Denn die
Nocks haben allen Grund, stolz auf ihren Circus und die
jährlich wechselnden Programme zu sein. Hatte die Show im vergangenen Jahr mit
„Ritmo y Pásion“ einen spanischen Rahmen, wird 2017 wieder ein
Nummernprogramm gezeigt. Das aber mit einer kleinen Handlung,
wunderbaren Artisten und schönen Tierdressuren. Das große Orchester von
Tadeusz Krol hat Unterstützung durch die Sängerin Polina Tsybizova
erhalten.
Circus Nock in Solothurn
Das
weiß-rote Chapiteau macht einen glänzenden Eindruck. Im Inneren gibt es
Schalensitze für die Zuschauer und einen prächtigen Artisteneingang für
die Mitwirkenden. Das geschmackvolle Plakat ist modern, schafft aber
trotzdem den Bezug zum Thema „Circus“. Es visualisiert wunderbar das
diesjährige Motto „The World of Circus Nock“. Für mich das vielleicht
gelungenste Motiv der laufenden Saison. In die Welt des Circus Nock
nimmt uns Matute mit. Der junge chilenische Clown ist noch ein recht
neues Gesicht in Europa. Im Mantel mischt er sich unter die Zuschauer.
Nachdem er sich in die Manege „verirrt“ hat, findet er dort eine
Spieluhr. Als er sie zum Klingen bringt, erweckt er damit Artisten in
den Aufgängen des Gradins zum Leben. Wie mechanische Figuren tanzen sie
für den Clown und das Publikum. Die Sängerin untermalt die Szenerie mit
„A whole new world“ aus dem Disney-Film „Aladdin“. Zum Opening kommt
das gesamte Ensemble in das Scheinwerferlicht. Paolo Finardi übernimmt
die Begrüßung und sorgt dafür, dass Matute endgültig zum Clown wird.
Mit ein wenig (Quick Change-)Magie gelingt dies im Handumdrehen.
Francesco Nock, Paolo Finardi, Mikhail Milla
Die
erste Darbietung gehört der 8. Generation der Familie Nock. Deren
Vertreter Francesco tanzt auf dem Drahtseil und wagt die
verschiedensten Sprünge. So geht es etwa über Fahnen, durch einen
Reifen und über einen brennenden Stab. Der 23-jährige hält sich dabei
sicher auf dem in zwei Metern Höhe gespannten Seil. Je zwei Kamele,
Lamas, Esel und Pferde gehören zum Exotentableau, welches von Paolo
Finardi vorgeführt wird. Die gepflegten Tiere des Circus Nock zeigen
unter Anleitung ihres Tierlehrers schöne Bewegungsabläufe. Polina
Tsybizova begleitet diese gesanglich. Matute benötigt für sein Spiel
mit einem Papiertuch Freiwillige aus dem Publikum, Bei lustigen Würfen
landet das Papier in einem Becher – oder eben nicht. Mit einem großen
Gebläse schickt er abgerolltes Klopapier in Überlänge in die Luft. Mikhail Milla
ist ein Neffe von Franziska Nocks Ehemann Alejandro
Milla. Und Mikhail ist ein viel versprechender Jongleur. Bei seinen
flotten Touren arbeitet er mit Bällen, Ringen und Keulen. Bis zu neun
Reifen hält er gleichzeitig in der Luft. In die Jonglage von drei
Keulen baut der 17-jährige Chilene einen Salto ein. Der Nachwuchsartist
kommt sympathisch rüber, der Verkauf wird sich sicherlich mit
zunehmender Auftrittsroutine noch steigern.
