Wie schön, dass Frederic
Zipperlin, Zirkusdirektor und Regisseur, es sich nicht nehmen
lässt, sein Publikum selbst ins Zelt zu führen: Vorbei an
ausgewählten Dingen vergangener Zeiten, alten Grammophonen,
Kinderwagen, Vogelkäfigen führt der Weg im Kerzenlicht ins
Innere des Chapiteaus… Gespielt wird auf einem Holzpodest,
vis-a-vis mit den Zuschauern, zum Anfassen nahe. Diese
Atmosphäre entschleunigt, wird unterstützt durch sphärische
Klänge und gedämpftes Licht. Sonnenstrahlen gleich erscheinen
die von der Kuppel herabhängenden Seile, welche später als
Multicords Verwendung finden werden. Und so beginnt die
Vorstellung: Die Geschichte eines Schlafwandlers, der
mondsüchtig durch die Nacht streift und eine Vielzahl magischer,
poetischer, leiser Situationen erleben darf.

Ewa Timinigeriu und Sergey
Lukashov
Untermalt wird diese Reise von
der eigens für dieses Stück geschriebenen Musik: Sergej
Sweschinski, Komponist und Bassist, spannt den Bogen zusammen
mit seinem zweiköpfigen Ensemble, Sergey Lukashov und Adam
Tomaszewski, von berauschenden Klängen bis zum rockigen Sound,
feinfühlig ausgewählt, fokussiert Staunen und Lachen und
Träumen... Kontrabass, Knopfakkordeon, Xylophon und Percussion.
Mehr Instrumente benötigen diese genialen Musiker nicht, um das
Publikum in ihren Bann zu ziehen.

Emma Laule, Charlotte de la
Breteque, Mara Aline Zoe und Margo Darbois
Vom Bann des Hörens zum Bann des
Sehens: Voller Anmut zeigen Emma Laule, Charlotte de la Breteque,
Mara Aline Zoe und Margo Darbois eine wirklich lebendige und
sehr sinnlich wirkende Arbeit an den Multicords. Spektakulär und
modern präsentiert Chris Petersen seine
Schlappseil-Slackline-Nummer mit atemberaubenden Sprüngen und
Margo, eben noch an den Cords, zeigt Körperbeherrschung und
Kraft mit spielerischer Leichtigkeit bei ihrer
Handstandakrobatik am Stuhl! Nicht weniger spektakulär
präsentieren Mara und Chris die drehende Leiter und sorgen für
eine spannungsgeladene Atmosphäre: Es ist ruhig im Zelt, während
sie ihre wagemutigen Kunststücke an dem rotierenden Gerät
vollführen! Für den komischen Part sorgt Clown Gregor Wollny mit
einem wirklich witzigen Repertoire. Kaum zu glauben, was man
alles mit einem Zollstock anfangen kann! Und die
Plüschenten-Nummer muss man gesehen haben! Genauso Emma und
Charlotte mit ihrer komischen Vertikalseil-Nummer: Staunen und
Lachen!
 
Sasha Koblikov mit
Ensemble
Sasha Koblikov, der
Schlafwandler, entpuppt sich als Jongleur und hält zehn
Stage-Balls in der Luft! Respekt! Unterhaltsame Reprisen lenken
von den Umbauten zwischen den Nummern ab, welche nicht von
Requisiteuren sondern von den Artisten selbst durchgeführt
werden; besonders schön die skurrile Darbietung von Ewa
Timingeriu mit Klarinettenspiel und Gesang.

Christine Gogolin
Durch die Handlung führt
Christine Gogolin. Sprechend und singend verbindet sie auf
poetische Art perfekt die einzelnen Darbietungen. Und nach mehr
als zwei Stunden Unterhaltung ist klar: „Lunatique“ ist nicht
bloß Show! „Lunatique“ ist eine geniale Kreation, mit Herz und
Ambition gespielt! Ein in Szene gesetztes Kunstwerk... Und so
ist es nicht verwunderlich, dass der Applaus kein Ende nehmen
will! Mein Fazit: Ein besonderer Circus mit besonderem Flair!
Herzberührend, atemberaubend! |