Trompete dazu. Diese teilt er
sich beim Schlussbild des Openings mit Veronika Faltyny und Priscilla
Errani in wunderschönen roten Kleidern. Der Ausklang des Programms mit allen Akteuren ist
tänzerisch gestaltet. Die letzten Szenen gehören Yann Rossi und seiner
Trompete. Paolo Ernesto kommt im Nachthemd hinzu. Bevor der letzte
Vorhang fällt, ist noch einmal das gesamte Ensemble zu sehen. Rossi und
Ernesto spielen zudem in einer Reprise zusammen Xylophon. Dem gehen
mehre Versuche von Paolo Ernesto, die Show mit seinem Trompetenspiel
zu „stören“ voraus. In der Pausennummer soll Ernesto eine Kugel mit den
Zähnen auffangen, die Yann Rossi mittels Revolver abschießt. Originell
verpackte Instrumente stehen schließlich im Mittelpunkt, wenn Yann
zusammen mit Gattin Alexandra Rossi musiziert. Hüte, Handtasche und
Zeitungen an einem Kleiderständer entpuppen sich als Glocken. Ebenso
wie silberne Sektkelche und Maßkrüge auf zwei Tischen. Ferner spielen
sie mit Hämmern und Hupen. Immer verwöhnen sie unsere Ohren mit virtuos
dargebotenen Melodien. Alexandra Rossi eröffnet zudem den zweiten Teil
gesanglich mit einem Stück aus dem Musical „Cabaret“. Die männlichen Artisten des
Ensembles begleiten sie dabei als Tänzer.
  
Veronika Faltyny, Priscilla Errani, Marco Moressa
Paolo
Ernesto ist nicht nur als Clown zu erleben. Gemeinsam mit Gattin
Veronika Faltyny zeigt er eine Rollschuhnummer. Sie wirbeln in rasantem
Tempo über eine runde Plattform. Beim Nackenwirbel trägt Veronika ein
beleuchtetes weißes Kleid über ihrem eigentlichen Kostüm. So entstehen
schöne Effekte. In vielen Unternehmen konnten wir Veronika Faltyny mit
ihrer Tüchernummer erleben. Da sie damit bereits beim Circus Sijm
engagiert war, hat sie sich in diesem Jahr das Schwungseil als Requisit
ausgesucht. Im schicken schwarzen Trikot mit Glitzersteinen arbeitet
sie schöne Posen, schwungvolle Schaukelpartien und gewagte Abfaller.
Ordentlich Tempo gibt es auch bei den Hula Hoop-Variationen von
Priscilla Errani. Die Italienerin hat ihr Spinnennetz aus Metall nicht
dabei. Ihr Auftritt ähnelt aber noch sehr stark dem, den wir von ihren
Saisons beim Zirkus Charles Knie kennen. Immer mehr Ringe lässt sie
virtuos um ihren Körper kreisen. Dank ihrer charmanten Art gewinnt sie
das Publikum in Windeseile für sich. Gemeinsam mit Partner Marco
Moressa gehört Priscilla Errani die Schlussnummer. Dabei wechseln sich
riskante Schüsse mit der Armbrust und verschiedene Varianten des
Messerwerfens ab. Mit der Armbrust treffen beide Gegenstände, die der
jeweils andere festhält. So etwa auf einen Luftballon, ein Herz aus
Papier oder eine Blume. Beim Messerwerfen sind die Rollen eindeutig
verteilt. Marco zielt mit den silbernen Wurfgeschossen immer nah an
Priscillas Körper vorbei. Dies sogar dann, wenn dieser von einer Bahn
aus Papier verdeckt ist oder das Brett, an dem sie steht, rotiert.
  
Milan Osmera, Paolo Ernesto, Francois Kaselowsky
Nicht
aus einer Circusfamilie stammt Milan Osmera. Der junge Tscheche hat
sich der Jonglage und der Magie verschrieben. So jongliert er in seinem
ersten Auftritt mit Bällen, Keulen und Ringen. Originell ist der
Schlusstrick, bei dem er jeweils drei Ringe und Keulen ineinander steckt
und dann auf der Stirn balanciert. In einem kleineren Solo lässt er
einen Tisch schweben. Veronika Faltyny ist sein Magic Girl, mit dem
einer größer aufgemachten Magic Show einen Apfel erscheinen lässt und
dann zwei Kistenillusionen zeigt. Veronikas Körper wird dabei
durchbohrt, um am Ende wieder in einem Ganzen zu erscheinen. Der Verkauf
ist professionell und sympathisch zugleich. Die beiden sind zudem in
einer netten Szene dabei. Paolo Ernesto reitet darin auf einem
Stoffelefanten. Dompteur Milan Osmera will den Dickhäuter dazu
aufzufordern, über die am Boden liegende Veronika Faltyny zu
balancieren. Den zur Belohnung in Aussicht gestellten Lutscher stibitzt
der Elefant aber kurzerhand und verschwindet durch den
Zuschauereingang. Dank Francois Kaselowsky gibt es in diesem Programm
auch echte Tiere. Er führt eine Doppelfreiheit vor. Die beiden
schwarzen Pferde tragen dabei Federschmuck in Rot und Weiß. Passend zum
edlen Kostüm ihres Vorführers. Die Steiger als da capi gibt es in einem
separaten Auftritt.
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