Matute, Adele Fame, Troupe Zola
Franziska
Nocks Metier sind die Pferdedressuren. In diesem Jahr präsentiert sie
drei Friesen in Kombination mit drei schwarzen Ponys. Es ist eine
originelle Freiheitsdressur mit vielfältigen Tricks. Am Ende stehen die
Friesen mit den Vorderbeinen auf Podesten. Die Ponys laufen unter ihnen
hindurch oder um sie herum. Ein weißes Pony als Steiger bildet die
obligatorische Zugabe. Matute hat die große Trommel samt Becken auf den
Rücken geschnallt. Damit sorgt er für ordentlich Lärm im Chapiteau. Zu
sinnlichen Träumereien hingegen lädt uns Adele Fame ein. Ihre
Inszenierung an den Strapaten ist unglaublich ausdrucks- und
leistungsstark. Mit großer Intensität arbeitet sie an den Bändern eine
Kür, wie man sie selten sieht. Sogar im Spagat schwingt sie hin und
her. Ihre Umschwünge sind ungeheuer kraftvoll und sehen doch so einfach
aus. Bravo. Aus zehn Personen besteht die Troupe Zola. In
schwarz-rot.weißen Kostümen kombinieren die Mongolen ausgelassen
Seilspringen und Handvoltigen. Die großen, lebendigen Szenen setzen
einen fulminanten Schlusspunkt hinter den ersten Teil des Programms.
Die folgende Pause wird von Matute mit einer großen Drehorgel
eingeleitet. Daraus hervor kommt Mikhail Milla mit einem Schild, das
die 20-minütige Unterbrechung ankündigt.
Geraldine Philadelphia, Duo Caveagna, Troupe Zola
Danach
geht es mit Geraldine Philadelphia weiter. Ihre Artistik mit Reifen
konnten wir viele Jahre im Circus Roncalli erleben. Nun reist die junge
Artistin für eine Saison durch die Schweiz. In ihrem einzigartigen
Auftritt kombiniert Philadelphia auf herrliche Weise Reifenjonglagen,
Kontorsion und Hula Hoop-Artistik. Wunderschön inszeniert ist die – so
der Titel im Programmheft - „Pferde Phantasie“ von Franziska Nock und
Paolo Finardi. Die von Finardi angeleiteten Schulschritte am langen
Zügel werden von der Sängerin musikalisch untermalt. Dann greift Polina
Tsybizova zur Geige. Ein Violinist aus dem Orchester kommt hinzu.
Gemeinsam begleiten sie das Spiel von Franziska Nock mit zwei Pferden.
Hoch zu Ross dirigiert sie einen frei laufenden Andalusier. Es ist eine
gelungene Dressurleistung, die sehr stimmig in Szene gesetzt wird. Nach
einem weiteren Intermezzo von Matute haben die Brüder Caveagna ihren
Auftritt. Andrea und Davide präsentieren elegant ihre
Gleichgewichtskünste. Hand-auf-Hand, Hand-auf-Kopf oder gar
Hand-auf-Fuß – die Italiener behalten immer die Balance. Eine Menge
Kraft wird dabei ebenfalls benötigt. Etwa um den Bruder im Einarmer auf
dem Kopf zu tragen. Seinen letzten Einsatz hat Matute als Boxer. Noch
einmal beweist er ein sympathisches Auftreten und eine ausdrucksstarke
Mimik. Kreative Ideen hat er ebenfalls im Gepäck. Der Szene als
Faustkämpfer mit Gegner aus dem Publikum gewinnt er neue Aspekte ab und
greift nur minimal auf die bekannten Gags zurück. Eine volle Manege bei
der Schlussnummer, so wünscht man sich das. Dank der Troupe Zola
schenkt uns Nock ein solches Bild. In Fantasy-Kostümen und zu
futuristischer Musik erleben wir die Mongolen mit Akrobatik am
Schleuderbrett. Es geht hinauf bis zum Fünf-Personen-Hoch mit
Perchestange. Ein anderer Sprung wird auf einem Sessel gelandet. Dieser
befindet sich am oberen Ende einer wackeligen Konstruktion mit drei
Artisten und vielen Stangen über mehrere Etagen. Zu Beginn des Finales
hat Matute dann seine Spieluhr wieder dabei. Die Sängerin intoniert zum
Ausklang das Lied „Sounds of Silence“. Noch einmal strömen alle Artisten in das
Scheinwerferlicht. Franziska Nock spricht die Abschiedsworte. |